Der Schaufelbagger rückte am frühen Freitagmorgen (12.7.) an, als an der Playa de Palma gegen 6 Uhr die letzten Partygänger gerade auf dem Rückweg in ihre Hotels waren. Das Ziel der Schaufel waren fünf große Sandburgen, die an den Balnearios 4, 5, 8, 10 und 15 aufgebaut worden waren. Innerhalb von wenigen Minuten waren die als Fotomotiv beliebten Burgen plattgewalzt. Die Polizei erklärte ihr Vorgehen damit, dass die Bauten ohne Genehmigung, den öffentlichen Platz besetzen zu dürfen, aufgestellt worden seien.

Außerdem hätten mehrere Personen, die mit der Bewachung der Sandburgen beauftragt waren, unmittelbar daneben campiert und den Strand mit Müll und Essensresten verschmutzt. Nicht einmal ein Minimum an Hygiene sei gegeben gewesen, heißt es in einer Pressemitteilung. Daneben hätten die Erbauer der Burgen auch gegen Umweltauflagen verstoßen, weil sie ihren Kunstwerken zumindest zum Teil Leim beigemischt hätten, der biologisch nicht abbaubar sei. Ein Polizeisprecher konnte den Klebstoff auf MZ-Anfrage jedoch nicht weiter erklären. „Darüber weiß ich nichts", sagte er.

Die vier neben den Burgen campierenden Bewacher, nach Polizeiangaben allesamt Rumänen, wurden angezeigt. Sie gehören nach bisherigen Ermittlungen der Policía Local zu einer Gruppe von Personen, die mit dem Bauen und Bewachen der Sandburgen ihren Lebensunterhalt bestreiten. Nur eine Woche nach dem Abriss stand zumindest eine Burg wieder. Die Polizei kündigte an, auch dieses Bauwerk umgehend abzureißen.

Für die Urlauber an der Playa de Palma gehörten die Sandburgenbauer längst zum Inventar. Wer einen Urlaubsschnappschuss mit der Burg im Hintergrund will, legt ein paar Euro in einen Teller - für die Erbauer und Bewacher der Sandburgen ein einträgliches Geschäft. Wie ein 62-jähriger Deutscher vor zwei Jahren der „Bild" erzählte, lässt sich allein mit dem Bewachen der Sandburgen ein kleines Vermögen verdienen. So habe er nachts auf die Burgen aufgepasst, mit Urlaubern geredet - und pro Schicht bis zu 500 Euro verdient.

Burg-Lizenzen in Pollença

PollençaIn anderen Küstenorten Mallorcas gibt es zwar auch Sandburgenbauer, aber offenbar keine Probleme. So hat beispielsweise der Rumäne Ionut Grigorescu am Strand von Port de Pollença dieser Tage eine rund drei mal drei Meter große Burg modelliert. Der junge Mann sammelt mit diesem Kunstwerk Geld für sein Studium in Barcelona, erzählt der 32-Jährige der MZ, er wolle in der katalanischen Metropole Kunst studieren. Seit einem Monat lebt er auf Mallorca und hat die Burg in Port de Pollença in rund 40 Stunden Arbeit an etwas mehr als vier Tagen erbaut.

Mit einer kleinen Pumpe sprüht er immer wieder Salzwasser auf den Sand, damit dieser sich nach und nach immer weiter erhärtet. „Das Salzwasser ist das ganze Geheimnis, weshalb die Burgen nicht zusammenfallen", sagt er. Auch Regenfälle seien nun kein Problem mehr, sagt Grigorescu, der sein Bauwerk über Nacht bewacht. Die Ortspolizei hat nichts gegen sein Bauwerk. „Wir hatten noch nie Probleme mit diesen Burgen. Bisher hatten alle immer eine Genehmigung vom Rathaus", sagt eine Sprecherin.

Einem Aufruf der MZ, Fotos mit Burgen von der Insel zu schicken, sind am Montag zahlreiche Leser gefolgt. Die Aufnahmen, die teilweise die Burgen bei Nacht beleuchtet zeigen, entstanden mehrheitlich an der Playa de Palma, aber auch in Can Picafort oder Colònia de Sant Jordi. Die meisten Leser bedauern den Abriss der Burgen. So schreibt etwa Julia Jentsch: „Es war immer so schön, diese morgens beim Joggen zu sehen." Die Erbauer seien stets nett gewesen. „Einer hat mir sogar einmal geholfen, als ich von einem Besoffenen angepöbelt wurde."

Auch die Mallorquiner sind zumindest gespalten über das Vorgehen der Polizei. Unter einen Facebook-Post der Policía Local schrieben am Dienstagmittag (16.7.) mehr als 200 zumeist spanische Kommentatoren ihre Meinung. Der Tenor: Es gebe weitaus größere Probleme an der Playa als Sandburgen am Strand. Die Burgen störten ja niemanden und seien teils wahre Kunstwerke.

Dennoch: Künftigen Erbauer von Sandburgen droht laut dem Sprecher der Ortspolizei ebenfalls der Abriss. „Wir verfolgen das Thema weiter und werden im Wiederholungsfall wieder aktiv." Lizenzen für derartige Bauwerke gebe es in Palma nicht und habe es nie gegeben, so der Sprecher. Burgen bauende Kinder würden im Übrigen nicht belangt, hieß es in einem beinahe poetischen Beitrag der Ortspolizei auf Facebook. „Für Kinder ist der Sand wie eine weiße Tafel, auf der sie ihre imaginäre Welt erbauen. Aber es macht einen Unterschied, große Mengen an Sediment zu bewegen und am Strand zu campen oder eine öffentliche Fläche ohne Lizenz in Beschlag zu nehmen."