Eigentlich, da sind sich die Anwohner des Carrer de Sa Garlanda einig, war es stets ein gutes, friedvolles Zusammenleben in der ruhigen Straße des kleinen Küstenorts Cala Llombards auf Mallorca. Deutsche, Spanier und Schweizer haben hier ihre Einfamilienhäuser. Sie alle sind zu einem Treffen mit der MZ gekommen. Man merkt ihnen an, dass ihre Geduld am Ende ist. Denn seit gut anderthalb Jahren ist es mit dem Frieden vorbei. Ein neuer Nachbar schikaniert und bedroht sie, beschädigt öffentliches und privates Eigentum. Fast täglich gebe es Probleme, versichern sie.

Der Störenfried ist ein älterer Spanier, der mit seiner Lebensgefährtin in ein etwas abseits gelegenes Haus gezogen ist, das vorher lange leer stand. „Es fing damit an, dass er behauptete, all unsere Häuser stünden auf seinem Grundstück", berichtet eine der Anwohnerinnen. Wie auch ihre Nachbarn will sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen - zu groß ist die Angst vor möglichen Racheakten.

Grund zur Sorge gebe der Mann fast täglich. Einem Anwohner habe er bereits den Seitenspiegel des Autos sowie mehrere Solarlampen an seinem Grundstückstor zerschlagen. Einem anderen soll der Störenfried vor den Augen zahlreicher Zeugen eine Spitzhacke ins Auto gerammt haben. Eine Hundebesitzerin habe bereits Rattengift in ihrem Garten gefunden, und zwei Kinder habe der unliebsame Nachbar mit seinem Auto touchiert. „Er beleidigt uns, er bedroht uns, er hackt Sträucher ab und betritt ohne Befugnis unsere Grund­stücke", so der Tenor der Anwohner. Mitten im Hochsommer zünde er trockenes Gestrüpp an, auch das steinerne Straßenschild habe er bereits mit Werkzeugen malträtiert. „Muss erst etwas wirklich Schlimmes passieren, bis die Behörden endlich einschreiten?", fragt eine Nachbarin.

Insgesamt acht Anzeigen haben sie bereits gegen den Mann gestellt. Immer wieder rufen sie die Polizei an. „Die Beamten kommen dann, reden mit ihm, aber es passiert nichts. Und wenige Tage später geht es wieder los", sagt ein Nachbar. Der rabiate Senior ist mittlerweile zum Gegenangriff übergegangen und hat selbst Anzeige wegen Körperverletzung ­gegen einen Anwohner gestellt - mit Erfolg. Laut einem Urteil des Gerichts in Manacor muss der Beklagte nun mindestens 550 Euro Schmerzensgeld und Gerichtskosten zahlen. „Dabei konnten wir bezeugen, dass es keine Körperverletzung gegeben hatte", sagt ein Anwohner, „die Richterin aber wollte uns nicht anhören."

Gleichzeitig werde auf die Anzeigen der Anwohner nicht reagiert, so die Nachbarn. „Wie kann es sein, dass mit zweierlei Maß gemessen wird?", sagt eine Frau. Manch einer vermutet sogar, dass der Mann Beziehungen zu hohen Entscheidungsträgern haben könnte. Beweisen könne man das aber nicht.

Llorenç Galmés, der Bürgermeister von Santanyí, hat die aufgebrachten Bewohner bereits im August 2017 empfangen und sich die Probleme angehört. Man wisse von der Situation, und die Ortspolizei habe die Anzeigen an die Guardia Civil weitergeleitet, so ein Rathaus-Sprecher. Das zerstörte Straßenschild habe man erneuern lassen. Mehr könne man seitens der Gemeinde nicht tun. Die Guardia Civil wollte sich bis Redaktionsschluss ebenso wenig zu dem Thema äußern wie die Justizsprecherin in Palma. Auch die von einem der Anwohner eingeschaltete Anwältin will in der Zeitung keine Aussage machen.

Beim MZ-Besuch im Carrer de Sa Garlanda macht der Störenfried einen geistig verwirrten Eindruck. Statt mit der Reporterin zu reden, kommt er fluchend und schreiend mit einer Spitzhacke auf sie zu. Schnell wird klar: Ein ruhiges Gespräch, damit er Stellung zum Streit nehmen kann, ist unmöglich.

„Es ist für uns einfach kein Leben mehr", resümiert eine der Anwohnerinnen. Nie wisse man, was als Nächstes passiere, oder ob wieder Privateigentum zerstört worden sei, wenn man nach Hause komme. „Ich wohne jetzt seit über 20 Jahren hier, es war mein Zuhause. Aber jetzt überlege ich ernsthaft, das Haus zu verkaufen und wegzuziehen", berichtet sie. „Es ist Psychoterror. Wie viele Anzeigen sollen wir denn noch stellen?", pflichtet ein anderer Nachbar ihr bei. „Der Mann kann ja doch machen, was er will. Es scheint, er habe einen Freifahrtschein."