Wer schon länger nicht mit der „Abel Matutes" zum Festland übergesetzt hat, kann eine erfreuliche Verbesserung auf der altgedienten Fähre feststellen. „Auf der Fahrt von Palma nach Barcelona haben wir von 12.30 Uhr bis fast 20.15 Uhr die Sonne genossen", berichtet ein MZ-Leser. „Aus dem Kamin kam nur heiße Luft, die flimmerte, kein Rauch!"

Auch wenn natürlich nach wie vor mehr als heiße Luft aus den Kaminen austritt - die „Abel Matutes" fährt derzeit zwischen Valencia, Ibiza und Palma mit flüssigem Erdgas statt mit Schweröl. Es ist eine von bereits drei Fähren der Reederei Baleària, die auf die sogenannte LNG-Technologie setzt (englisch: liquefied natural gas, spanisch: gas natural licuado, GNL). Die „Hypatia de Alejandria" - ein Neubau - verkehrt bereits seit Jahresbeginn zwischen Barcelona, Alcúdia und Ciutadella. Auch die nachgerüstete „Nápoles" verzichtet in kanarischen Gewässern auf das in der Branche übliche und besonders umweltschädliche Schweröl. Und mit der „Marie Curie" soll ein viertes Schiff schon Ende Juli den Betrieb aufnehmen. „Bis zum Jahr 2021 werden wir neun Schiffe mit GNL-Antrieb haben", kündigt eine Sprecherin von Baleària gegenüber der MZ an. Die Gesamtinvestitionen beziffert das Unternehmen mit 362 Millionen Euro.

Unmitelbar verbesserte Luft

Werden Fahrten mit der Fähre jetzt also nachhaltig? Die Angaben der Reederei scheinen Reisende mit schlechtem Umweltgewissen ein gutes Stück zu beruhigen: Der neue Antrieb reduziere den Kohlendioxid-Ausstoß um 35 Prozent, den Ausstoß von Stickstoffoxid um 85 Prozent, die Feinstaub-Belastung gar um 100 Prozent. Das verbessere unmittelbar die Luftqualität und reduziere den Treibhaus-

Effekt, der für den Klimawandel verantwortlich gemacht wird.

Die Reederei Baleària bezeichnet sich als Erdgas-Pionier im Mittelmeerraum - und Mitbewerber Trasmediterránea überlässt ihr zumindest marketingtechnisch weitgehend das Feld. Man sei zwar nicht untätig geblieben, versichert eine Sprecherin von Trasmediterránea gegenüber der MZ, bleibt aber versprochene Antworten über Investitionen in nachhaltigere Antriebssysteme schuldig.

Gesamte Produktionskrette betrachten

Auch wenn Erdgas als Alternative zu Schweröl zu begrüßen sei, macht Sönke Diesener, Referent für Verkehrspolitik beim NABU, zumindest beim Kohlendioxid eine etwas andere Rechnung auf. Betrachte man die gesamte Produktionskette für Flüssigerdgas, sei der Ausstoß von CO2 in etwa genauso groß. Der Experte verweist auf den höheren Energieaufwand während der Produktion von LNG sowie das „sehr aggressive" Methangas, das bei dem Prozess immer wieder in die Umwelt gelange: „Auch Erdgas ist nun einmal ein fossiler Brennstoff." Darüber hinaus werde bei der Förderung oftmals die umstrittene Methode des Fracking angewandt. Quintessenz: Fähren mit LNG-Antrieb sind zwar gut für die Luftqualität, machen aber in Sachen Klimaschutz keinen großen Unterschied.

Bei der Umrüstung schauen die Reedereien auch auf den Geldbeutel. LNG sei derzeit sehr billig und günstiger zu haben als Schweröl, was auch am Fracking-Trend in den USA liege, so Diesener. Darüber hinaus gibt es für die Umrüstung Beihilfen der EU. Baleària erhält nach eigenen Angaben für fünf von sechs Umrüstungen Hilfen in Höhe von 20 Prozent der Investitionskosten. Und es ist kein Wechsel ohne Umkehr: Die installierten sogenannten Dual-Fuel-Motoren können mit Öl und Erdgas betrieben werden.

Noch etwas anderes kritisiert der NABU-Experte : Die Infrastruktur der Branche werde komplett erneuert - um in Zukunft weiter auf einen fossilen Brennstoff zu setzen. Andere Alternativen zum Schweröl sind noch in der Versuchsphase. Der Elektroantrieb, dem beim Pkw die Zukunft gehören dürfte, taugt bislang nicht für große Schiffe. Und Wasserstoff - eine Fabrik zur Herstellung ist auch auf Mallorca geplant - kommt bislang nur in Pilotversuchen zum Einsatz, etwa bei einem kleinen Ausflugsschiff in Hamburg.