In einem Punkt sind sich alle einig: Die Meerespromenade von Cala Ratjada im Nordosten von Mallorca muss dringend renoviert werden. Knapp 30 Jahre dürfte es her sein, dass hier das letzte Mal modernisiert wurde. Ungefähr. So ganz genau weiß das niemand mehr. Doch die Risse im Asphalt sind nicht zu übersehen und von Barrierefreiheit kann keine Rede sein. „Das muss sich dringend ändern", so Bürgermeister Rafel Fernández. Er gibt sich überrascht darüber, dass plötzlich eine breite Front mallorquinischer und deutscher Anwohner gegen ihn und das Vorhaben Kampagne macht.

Ein konkretes Renovierungsprojekt gibt es bereits, und auch die Finanzierung ist gesichert: Rund 120.000 Euro wird die Gemeinde Capdepera aufbringen, 500.000 Euro steuert das balearische Tourismusministerium bei. Fernández deutet auf die Pläne vor sich auf dem Schreibtisch im Rathaus, die derzeit auch zur öffentlichen Ansicht ausliegen. Grundsätzlich, erklärt er, gehe es nicht um das Wegstück direkt am Hafen, sondern allein um den rund 700 Meter langen Promenadenabschnitt zwischen der Noahs Lounge und dem Son Moll Strand, an dem mehr als ein Dutzend Eisdielen, Cafés und Restaurants angrenzen. Auf diesem Stück sollen neben neuen Bodenbelägen auch eine neue Beleuchtung und mehrere Ruhezonen mit öffentlichen Bänken her. Losgehen sollen die Arbeiten im November, damit zur kommenden Sommersaison alles fertig ist. „Eigentlich hatten wir vor den Kommunalwahlen im Mai alles geklärt und waren mit allen Parteien im Gemeinderat zu einem Konsens gekommen, wie genau die Neugestaltung aussehen soll", versichert Fernández. „Aber jetzt wird gegen uns gehetzt, das ist reiner Populismus."

„Es geht dem Rathaus in den Plänen doch nur darum, möglichst viel Raum für die Terrassen der angesiedelten Gastronomen zu schaffen, denn die müssen dafür Abgaben an die Gemeinde zahlen", so Nuria García von der linksgrünen Regionalpartei Més. Noch in der vergangenen Legislaturperiode hatte ihre Partei mit Fernández und seinen Sozialisten eine Regierungskoalition im Rathaus gebildet, seit Mai nun sind sie in die Opposition gerückt. „Natürlich ist es gut, dass renoviert wird, aber es ist viel zu wenig Platz für Grünflächen eingeplant", kritisiert García. „Eine Betonwüste in erster Meereslinie würde dem Ort seine Persönlichkeit nehmen."

Der Bürgermeister wiegelt ab. „Es waren federführend die Politiker von Més, die noch vor wenigen Monaten gefordert haben, dass der öffentliche Spazierweg künftig direkt am Meer verlaufen soll." Derzeit schlendern die Passanten auf einigen Teilstücken der Promenade zwischen den Restaurants auf der Landseite und den dazugehörigen Terrassen in erster Meereslinie hindurch. Ihr Weg wird von den Kellnern gekreuzt, die die Gäste am Meer nur erreichen können, wenn sie den Fußweg und kleine begrünte Flächen überqueren. „Wenn wir nun den Weg umleiten und die Terrassen direkt an die Gastro-Betriebe andocken, dann müssen zwangsläufig ein paar Grünflächen verkleinert werden", so Fernández. Und außerdem gebe es ja auch die Teilstücke, an denen die Gastro-Terrassen ohnehin bereits direkt an die Betriebe angrenzen. „Dort bleiben die bepflanzten Flächen wie sie sind. Und wir haben auch noch einen gewissen Spielraum, um bestimmte Bäume stehen zu lassen, wenn das gewünscht ist."

Bei Més will man sich damit nicht zufriedengeben. „Wir werden weiter gegen das Vorhaben angehen, denn die Bevölkerung ist generell unzufrieden damit", so Nuria García. Tatsächlich ist in den sozialen Netzwerken die Skepsis auch unter vielen deutschen Anwohnern und Stammurlaubern spürbar. Auf der Petitionsplattform change.org haben die Residenten eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Noch bis Ende August können alle in der Gemeinde gemeldeten Bürger zudem im Rathaus offiziell Beschwerden einreichen. Schon jetzt sind rund 200 eingegangen. Bürgermeister Fernández lässt das kalt. „Das liegt nur daran, dass viele sich nicht richtig informieren. Das Projekt tut dem Ort gut."

Dass die Renovierungsarbeiten tatsächlich im November losgehen sollen, will er aber lieber nicht versprechen - aus bürokratischen Gründen war das Vorhaben in den vergangenen sechs Jahren bereits mehrmals verschoben worden.