144 Tage war Miquel Oliver von der linksökologischen Regionalpartei Més 2015 Bürgermeister von Manacor, Mallorcas zweitgrößter Stadt. Dann stürzte ihn ein konservatives Bündnis mit einem Misstrauensvotum. Statt aufzugeben, tätowierte sich der 44-Jährige die 144 in den Unterarm, trat bei den Wahlen im Mai wieder an - und holte mit Més nun sogar einen Sitz mehr im Stadtrat als 2015.

Sie haben jetzt eine Tätowierung, die nicht mehr aktuell ist.

Sie ist sogar aktueller den je. Der Geist der 144 Tage, die Philosophie der 144 Tage und das Team der 144 Tage existiert weiter und ist jetzt an der Regierung.

Fängt jetzt etwas Neues an oder geht etwas Altes weiter?

Es geht weiter mit Neuem. Der 15. Juli 2019 war Tag 145, die Arbeit und der Ehrgeiz von 2015 wurden wieder aufgenommen. Jetzt beginnt der Wandel.

Sie hatten schon vor den Wahlen gesagt, Sie wollen eine „wahrhafte Revolution" starten. Wie geht das?

Man muss volltanken, zu den notwendigen Waffen greifen und das beste Heer aufstellen, aber man sollte nicht das Schiff niederbrennen. Leider hat vorher jemand den Weg bestimmt, in diesem Fall die Vorgängerregierung. Der verabschiedete Jahreshaushalt beschränkt uns, bis wir unseren eigenen Haushalt für nächstes Jahr aufstellen können. Also versuchen wir jetzt, ohne gegen unsere Prinzipien zu verstoßen, das Jahr rumzubringen, um 2020 mit ganz klaren Linien zu starten.

Immerhin haben Sie seit Amtsantritt bereits Ihr eigenes Gehalt gekürzt.

Ich habe stets kritisiert, dass die Vorgängerregierung ihre Gehälter unverhältnismäßig aufgestockt hat.

Meine Parteifreunde und ich sind in der Politik, um etwas zu verändern, und nicht, um uns zu bereichern. Deshalb habe ich für mich das Gehalt festgelegt, das ich vorher in meinem Job als Leiter einer Firma zur Verminderung von Arbeitsunfällen bekommen habe. Das erschien mir angemessen, lag aber um 7.000 Euro im Jahr unter dem Bürgermeistergehalt.

Trotzdem mussten Sie bereits Kritik einstecken. In S'Illot haben Einwohner bemängelt, dass niemand im Rathaus etwas gegen den Unrat in der Badebucht unternimmt, der seit der Flutkatastrophe im Oktober dort liegt.

Die Verantwortung dafür liegt bei der Küstenbehörde, die hat sich aber nicht gekümmert. Unsere Vorgänger im Rathaus sagten einfach nur, dass sie nicht zuständig seien, und taten deshalb auch nichts. Weil wir eine Gefahr für die Badegäste sahen, haben wir nun die Anwohner bei den Reinigungsaktionen unterstützt und auch Taucher bezahlt. Jetzt ist die Situation normalisiert.

Apropos Strände: Sie haben beschlossen, die eher unbedeutende Cala Anguila zum Nichtraucherstrand zu machen. Eine rein symbolische Entscheidung?

Uns geht es vor allem um das Thema Kippen-Abfall. Wir haben mit diesem Strand angefangen, weil wir denken, dass wir Schritt für Schritt alle Strände rauchfrei kriegen müssen. Cala Anguila ist symbolisch, aber auch eine Absichtserklärung dafür, dass die Zahl rauchfreier Strände steigen wird. Es ist der erste, aber sicherlich nicht der letzte Strand. Irgendwann wird man hier an keinem Strand rauchen dürfen.

Cala Varques ist ein anderes Reizthema. Da gibt es die Parkplatz-Probleme, die illegale Strandbar, den Müll. Welche Rolle spielt hier das Rathaus?

Cala Varques liegt in unserem Gemeindegebiet und ist wichtig für uns, auch wenn auch hier wieder viele andere politische Institutionen federführend entscheiden. Wir sind der Meinung, dass die Besucherzahl reduziert werden muss. Bei der Balearen-Regierung werden wir Druck machen, dass nicht mehr so viele Schiffe dort ankern dürfen. Und zusammen mit Guardia Civil und Inselrat überlegen wir, wie man den Autoverkehr vermindern kann. Vielleicht mit einem für einen Naturstrand angemessen großen Parkplatz oder mit Shuttle-Bussen, die die Anzahl begrenzen.

Més hat angekündigt, ein städtisches Tierheim errichten zu wollen. Bisher hat die Stadt Verträge mit Natura Parc.

Ich denke, Natura Parc macht einen guten Job, was das Einfangen von Streunern angeht. Tierschützer sagen uns aber, dass die Haltung der Tiere dort nicht die Beste ist. Wir wollen, dass die Tiere unter guten Bedingungen gehalten werden, bis ihre Besitzer sie wieder abholen oder sie neu vermittelt werden. Wir müssen schauen, ob ein städtisches Tierheim die Lösung ist oder ein privates mit öffentlicher Unterstützung. Es gibt mehrere private Initiativen. Die würden auch viel schneller agieren können, als wenn wir selbst eine städtische Behörde mit Beamten aufbauen, die sich darum kümmert.

Es gibt schon wieder Beschwerden über die mangelhafte Müllabholung in der Gemeinde. Ein Dauerthema?

Im Sommer herrscht immer Ausnahmezustand, weil es viele Anwohner an die Küste zieht, und das sorgt dort für Herausforderungen bei der Müllentsorgung. Ab September kehrt Normalität ein und dann werden wir sehr strikt sein, damit die Abholung ordnungsgemäß verläuft, genau wie die Straßensäuberung. Sowohl was die Qualität als auch die Häufigkeit angeht. Da braucht es mehr Kontrolle. Wir wollen eine Person einstellen, deren einzige Funktion es sein wird, diese Reinigungs- und Müllabholungsdienste zu überwachen.

Ein anderes Aufregerthema ist die mangelhafte Wasserqualität.

Im Gemeindegebiet gibt es zwei Brunnen mit guter Wasserqualität, der Rest weist einen sehr hohen Nitratgehalt auf. Um die Qualität zu steigern, gibt es ein Projekt der öffentlichen Firma Abaqua, das von der Balearen-Regierung bereits abgesegnet ist, für das es aber noch kein festes Budget gibt. Da wollen wir in Palma weiter Druck machen. Und wir fordern Geld von der Touristensteuer, um eine Wasseraufbereitungsanlage zu bauen. Außerdem planen wir ein Sammelbecken für Regenwasser im Winter. All das bis 2021.

Haben Sie das Gefühl, Manacor wird als zweitgrößte Stadt der Insel institutionell wertgeschätzt? Kommt in Manacor an, was ankommen sollte?

Nein, es kommt nicht an. In Manacor ist man es fast gewohnt, ohne Unterstützung und Investitionen von Palma auszukommen. Bei der Zufahrt nach Manacor brauchen wir Hilfe vom Inselrat, neue Fahrspuren, um die Staus zu vermeiden. Auch beim Thema öffentlicher Nahverkehr sollten die in Palma uns mehr auf dem Schirm haben. Die Züge müssen häufiger fahren, es braucht mehr Überlandbusse, auch in die kleineren Ortskerne. Da machen wir Druck.

Die Eingemeindung der Küstensiedlungen ist dagegen ganz klar Sache des Rathauses.

Alle Parteien haben sie in den vergangenen 30 Jahren versprochen, und alle haben ihr Versprechen gebrochen. Ich hoffe, nicht ein weiterer in dieser Reihe zu sein. Wir werden alles dafür tun, das zu vermeiden.