Da kommt nun endlich mal Geld aus Madrid, und dann ist es auch wieder nicht recht: Während Investitionszusagen aus der spanischen Hauptstadt bei den Inselpolitikern normalerweise helle Freude auslösen, sorgte am Mittwoch (11.9.) die Ankündigung der spanischen Hafenbehörde, im Zeitraum 2019-2022 rund 116 Millionen Euro für Arbeiten im Hafen von Palma auszugeben, eher für Stirnrunzeln.

Der Zeitpunkt für die Ansage aus Madrid hätte aber auch nicht ungünstiger sein können: Am selben Tag, an dem die Zeitungen den Millioneneinsatz für den Ausbau der „Infrastruktur und der Anlagen für die Passagierschifffahrt" ankündigen, trifft sich eine hochrangige balearische Delegation auf der Kongressmesse für die Kreuzfahrtindustrie Seatrade in Hamburg mit Reedereien und Unternehmen, um die Zahl der im Hafen anlegenden Kreuzfahrtschiffe zu begrenzen.

Tourismusminister Iago Negueruela will mit diesem Vorstoß einen Punkt aus dem Koa­litionsvertrag konkretisieren. Punkt Nummer 135 sieht nämlich einen nachhaltigen Kreuzfahrttourismus vor. Was genau das heißt, bleibt eher nebulös. Doch die immer lauter werdende Kritik an zu vielen Passagieren, die sich gleichzeitig durch die Gassen der Altstadt drängen, animiert zum Handeln - zumindest wurde gleich eine Art Kommission ins Leben gerufen, in der Landesregierung, Stadt und balearische Hafenbehörde (APB) nach praktikablen Lösungen suchen wollen.

Treffen mit Reedereien in Hamburg

Am Mittwoch führte diese Suche also zu einer gemeinsamen Reise nach Hamburg. Minister Negueruela und seine neue Generaldirektorin für Tourismus Rosana Morillo, Palmas Bürgermeister José Hila und der Präsident der Hafenbehörde Joan Gual de Torrella trafen sich dort mit Vertretern des Branchenverbandes CLIA sowie mit Unternehmen wie Royal Caribbean, Scenic Cruises, Sea Cloud und Hapag Lloyd zu einer ersten Kontaktaufnahme.

Konkrete Ergebnisse gibt es erwartungsgemäß noch keine. Zu lange im Voraus sind die Routen geplant und vergeben, und an bereits unterschriebenen Verträgen will die Landesregierung nicht rütteln. Doch zumindest mittelfristig soll eine Begrenzung her. Wie die aussehen kann - ob es um die Zahl der Schiffe oder der Passagiere geht -, auch darüber gibt es noch nichts Konkretes. „Wir haben uns jetzt zum ersten Mal zusammengesetzt, um das Thema zu erläutern und einen Fahrplan für die nächsten Treffen zu vereinbaren", heißt es auf Nachfrage aus dem Ministerium. Die Kreuzfahrtunternehmen hätten durchaus Verständnis gezeigt für die besondere Situation auf den Balearen. Ob sich dieses Verständnis in einem Entgegenkommen bei den Fahrplänen niederschlägt, bleibt abzuwarten.

Immerhin, es gibt ein Vorbild, das Hoffnung macht: In der kroatischen Hafenstadt Dubrovnik ist es Bürgermeister Mato Frankovic gelungen, die Zahl der Kreuzfahrtschiffe auf zwei pro Tag zu begrenzen. Dort hat es nur knapp anderthalb Jahre gedauert, das Limit durchzudrücken. Allerdings drohte dem Küstenstädtchen auch der Entzug des Weltkulturerbetitels: Die UNESCO hatte ganz klar eine Begrenzung der Menschenmassen gefordert.

Dieser Druck fehlt in Palma. Dafür besteht ein ganz anderer: In den vergangenen Jahren hat die APB massiv investiert, um Palmas Hafen für die Aufnahme von immer mehr und immer größeren Passagierschiffen aufzurüsten - Investitionen, die es durch die Einnahmen von Gebühren zu amortisieren gilt.

Schon fast so viele Passagiere wie Barcelona

Und die dazu beigetragen haben, dass die Zahl der Passagiere Jahr für Jahr wächst: Der spanischen Hafenbehörde zufolge liegen die Inseln nur noch knapp hinter Barcelona, 1,4 Millionen Menschen gingen in den ersten sieben Monaten des Jahres in den Inselhäfen von Bord, fast sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Rückläufig hingegen ist die Zahl der Schiffe, 433 waren es bisher, 30 weniger als von Januar bis Juli 2018. Immer größere Schiffe mit immer mehr Passagieren legen also vor allem in Palma an - und das dank einer Infrastruktur, die vom Verwaltungsrat der APB abgesegnet wurde.

In diesem Gremium sitzen neben vier Vertretern der Zentralregierung auch vier Politiker der Balearen-Regierung sowie jeweils einer der Inselräte und der Stadt Palma. Auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände haben Stimmrecht. Mehrheiten sind also stets Verhandlungssache, der Zentralstaat hat nicht automatisch das Sagen. Und es ist auch nicht so, dass die Inselverantwortlichen ihre eigenen Interessen nicht durchsetzen könnten.Noch einmal 75 Millionen

Von APB-Chef Joan Gual de Torrella, der lange Zeit erwartungsgemäß die positiven Seiten des Kreuzfahrttourismus hervorgehoben hatte, sind seit Frühjahr ganz neue Töne zu hören. Auch er stimmt plötzlich den Nachhaltigskeitsdiskurs an, zeigt sich offen für eine gewisse Begrenzung, teilte in Hamburg die Verhandlungslinie der Regierung. Und ließ wenige Stunden nach der morgendlichen Schlagzeile über die von Madrid angekündigte Millioneninvestition eilig eine Mitteilung veröffentlichen, in der zurückgerudert wurde: 116 Millionen sei die Gesamtsumme für alle fünf großen Häfen der Insel, für Palma seien „nur" 75 Millionen vorgesehen. Und diese würden auch für den Unterhalt vorhandener Infrastruktur ausgegeben. Zudem sei das alles noch gar nicht vom Verwaltungsrat abgesegnet.

Vielleicht findet sich in der neuen Allianz für die Begrenzung der großen Pötte ja sogar eine Verwaltungsratsmehrheit für die Ablehnung von Madrider Investitionen. Das wäre dann doch mal etwas ganz Neues.