Der Eindruck täuscht nicht: Wer in diesen Tagen in den Höhenlagen der Tramuntana unterwegs ist, dem sticht ins Auge, wie sehr die Wasseroberfläche von Mallorcas Stauseen Gorg Blau und Cúber geschrumpft ist - ein breiter, grauer Felsstreifen umrandet die Reservoirs, die derzeit zehn Prozent des in Palmas Stadtbezirk benötigten Wassers liefern. Die Pegelstände sind unter 40 Prozent der Kapazität gefallen. Im August vor drei Jahren, als die hiesige Trockenheit international Schlagzeilen machte, lag der Pegelstand genauso niedrig. Ist die Situation wieder kritisch?

Die Stauseen sind zwar das sichtbarste Zeichen, wie es um die Ressourcen steht, aber sie sind nicht repräsentativ. Der neue Trockenheitsbericht, den das balearische Wasserwirtschaftsamt (Abaqua) Ende vergangener Woche veröffentlicht hat, gibt vielmehr eine „Vorwarnung" für die meisten Gebiete der Insel aus. Am kritischsten ist demnach die Situation in der nördlichen Tramuntana, im grünen Bereich sind inzwischen nur noch das Inselinnere Es Pla sowie der Großraum Artà. Zwischen Juni und Juli sanken die Pegelstände balearenweit im Schnitt um vier Punkte auf 51 Prozent (Mallorca 51 Prozent, Menorca 55 Prozent, Ibiza 45 Prozent, Formentera 46 Prozent). Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Wert auf dem Archipel bei 57 Prozent. Im August 2016 war die Situation deutlich kritischer, damals wurde auf Mallorca ein Pegelstand von nur 44 Prozent registriert. Die Regenmenge liegt seit inzwischen neun Monaten in Folge unter Durchschnitt. Die sogenannte Vorwarnstufe in der nördlichen Tramuntana gilt jetzt drei Monate in Folge als Anlass für die dortigen Gemeinden, Sparmaßnahmen zu treffen, wie das Umweltministerium betont.

Damit wurde längst begonnen: Nachdem Deià bereits seit Wochen wieder per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt wird und dieses nicht mehr zum Bewässern oder Befüllen des Pools verwendet werden darf, ziehen nun weitere Gemeinden nach. Die Gemeinde Selva drehte vergangene Woche kurzerhand den Fincas außerhalb der Ortskerne den Hahn zu. Dort sei der Wasserverbrauch immens gestiegen, offenbar in Folge des Dursts von Gärten und Pools. „Seit Monaten regnet es hier keinen Tropfen, deswegen mussten wir etwas tun", so Bürgermeister Joan Rotger gegenüber der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". Werde die Situation nicht besser, werde man zu weiteren Maßnahmen greifen müssen.

Angesichts der geringen Niederschläge im August und dem hohen Wasserkonsum in der touristischen Hochsaison sei damit zu rechnen, dass in einem Monat fünf weitere Gebiete dem Beispiel der nördlichen Tramuntana folgen, heißt es in einer Pressemitteilung vom Freitag (9.8.) - dann sind es auch hier drei Monate Vorwarnstufe in Folge. Die Warnstufen waren vor drei Jahren eingeführt worden und sind ein Beispiel dafür, dass die Landesregierung nicht untätig geblieben ist.

Eine der Prioritäten lautet: Das Grundwasser schonen. Wurden die Entsalzungsanlagen auf den Balearen wegen der hohen Betriebskosten früher nur im Notfall angeworfen, werden sie nun praktisch nie ganz ausgeschaltet. Ein von der Touristensteuer mit 850.000 Euro finanziertes Pilotprojekt sieht sogar vor, mit dem entsalzten Wasser über Gebühr genutzte Grundwasserreservoirs wieder aufzufüllen. Um die Gemeinden auch in der Nebensaison zum Kauf von entsalztem Wasser zu animieren, gilt inzwischen im Winterhalbjahr ein reduzierter Tarif. Derzeit produzieren Mallorcas Entsalzungsanlagen rund 70.000 Kubikmeter pro Tag - 80.000 Kubikmeter können sie erzeugen. Um den Bedarf von 101.000 Kubikmetern zu decken, werden also noch gut 30.000 Kubikmeter aus dem Untergrund gepumpt. Auf Ibiza laufen die Entsalzungsanlagen schon jetzt praktisch am Limit.

Des Weiteren hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren in die Infrastruktur für die Wasserversorgung investiert - wobei auch hier mehr als ein Dutzend Projekte mit den Einnahmen aus der Touristensteuer finanziert werden. Gearbeitet wurde zwischenzeitlich auch an den Lecks, wobei die Statistik noch nicht widerspiegelt, ob die Verluste von bis zu 25 Prozent inzwischen gesenkt werden konnten. Nicht zu vergessen sind zudem die Urlauber, die gerade in der Zeit der geringsten Niederschläge viel Wasser konsumieren. Eine neue Kampagne redet ihnen bereits bei der Ankunft am Airport ins Gewissen.