Palma de Mallorca, am 15. April: Wie so oft herrscht an der Plaça d'Espanya geschäftiges Treiben. Urlauber und Anwohner warten, bis die Ampel an den Avenidas auf Grün umschlägt, dann setzt sich die Masse in Bewegung. Plötzlich lösen sich einige Passanten aus der Menge, werfen sich auf den Asphalt der vierspurigen Straße, bleiben regungslos liegen. Andere versperren mit aufgeregten Gesten und einem Spruchband den Autofahrern die Weiterfahrt. „Rebel·lió Extinció" ist darauf zu lesen - „Rebellion gegen das Aussterben". Es ist die erste Mallorca-Aktion einer internationalen Bewegung, die weltweit mit Methoden des zivilem Ungehorsams gegen den Klimawandel kämpft - und in London am 17. April große Teile des Hauptstadt-Verkehrs lahmlegte.

Auch auf Palmas Plaça Major sorgte die mallorquinische Untergruppe am Samstag (27.4.) für Aufsehen - wenn auch nicht in dem selben Maße wie die Mitstreiter in Großbritannien. Genau wie beim Protest auf den Avenidas filmten die Aktivisten ihre Performance und stellten das Video bei Facebook ins Netz. Zu sehen sind rund 30 überwiegend junge Leute in dunkler Kleidung und mit Atemschutzmasken, die scheinbar leblos auf dem Steinboden liegen. Und Passanten, die gezwungen sind, hinzuschauen, um nicht über die Körper zu stolpern. „Wo die Hoffnung stirbt, beginnt die Rebellion", heißt es im Abspann des Videos.

„Wir wollen noch keine offziellen Interviews geben, die Bewegung ist auf Mallorca noch im Aufbau", so einer der Gründer am Telefon zur MZ. Auch seinen Namen möchte er nicht nennen. „Uns ist wichtig, dass Menschen allen Alters sich uns anschließen und ihre eigenen Ideen für Flashmob-Aktionen einbringen. Wir haben uns vor knapp einem Monat zusammengetan, Vorbild ist die weltweite Extinction-Rebellion-Bewegung, die für die Woche ab dem 15. April weltweit zu Aktionen aufrief", erklärt er nur und verweist bis auf Weiteres auf die allgemeinen Wertevorstellung des movimiento.

Man wolle auf gewaltfreie Weise Druck auf die Machthaber ausüben, um die Wahrheit über die akute Bedrohung durch die Klimakrise und die Zerstörung der Ökosysteme zu kommunizieren, heißt auf der Website www.rebellion.earth. Und: „Alle Gesetze, die dieser Situation nicht angemessen sind, müssen revidiert werden." Bis zum Jahr 2025, fordern die Aktivisten, sollen die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf Null gesenkt und der Ressourcenverbrauch massiv reduziert werden. Ziel sei es, 3,5 Prozent der Bevölkerung zu mobilisieren, die den Klimaschützern zufolge nötig sind, um „Systemveränderungen durchzusetzen".

„Extinction Rebellion" (kurz: XR) ging im Oktober 2018 aus der britischen Gruppe „Rising Up!" hervor. „Für uns ist es selbstverständlich, mit Massenverhaftungen möglichst viel mediale Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen - und eine politische Krise herbeizuführen", verkündete Roger Hallam, einer der Gründer von XR in Großbritannien, im April. Ganz nach der Tradition Mahatma Gandhis müsse man Inhaftierungen für den guten Zweck eben in Kauf nehmen. Und tatsächlich wurden in der dritten Aprilwoche weltweit rund 600 Festnahmen im Zusammenhang mit XR gemeldet - keine davon auf Mallorca, wo die Aktivisten ihre Flashmobs nach wenigen Minuten wieder beendeten.

In der Radikalität bei der Zurschaustellung ihrer Forderungen unterscheide sich XR auch von der Schülerbewegung rund um „Fridays for Future", so XR-Deutschland-Sprecherin Hannah Elshorst in deutschen Medien. Enge Verbindungen sehe sie aber dennoch. „Greta Thunberg auch unsere Greta."

„Fridays for Future" hat auf Mallorca ebenfalls bereits Anhänger gefunden. Nach großen Demonstrationen in Palma im März (MZ berichtete), trieb es am Freitag (26.4.) im Vorfeld der spanischen Parlamentswahlen nun wieder hunderte junger Menschen auf die Straßen der Inselhauptstadt. Mit Trillerpfeifen, selbstgemalten Plakaten und Sprechchören appellierten Schüler und Studenten erneut an Bevölkerung und Politik, die Folgen des Klimawandels ernst zu nehmen.

Eine gemeinsame Aktion mit XR und anderen Klimaschutzbewegungen ist auch bereits geplant: Für den 27. September 2019 rufen zahlreiche Umweltschützer zum weltweiten „Earth Strike" auf.