Wie weit ist der Strandkiosk auf Mallorca vom Ufer entfernt? Und wie weit von den geschützten Dünen? Wie groß ist die Außenterrasse der Beach-Bar an der Meerespromenade? Und wurden beim Bau des Restaurants mit Seeblick umweltverträgliche Materialien verwendet? All das sind Fragen, um deren Beantwortung die öffentliche Verwaltung oft nicht ausreichend bemüht ist, kritisiert die balearische Umweltschutzorganisation Gob. „Wir schätzen, dass in rund 7.000 Fällen bei gastronomischen Betrieben in unmittelbarer Meeresnähe auf Mallorca zumindest kleine Verstöße vorliegen. Oft verschließen die Behörden die Augen davor", so Gob-Sprecherin Margalida Ramis.

Zugegeben: In den meisten Fällen lägen nur leichte Verstöße vor, relativiert Ramis. Zum Beispiel, wenn Restaurantbetreiber einem Außentisch mehr als offiziell angemeldet ans Ufer quetschen, um vier zusätzlichen zahlenden Gästen den Premiumblick aufs Mittelmeer zu gewähren. Oder wenn sie die Musik um einige Dezibel lauter drehen als erlaubt. „Sowohl die Rathäuser als auch die balearische Landesregierung und die spanische Küstenbehörde sind häufig nicht mit dem gebotenen Ehrgeiz dabei, solche Verstöße zu ahnden. Oft handelt es sich um Konzessionen, an denen die öffentliche Hand mitverdient", prangert Ramis an.

Für Außenstehende sei es kompliziert, den Überblick zu behalten. „Es herrscht ein Kompetenzgerangel, das es auch uns schwer macht, an Informationen zu kommen und Ansprechpartner zu finden", sagt Ramis. In der Regel ist es die zentralstaatliche Küstenbehörde, die zuständig ist für alle Installationen, die bis zu 20 Meter vom Wasser entfernt sind - wenn sie nicht in einem Hafengebiet liegen, wo die Hafenbehörde das Sagen hat. Weiter landeinwärts hat die jeweilige Gemeinde ­Mitspracherecht bei den Bestimmungen - ­außer in Naturschutzzonen, in denen das ­balearische Umweltministerium den Ton angibt. „Alle Institutionen geben den Schwarzen Peter weiter, sagen, ihnen fehlten Informa­tionen, die andere Behörden noch nicht geliefert hätten. So kommen die Betreiber oft jahrelang ungeschoren davon", kritisiert Ramis. „Die Küstenbehörde soll endlich Inventur machen."

Tatsächlich könnte der Forderung der Aktivisten bald nachgekommen werden: Erstmals plant die Madrid unterstellte Behörde, eine Liste aller gastronomischer Betriebe in unmittelbarer Küstennähe zusammenzustellen. „Das wäre ein erster Schritt, um Vergehen ahnden zu können - wir werden weiter darauf pochen", so Margalida Ramis.

Auch vom balearischen Umweltministerium erhofft sie sich mehr Rückhalt, vor allem in besonders offensichtlichen Fällen. So zum Beispiel in der Cala Torta: Die Betriebsgenehmigung des Strandkiosks an der Naturbucht lief bereits im August 2018 aus, trotzdem öffneten die Inhaber Anfang Mai 2019 den Betrieb, als sei nichts gewesen. Auf Drängen der Umweltschützer schickte das Ministerium ­Inspektoren vorbei, die den Verstoß offiziell registrierten. Trotzdem geht der Verkauf derzeit weiter.

Ähnlich im Fall Cala Mondragó: Schon vor einigen Jahren verfasste das Umweltministeriums einen Bericht, in dem steht, der dortige, fest installierte Chiringuito schade dem Naturpark. Strafen wurden immer noch nicht ausgesprochen.

„Das zuständige Rathaus von Santanyí kämpft dafür, den Betrieb weiter aufrechtzuhalten - schließlich wirft der Kiosk auch für die Gemeinde jährlich rund eine halbe Million Euro Gewinn ab. Wir sind aber weiter hinterher, dass rechtliche Schritte eingeleitet werden", so eine Sprecherin des Umweltministeriums und verweist darauf, dass man in anderen Fällen bereits hart durchgegriffen habe. So zum Beispiel an der Cala Varques: Hier brummte die Landesregierung den Betreibern einer illegalen Bar im April eine Geldbuße von 100.000 Euro auf. Der improvisierte Chiringuito besteht trotzdem weiter.

„Meist bewegt sich gar nichts", sagt Ramis und meint auch größere Unternehmen. Der Gob fordert den Abriss des Hotels Cala Vinyes (Calvià), von Teilen von Palmas Luxus-Strandclub Purobeach und vom Pool und der Terrasse des Hotel Daina in Port de Pollença. „Bei ihnen allen ist die Lizenz abgelaufen."