Für das, was Miquel Quetglas Morey mit seinen 60 Jahren bereits auf die Beine gestellt hat, brauchen andere Menschen drei Leben. Der Mallorquiner ist seit 39 Jahren bei Palmas Ortspolizei und bekleidet dort inzwischen den Rang des „Major". Er hat ein Studium der Kriminologie, ein Jurastudium und eines der Politikwissenschaften hinter sich. Dazu gesellt sich eine Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung sowie mehrere Masterabschlüsse. „Ich sehe nicht fern", ist seine Erklärung. Sein neuester Streich ist eine mehrere Hundert Seiten dicke Doktorarbeit über die Playa de Palma - den Ort, an dem er einen Großteil seiner Laufbahn bei der Ortspolizei verbracht hat. Der Mallorquiner wirkte unter anderem bei der Ausarbeitung der sogenannten „Benimm­regeln" für die Playa de Palma als Ideengeber mit. In der Studie, die an der Balearen-Universität UIB erschienen ist, nahm Quetglas unter anderem das Sicherheitsempfinden von Residenten und älteren Urlaubern unter die Lupe. Er befragte dafür insgesamt 239 Playa-Anwohner und 1.095 ältere Urlauber.

Aus Ihrer Sicht sind die Exzesse an der Playa de Palma ein ganz alter Hut.

Ausschweifungen gab es in dieser Gegend bereits vor 100 Jahren. Bestes Beispiel dafür ist eine städtische Verordnung von Palma aus dem Jahr 1915, in der bereits unter anderem der Straßenverkauf und die Badeaktivitäten der Menschen geregelt wurden. Damals war der Straßenverkauf erlaubt, wenn man eine Genehmigung der Stadtverwaltung einholte. Bereits 1923 gab es die ersten Beschwerden von Anwohnern, dass Horden von jungen Menschen sich in aller Öffentlichkeit am Strand an- und auszogen und ihre Geschlechtsteile zur Schau stellten, ohne sie mit einem Handtuch abzudecken. Und aus dem Jahr 1929 gibt es ein Dokument, in dem Anwohner das Einschreiten der Guardia Civil fordern, ­damit die jungen Männer nicht mehr auf der Straße ihren Penis zeigen.

Welches sind heute für die Polizei die gravierendsten Probleme an der Playa de Palma?

Ein großes Hindernis für uns ist, dass es keine landesweite Regelung gibt, die uns dabei helfen würde, endlich das Hütchenspiel von der Playa de Palma zu verbannen. Ein weiteres Problem ist, dass vor allem im Sommer so viele Straßenverkäufer auf die Insel kommen. Sie ­leben in viel zu kleinen Wohnungen, die aus allen Nähten platzen. Die Verkäufer tragen zum Verfall des Image an der Playa de Palma bei. Das Einzige, was wir machen können, ist, die Waren der Händler zu konfiszieren und ihnen eine Strafe auszustellen, aber dadurch, dass dahinter große Organisationen stecken, haben sie in kürzester Zeit Nachschub und ­ziehen wieder los. Dasselbe bei den Massage­damen. Wir können ihnen nur die Cremes wegnehmen und sie des Ortes verweisen.

In Ihrer Studie heißt es, die Residenten fühlten sich an der Playa de Palma unsicher. ­Woran machen Sie das fest?

Die Einheimischen haben der Sicherheit an der Playa de Palma eine Note zwischen 5 und 6 gegeben (auf der Skala von 0 bis 10, Anm. d. Red.). Sie leben 365 Tage im Jahr dort und sie stören sich vor allem an den Hütchenspielern und Straßenverkäufern. 59 Prozent der Frauen geben an, dass sie sich aufgrund der Hütchenspieler unsicher fühlen. Die Männer haben darüber hinaus vor allem Angst vor Taschendieben und dem Verhalten der jungen betrunkenen Urlauber. Ich erkläre mir das damit, dass die Männer auch mal nachts auf die Straße gehen und dann eher mit den genannten Problemen zu tun bekommen als die Frauen.

Und was sagen die von Ihnen befragten älteren Urlauber?

Sie geben der Destination durch die Bank gute Noten bei der Sicherheit. Nur einer der Befragten gab an, dass er vor drei Jahren einmal bestohlen wurde. Generell gab es bei dieser Gruppe mit der Sicherheit keine Probleme.

Sie haben ausschließlich ältere Urlauber befragt, die sich kaum nachts an den berüchtigten Ecken der Playa de Palma aufhalten.

Das habe ich bewusst getan. Denn zum einen gehen auch die älteren Urlauber durchaus abends in die Partyecken, zum anderen haben ältere Menschen von Natur aus mehr Angst um ihre Sicherheit als junge Leute. Und wenn die Playa de Palma zu einem Ziel für Qualitätstourismus werden soll, wie geplant, dann sind die älteren Urlauber eine repräsentative ­Gruppe. Aber auch sie stören sich, wenn auch in ­geringerem Maße als die Einheimischen, an Hütchenspielern und Betrunkenen.

An der Playa de Palma vergeht kein Tag ohne Taschendiebstahl. Wie will die Polizei die ­Gegend sicherer machen?

Sie müssen die Verhältnismäßigkeit wahren. Wir reden von 1,4 Millionen Urlaubern im Jahr. Was sind da 20 Diebstähle am Tag? Und was wird vor allem geklaut? Handys. Weil die Menschen im Urlaub unvorsichtig sind und das Handy vor sich auf den Tisch legen.

Die „Benimmregeln" hatten bisher wenig Effekt. Wie soll sich das verbessern?

Wir haben ja erst seit vergangenem Jahr wirklich wirkungsvolle Vorschriften. Lange Zeit gab es da ein Vakuum. Und zunächst haben wir vor allem informiert. Aber wir haben durchaus Strafen ausgestellt und einiges an Alkohol einbehalten. Dieses Jahr fahren wir eine Null-Toleranz-Politik an der Playa für jegliches Fehlverhalten.

Sie wollen Urlauber bestrafen, wenn sie bei Straßenhändlern kaufen oder beim Hütchenspiel mitmachen. Übertreiben Sie es da nicht ein wenig?

Das ist doch ganz einfach: Ohne die Nachfrage der Urlauber gäbe es diese Angebote nicht. Wenn wir die Nachfrage einschränken, etwa durch Strafandrohung, dann trocknen wir ­damit auch das Angebot aus. Wir werden den einen wie den anderen verfolgen. Und dieses Jahr werden wir unsere Strategie verändern.

Inwiefern?

Das darf ich Ihnen natürlich nicht verraten.

Seit dem vergangenen Donnerstag ist nun die Eilverordnung der Balearen-Regierung gegen den Sauftourismus in Kraft. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Das ist eine gute Unterstützung für uns in Form eines Gesetzesdekrets, das natürlich mehr wiegt als eine Gemeindeverordnung. Außerdem gilt es für die gesamte Playa de ­Palma, da sind zwei Gemeindegebiete betroffen: Palma und Llucmajor. Wobei ich erwähnen möchte, dass wir mit den Zuständigen in Llucmajor auch bisher schon sehr eng zusammengearbeitet haben.

Und wie wollen Sie etwa kontrollieren, dass in einem All-inclusive Hotel pro Mahlzeit nicht mehr als drei alkoholische Getränke ausgeschenkt werden?

Das mit dem Sauftourismus ist doch ganz einfach: Wer ist denn dafür verantwortlich, wenn sich die Urlauber in den Hotels zuschütten? Die Hotels selbst. Sie sollten auch dafür sorgen, dass die Urlauber keinen Alkohol mit in die Unterkunft bringen. Wir wollen ja nicht die gesamte Playa austrocknen. Die Leute sollen noch ihren Spaß haben - innerhalb eines gewissen Rahmens. Mit den „Benimmregeln" haben wir es etwa geschafft, das Eimersaufen abzuschaffen. Es dürfen keine Eimer mehr in den Schaufenstern der Läden ausgestellt werden. Da hat sich das Problem schnell erledigt.

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