Domingo Bonnín ist, wenn man so will, der oberste Fischer auf den Balearen. Der 56-Jährige, der in Port d'Alcúdia geboren wurde, führt seit Anfang Dezember als Präsident die Vereinigung der Fischereibruderschaften auf den Inseln an und ist damit Ansprechpartner für 565 Berufsfischer. Nach seinen Angaben gibt es auf den Inseln 305 Schiffe, die sich der Fischerei widmen. Dass es sich dabei um eine kleine Flotte handelt, wird an den rund 30.000 angemeldeten Freizeitbooten auf den Balearen deutlich, von denen 14.000 über eine Freizeitfischerlizenz verfügen.

Wie viel Fisch fängt die Flotte im Jahr?

Etwa 3.000 Tonnen, davon 2.100 Tonnen rund um Mallorca. Damit machen wir einen Umsatz von 21 Millionen Euro. Diese Zahlen haben sich in den vergangenen Jahren nicht sehr verändert, obwohl sich die Flotte stark reduziert hat. 70 Prozent des Fangs stammen aus der Schleppnetzfischerei.

Wollen sich die jungen Leute überhaupt noch der Fischerei widmen?

Das ist ein echtes Problem. Die Bedingungen sind sehr hart. Kälte und Regen im Winter, Hitze und Feuchtigkeit im Sommer.

Das muss Berufung sein.

Ja, und das wird sich auch nicht ändern. Mein Bruder und ich, wir haben drei Töchter. Wenn wir in Rente gehen, dann wird diese Familientradition zu Ende gehen.

Gibt es keine Fischerin?

Sehr wenige. Die bekannteste von ihnen besitzt ein Boot, das sich dem Pescaturismo widmet (Angebot, bei dem Urlauber auf Fischerbooten mitfahren und den Fischern bei der Arbeit zuschauen, Anm.?d.?Red.). Da hat man die Arbeitszeiten den Urlaubern angepasst, und es werden nicht alle Netze ausgeworfen.

Also gibt es keinen Generationenwechsel?

Der hat sich eher in einen Wechsel bei der Herkunft der Fischer verwandelt. Jetzt sind es ­Kameruner, Senegalesen und Marokkaner, die dazu beigetragen haben, dass unsere Flotten überhaupt noch existieren. Wenn es sie nicht gäbe, hätten wir ein Problem.

Welche Aufgaben erwarten Sie zu Beginn ­Ihrer Amtszeit?

Am meisten Kopfzerbrechen bereiten mir die neuen Fischerei-Vorschriften ab dem 1. Januar.

Worin bestehen sie?

Darin, die Aktivität der Fischer in einem Monat des Jahres herunterzufahren. In dieser Zeit bekommen die Fischer dann 15 Tage lang ­Entschädigungen. Man kann entweder einen Monat am Stück aussetzen oder 30 Wochen lang einen Tag in der Woche. Auf Mallorca ­machen wir Letzteres, aber jede Insel kann das selbst entscheiden.

Welche Umweltschutzorganisationen setzen Ihnen am meisten zu?

Wir fühlen uns von Oceana und Greenpeace verfolgt. Sie attackieren vor allem die Schleppnetzfischer, und das aus ideologischen Gründen.

Wie kommen Sie darauf?

Die Schleppnetzflotte ist so stark kontrolliert wie keine andere. Kein Schleppnetzfischer kann ohne sein blaues Kästchen losfahren, ähnlich der Black Box im Flugzeug. Die ­kontrolliert etwa, dass man nicht über Neptungraswiesen fischt. Man kann sie nicht manipulieren. ­Außerdem wird das Netz nicht über den Boden gezogen, wie fälschlicherweise immer wieder behauptet, sondern gleitet darüber, um es nicht zu verlieren, wenn es an einem Felsen hängen bleibt. Sie werden keinen Bauern finden, der sagt, dass es den Boden beschädigt, wenn man ihn mit einem Traktor pflügt.

Was würde passieren, wenn die Schleppnetzfischerei verboten würde?

Wir würden keine Gambas mehr essen, keine Schnauzenbrasse, keinen Seehecht, keine Rotbarben. Wer die Schleppnetze abschafft, macht der Fischerei den Garaus. Wie gesagt ist sie für 70 Prozent des Fangs verantwortlich.

Was halten Sie von den Schutzmaßnahmen für das Poseidongras?

Das Seegras ist für die Fischerei unverzichtbar. Seine Hauptfeinde sind Kläranlagen, Entsalzungsanlagen und Trinkwasseraufbereitungsanlagen.

Und die ankernden Boote?

Wenn die Seegraswiesen, auf die der Anker geworfen wird, in schlechtem Zustand sind, dann werden sie geschädigt. Wenn sie gesund sind, sieht die Sache anders aus. Wie verschiedene Umweltschutzorganisationen mit der Sorte Caulerpa taxifolia gezeigt haben, können die Anker, die das Neptungras herausreißen, dazu beitragen, dass sich das Seegras verbreitet und andere Gebiete bevölkert, wenn die Pflanze gesund ist.

Was halten Sie von Pescaturismo?

Sie bringen der Branche gute Nebeneinkünfte, aber die zu restriktive Regulierung verhindert, dass noch mehr Boote mitmachen. Zugleich sollten diese Angebote die wirkliche Fischerei nicht abwerten. Es ist eine Art Abenteuertourismus.

Stimmt es, dass der Rote Thunfisch nach Jahren der eingeschränkten Fangquoten im Mittelmeer zu einer Plage geworden ist?

Ja, es gibt viele, und sie fügen der Ringwadenfischerei großen Schaden zu. Er ist nun mal ein geborener Räuber, der viele Sardinen, Makrelen und Sardellen frisst. Er ist für seine Angriffe bei den Fischern gefürchtet. Wenn er das an Land tun würde und einen Menschen antreffen würde, würde er ihn in der Mitte zerreißen. Hier wird der Thunfisch von kleinen Booten mit starken Einschränkungen gefangen.

Fordern Sie weiterhin Entschädigungen für die Schäden, die Ihnen Delfine zufügen?

Ja, das ist eines unserer Hauptanliegen. Wenn die Schäfer auf dem Festland für Wolfsangriffe entschädigt werden, warum dann nicht wir bei Delfinattacken?

So viel Schaden richten sie an?

Tümmler sind clevere Tiere. Sie zerreißen die Netze und nehmen den gesamten Fang mit. Es kommt nicht selten vor, dass ein Tier 40 Tintenfisch-Netze in der Saison zerstört und sich den ganzen Fang einverleibt.