Optimismus und Vorfreude klingen anders. Als der balearische Minister für Energie und Industrie vor Kurzem gefragt wurde, wie es um die geplante Wasserstoffanlage in Lloseta stehe, machte er aus seinen Zweifeln keinen Hehl. „Ich will Ihnen nichts vormachen, wir sind skeptisch", so Juan Pedro Yllanes auf die Frage eines Oppositionspolitikers mit Verweis auf Genehmigungsverfahren, Umweltgutachten oder die Einschätzung der künftigen Nachfrage nach dem Wasserstoff.

Ist das die Ernüchterung, nachdem das Projekt „Power to Green Hydrogen Mallorca" vor einem halben Jahr mit viel Tamtam vorgestellt worden war? Die Rede war von der größten Anlage Europas. Ihre Inbetriebnahme bis 2022 werde nicht nur den Industriestandort Lloseta und die Jobs sichern, nachdem der Konzern Cemex dort die Zementproduktion eingestellt hatte, sondern auch die Energiewende der Insel entscheidend mitprägen.

Statt von Skepsis spricht der zuständige Generaldirektor im Industrieministerium, Antonio Morro, lieber von der nötigen Sorgfalt und weiteren Analysen, die nötig seien. „In Spanien wurden Flughäfen gebaut, auf denen keine Flugzeuge abheben", mahnt der studierte Ingenieur im MZ-Gespräch. Das Thema Wasserstoff sei zu wichtig für Mallorca, man dürfe sich bei der Einführung keine Fehler erlauben.

Bevor es richtig losgehen kann, läuft derzeit erst einmal eine Übergabe - angestoßen hatte das 50-Millionen-Euro-Projekt in der vergangenen Legislaturperiode der sozialistische Landesminister Marc Pons. Doch das Energieressort wurde im Frühjahr dem Industrieministerium zugeordnet, das nun der Podemos-Politiker Yllanes mit einem neuen Team leitet. Zu dem Energiewende-Paket gehören neben der Wasserstofffabrik auf dem Gelände des ehemaligen Zementwerks genau genommen auch zwei Solarparks, ein Vertriebszentrum in Inca, die Versorgung von Hotels in der Bucht von Alcúdia sowie Wasserstofftankstellen für Mietwagen oder Linienbusse.

Subventionen für Petra

Für den Solarpark mit Standort Petra gebe es bereits Zusagen für EU-Subventionen, so Generaldirektor Morro. Für den in Lloseta dagegen sei der Antrag abgelehnt worden. Nun müsse der für dieses Teilprojekt zuständige Konzern Acciona neu rechnen. Das Gesamtpaket könne aber auch dann aufrechterhalten werden, falls dieser Solarpark nicht gebaut werde. Nach der Erfahrung mit bisherigen Photovoltaik-Großprojekten auf der Insel dürften sich die Umweltgutachten hinziehen - in der Gemeinde Petra sind sie ein heikles Unterfangen, am Standort des ehemaligen Zementwerks dagegen könnte es schneller vorangehen.

Analysiert werden müsse auch der künftige Bedarf an Wasserstoff. In der Theorie ist klar: Mit der Zukunftstechnologie kann erneuerbare Energie gespeichert, transportiert und etwa im Personenverkehr eingesetzt werden. In der Praxis hat aber noch niemand konkret Bedarf angemeldet. Palmas Verkehrsbetriebe etwa haben gerade erst hundert Erdgas-Busse eingekauft. „Wir wollen mit ihnen reden, ob sie in den nächsten Jahren weitere Fahrzeuge brauchen", so Morro. Auch Mietwagenbranche, Tourismusunternehmen und lokale Industrie kämen als Ansprechpartner infrage.

Noch immer gültig sei die Losung von der größten Wasserstoff-Anlage Europas, „falls uns nicht noch jemand überholt", so der Generaldirektor. Erst Anfang November ging eine Sechs-Megawatt-Anlage im österreichischen Linz in Betrieb. In Lloseta ist eine Leistung von zehn Megawatt geplant. Ob die Anlage wie angekündigt bis 2022 in Betrieb geht, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer sagen, meint Morro. Es sei auch gut möglich, dass man das Projekt nach Abschluss aller Analysen „an die Inselrealität anpassen" müsse. Alle Hürden und Bedenken änderten aber nichts daran, dass man das Vorhaben entschieden vorantreibe. Das sei man nicht zuletzt den rund hundert ehemaligen Cemex-Mitarbeitern schuldig, die sich davon neue Jobs erhofften.