Es sollte der erste Urlaub ohne Eltern werden - und er ging gehörig schief. Wolfgang (17) und Luca (18) aus Nürnberg hatten in einem Reisebüro von Thomas Cook gebucht und waren am Montag (23.9.) in Palma angekommen. Der Transfer zum Hotel an der Playa de Palma klappte noch. Doch dort wurde den jungen Männern gesagt, dass sie bis 14 Uhr auf das Zimmer warten müssten, wie sie der MZ berichten. Kurz vor 14 Uhr kam dann der Hoteldirektor. „Er hat uns gesagt, dass von Thomas Cook nichts bezahlt worden war", so Luca.

Gebucht hatten die beiden eine Pauschalreise mit Flug und Hotel für 600 Euro pro Person, reserviert hatten sie ein Familienzimmer mit Meerblick. „Der Direktor bot uns nun an, dass wir für 50 Euro pro Person pro Nacht ein Zimmer bekommen könnten, das allerdings eher einer Abstellkammer glich", sagt Wolfgang. Die erste Nacht bezahlten sie noch, aber am Dienstag fuhren sie auf eigene Kosten wieder zum Flughafen zurück. Für 120 Euro pro Person kauften sie dort einen Rückflug bei Condor für Dienstagabend - nach Leipzig. Wie sie von dort die dreistündige Reise nach Nürnberg zurücklegen würden, wussten sie am Nachmittag auch noch nicht.

Geschichten wie diese haben sich in den vergangenen Tagen reihenweise am Flughafen von Palma abgespielt - und in den nächsten Tagen dürften noch viele weitere hinzukommen: gestrandete Touristen, deren Urlaub durch die Pleite von Thomas Cook zu einem Stresstest wurde. Etwa für eine Familie aus Mönchengladbach, die ebenfalls am Montag auf die Insel kam und per Transfer zum Hotel Club Simó nach Cala Millor gefahren wurde. „Infos haben wir überhaupt keine bekommen", berichtet der Mann am Flughafen. Im Hotel wurde die Familie dreimal vertröstet, das Zimmer sei noch nicht bereit. Nachmittags kam dann die Ansage, dass sie zwar ins Zimmer dürften, allerdings den gesamten Aufenthalt noch einmal bezahlen müssten. Die Nacht auf Dienstag durfte die Familie dann sogar gratis im Hotel bleiben, am Dienstag aber entschlossen sich die drei, wieder zum Flughafen zu fahren und nach Hause zu fliegen. „Auch wir mussten komplett neue Tickets kaufen", erzählt der Mann.

Briten schicken Superjumbo

Am Montag und Dienstag war die Situation am Flughafen noch halbwegs übersichtlich, die Rückholaktion der britischen Urlauber funktionierte reibungslos, auch wenn viele Reisende mit stundenlangen Verspätungen den Heimweg antraten. Die britische Regierung hatte rund 20 Mitarbeiter bereitgestellt, die gestrandete Urlauber informierten und in die von der Regierung bezahlten Flugzeuge verteilten. Unter anderem hatte Großbritannien einen Superjumbo A380 von Malaysian Air gechartert, der zwischen Palma und dem Königreich pendelte. Betroffen waren rund 36.000 Urlauber, die mit Thomas Cook auf ­Mallorca weilten, darunter 8.000 Briten sowie 22.000 Reisende, die mit der deutschen Thomas Cook GmbH gebucht hatten. Diese flogen mehrheitlich mit der Tochter Condor zurück, die dank eines Überbrückungskredits der Bundesregierung von knapp 400 Millionen Euro eine Insolvenz umging.

Die Hotels auf der Insel gingen unterschiedlich mit der Pleite um. Während es an der Playa de Palma beispielsweise im Cook's Club ruhig zuging und die Urlauber am Pool lagen und Karten spielten, kam es in anderen Häusern zu Aufruhr. Das berichtet Rebecca Münchow, die gemeinsam mit ihrem Mann und dessen fünfjährigem Sohn eine gut zweiwöchige Reise im Aparthotel Tropicana & ­Trebol in Cala Millor gebucht hatte. „Am Dienstag haben wir Zettel an den Türen des Restaurants gefunden, dass wir uns mit der Reise­leitung in Verbindung setzen sollten. Die sagte uns, wir müssen einen Teil der verblei­benden Tage noch einmal bezahlen", erzählt ­Münchow. Kurz darauf habe sich der Hotel­eigentümer eingeschaltet und die Kosten seit der Insolvenz am Montag komplett eingefordert. Im Falle von Rebecca Münchow wären das rund 1.500 Euro. Andernfalls würden die ­Zimmer gesperrt. Manche Hotelgäste brachen daraufhin zum Flughafen auf, viele andere harrten aus. „Da sind auch einige dabei, die auf Krawall gebürstet sind", berichtet Münchow, die sich auch am Mittwoch noch im ­Hotel aufhielt, ohne erneut bezahlt zu haben.

„Die Pleite wird auf dem Rücken der Urlauber ausgetragen", berichtet der MZ ein ­Urlauber aus Deutschland, der sich an die MZ gewandt hat, aber anonym bleiben möchte. In seinem Hotel in Cala Millor wurde ihm am Dienstag ein Zettel unter der Tür hindurchgeschoben, er solle sich an der Rezeption melden. „Da sagte man uns: Wir checken euch um 11 Uhr aus oder ihr zahlt den restlichen Aufenthalt." Zähneknirschend habe er 800 Euro bezahlt. „Das Wort Nötigung ist da zu harmlos, das ist Erpressung." Nun hofft der Urlauber, dass er am Sonntag wie geplant mit ­Condor zurückfliegen kann. „Ob ich das Geld wiederbekomme, weiß ich nicht."

Dafür besteht nun wieder Hoffnung. Nachdem auch die deutsche Tochter von ­Thomas Cook am Mittwoch Insolvenz angemeldet hat, springt theoretisch der Ver­sicherer Zurich ein. Wie das im Einzelfall abläuft, war zunächst noch offen.

Kommentar: Schluss mit dem peinlichen Schauspiel!