Die AWO verabschiedet sich von dem Kindergarten in Santa Maria: Der Kreisvorstand Schwerin-Parchim will sich nun doch bis Jahresende 2019 aus der umstrittenen Kita zurückziehen. „Diesen Beschluss hat der Vorstand am Donnerstag gefasst. Wir beenden das Projekt ordentlich bis Dezember", zitiert eine Pressemitteilung vom Freitag (6.7.) den Kreisverbands-Vorsitzenden Bernd Sievers. Das erstaunt insofern, als die Verantwortlichen im Kreisverband das Engagement auf Mallorca bis zuletzt gegen die Kritik aus Politik, aber auch aus Reihen der AWO selbst, stets verteidigt hatten.

Umstritten war die 2016 eröffnete Einrichtung in der Avinguda Jaume III, seit der NDR Anfang Oktober vergangenen Jahres über die Aktivitäten des Wohlfahrtsverbandes auf Mallorca berichtet hatte. Die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Stefanie Drese (SPD) nannte das AWO-Projekt auf Mallorca „ungewöhnlich". Eine solche Einrichtung auf der Insel liege nicht „im Landesinteresse". Der Kreisverband Schwerin-Parchim hatte für Kauf und Umbau des Hauses rund eine halbe Million Euro in die Hand genommen - und den mit 400.000 Euro größten Batzen davon mit einem Kredit gestemmt. Spendengelder wurden offenbar nicht für das Mallorca-Engagement verwendet. Eine Wirtschaftsprüfung, die der AWO-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern initiiert hatte, ergab, dass die Einrichtung sowohl satzungskonform als auch gemeinnützig ist.

Wie es jetzt in Santa Maria weitergeht, ist noch unklar. Derzeit deutet alles darauf hin, dass der Betrieb auch über das Jahr 2019 weitergehen soll. Der Geschäftsführer der Kreisverbandes, Axel Mielke, lässt die MZ per Mail wissen: „Das Kita-Projekt beenden, heißt nicht automatisch Schließung der Einrichtung. Sollte ein anderer Träger gefunden werden, wovon wir ausgehen, werden die Mitarbeiterinnen selbstverständlich übernommen." Aus AWO-Kreisen heißt es: „Wir ziehen uns finanziell aus der Kita zurück und verkaufen das Gebäude sowie das Konzept, das ja im vergangenen Winter eine spanische Lizenz bekommen hat."

Die Arbeiterwohlfahrt stehe kurz vor einer Einigung „mit einem Deutschen, der auf Mallorca bereits einschlägig unterwegs sei", heißt es weiter. Spätestens im September solle der Vertrag unterschrieben sein. Die AWO wolle einen Kooperationsvertrag mit den neuen Eigentümern der Kita schließen. Für die Eltern, die etwa 600 Euro im Monat zahlen, und die rund 20 Kinder bleibe trotz des Rückzugs der AWO alles beim Alten. „Das Konzept der Kita wird sich nicht ändern, auch die Mitarbeiter werden beibehalten." Es bleibe bei der zweisprachigen Erziehung auf Deutsch und Spanisch. Ebenso beim erklärten Ziel, mithilfe der Kita Fachkräfte für einen Einsatz in Deutschland anzuwerben. „Wir haben bereits drei Erzieherinnen und einen Altenpfleger angeworben. Die vier sollen demnächst nach Deutschland zum Arbeiten kommen", heißt es bei der AWO. Die Kita-Leiterin Ariane Bartsch berichtet der MZ, dass sie die Fachkräfte derzeit auf ihren Einsatz vorbereite.

Das wäre freilich ein großer Erfolg für die Verantwortlichen des Mallorca-Projekts und würde den Kritikern ein Stück weit den Wind aus den Segeln nehmen. Einer der Hauptkritikpunkte lautet, dass das Argument der Fachkräfteanwerbung nur vorgeschoben sei. 2016 hatte es in einem AWO-Mitteilungsblatt nämlich geheißen, dass sich das Kita-Projekt auf Mallorca „irgendwie zufällig ergeben" und man nicht danach gesucht habe. Als dann die Kritik an der Mallorca-Unternehmung aufkam, wurde die Begründung, Fachkräfte anzuwerben, scheinbar schnell nachgeliefert. Der Geschäftsführer der AWO Schwerin-Parchim, Axel Mielke, ging in einem Fernsehinterview so weit zu sagen, dass eventuelle Angehörige der Erzieher, die mit nach Deutschland kommen, in der freien Wirtschaft unterkommen könnten.

Leiterin Ariane Bartsch rechtfertigte sich bei einem MZ-Ortsbesuch im Januar so: „Wir haben uns für den Kindergarten auf Mallorca Nah- und Fernziele gesteckt. Unter den Nahzielen war vor allem erst einmal der Aufbau der Einrichtung und die Organisation vor Ort. Die Anwerbung von Fachkräften war eines der Fernziele." Das sei aber nicht von Anfang an so kommuniziert worden.

Auch innerhalb der AWO hatte die Kita-Eröffnung für Unmut gesorgt. Die Reaktionen nach dem Beschluss, das Engagement auf der Insel nicht zu verlängern, zeugen dementsprechend von Erleichterung. Bundesvorstand Wolfgang Stadler sagte: „Wir begrüßen diese Entscheidung ausdrücklich. Die Begründung zum Betrieb einer Einrichtung auf Mallorca zur Behebung des Fachkräftemangels in Mecklenburg-Vorpommern konnten wir nie nachvollziehen. Mit der Entscheidung kann sich die AWO in Schwerin-Parchim und in Mecklenburg-Vorpommern wieder auf die Arbeit im Land konzentrieren." Landesvorstand Uwe Kunik und Sozialministerin Stefanie Drese äußerten sich ähnlich.