Das Feuer in der Pariser Kathedrale Notre Dame, das in der Nacht auf Dienstag (16.4.) wichtige Teile des gotischen Wahrzeichens zerstörte, hat in der Balearen-Hauptstadt eine Debatte um den Zustand von Palmas Kathedrale La Seu ausgelöst. Könnte sich eine Katastrophe wie in Paris auf Mallorca wiederholen? Und was geschähe bei einem ähnlichen Unfall - die Ermittler halten bislang Fahrlässigkeit bei Restaurierungsarbeiten für wahrscheinlich - in La Seu?

Kein Gebäude der Welt ist vor Bränden vollständig geschützt, räumt Kunsthistorikerin Mercè Gambús ein, sie ist für den Erhalt von La Seu verantwortlich. Die Folgen eines großen Feuers im Wahrzeichen der Stadt Palma wären dramatisch, aber längst nicht so verheerend wie die in Paris, beruhigt Gambús. Denn die Flammen würden sich anders ausbreiten und auf keinen Fall die Grundfesten des Gebäudes gefährden.

Ein Hauptunterschied, der diese Einschätzung plausibel macht, seien die verwendeten Materialien zur Abstützung des Deckengewölbes: In Notre Dame brannten Holzbalken, die zudem seit langer Zeit nicht restauriert oder mit Brandschutzmitteln behandelt worden waren. In La Seu bestehe die Struktur hingegen aus Eisen, so Gambús. Selbst im hypothetischen Fall, dass sich im oberen Teil der Kathedrale von Palma ein großes Feuer entwickeln sollte, bräuchte es sehr hohe Temperaturen, um die Eisenträger ernsthaft zu beschädigen. Zwar würden sie sich ausdehnen. Ein Einsturz des Gewölbes wäre dennoch unwahrscheinlich, selbst wenn die Seitenwände der Kathedrale dabei Schaden nähmen.

Lediglich über der Capilla Real des mallorquinischen Gotteshauses sei ein kleiner Teil der Kuppel aus Holz gebaut. Die Balken werden nach Angaben von Gambús aber in regelmäßigen Abständen mit Brandschutzmitteln imprägniert, sodass sie vermutlich nicht so schnell abbrennen würden, wie vor wenigen Tagen in Paris geschehen.

Neuer Notfallplan

Für den Fall eines Feuers in der Kathedrale beschloss das Bistum erst vor Kurzem einen neuen Notfallplan. Die Rettung aller sich möglicherweise im Gebäude aufhaltenden Personen hat dabei die höchste Priorität. Das gesamte Personal der Kathedrale sei in einem Lehrgang für die Durchführung des Notfallplans geschult worden, so Gambús.

In Bezug auf die Rettung der großen Kunstschätze im Falle eines Feuers ist die Historikerin allerdings skeptisch. Die Werke der Kathedrale seien in ihrer großen Mehrheit viel zu schwer, um in Kürze in Sicherheit gebracht werden zu können. Auch aus der Notre Dame konnten nur Einzelstücke gerettet werden. So stürmte wohl der Kaplan der Feuerwehr in die brennende Kapelle, um die wichtigste Reliquie des Gotteshauses, die Dornenkrone Jesu, vor den Flammen zu bewahren. Rosetten, Orgeln oder Retabeln aber lassen sich nicht einfach wegtragen. Da helfe kein Notfallplan.

Schäden durch Erdbeben

Im Laufe der Jahrhunderte wüteten die Flammen auch in La Seu immer wieder. Meist lösten Kerzen die Brände aus. Einzelne Kapellen samt ihrer Altarretabeln brannten dabei aus. Substanziellen Schaden nahm Palmas Kathedrale das letzte Mal in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als ein Erdbeben ihre Grundfesten erschütterte. Die Struktur wurde anschließend unter Leitung des Architekten Juan Bautista Peyronnet verstärkt. Dessen Auftrag war es, das Gotteshaus vor einem ähnlichen Beben in der Zukunft weitestgehend zu schützen. Gestützt wurde vor allem die Hauptfassade. Die Seitenwände seien deswegen etwas anfälliger, so Gambús. Bei einem großen Unglück würden sie am ehesten einstürzen.