Es waren gewaltige Brecher, die Anfang vergangener Woche an die Küsten von Mallorca und Menorca prallten: bis zu 14,8 Meter hoch nahe Maó auf Menorca und 14,2 Meter bei Dragonera vor Mallorca, höher als ein vierstöckiges Haus. Dass das Mittelmeer derart wütet, ist vergleichsweise selten. Laut Alejandro Orfila, Physiker und Wissenschaftler am Meeresforschungsinstitut Imedea in Esporles, kommen vergleichbare Wellen in der Region nur alle 20 bis 40 Jahre vor.

„Ein Faktor, der den hohen Wellengang begünstigt hat, war, dass der Sturm diesmal drei Tage andauerte und so genügend Zeit hatte, das Meer aufzuwühlen", sagt Orfila der MZ. Es mache in Sachen Wellenhöhe einen großen Unterschied, ob der Wind fünf Stunden blase oder mehrere Tage. Außerdem kam der Wind während des gesamten Sturms ausschließlich aus Osten. „Somit hatte er über dem Mittelmeer bereits sehr lange Distanzen zurückgelegt und türmte die Wellen stetig aus einer Richtung immer weiter auf", sagt Bernat Amengual, stellvertretender Sprecher der staatlichen Wetterbehörde Aemet auf ­Mallorca, der MZ.

Bei der Messung der Wellenhöhe greift Aemet auf ein Überwachungssystem der Hafenbehörde Puertos del Estado zurück. Die hat rund um das spanische Festland sowie die Balearen und die Kanaren insgesamt 15 Bojen im Atlantik und im Mittelmeer verteilt, die ständig die Wellenhöhe messen. Eine dieser Bojen liegt einige Kilometer westlich von Dragonera, eine andere nahe der Hafeneinfahrt von Maó. Beide Messstellen verzeichneten während des Sturmtiefs „Gloria" neue Rekordwellen. Wobei man nicht davon ausgehen dürfe, so Bernat Amengual, dass derartige Wellen über längere Zeiträume festgestellt wurden. „Die beiden über 14 Meter hohen Wellen waren singuläre Ereignisse."

Wie aber misst man diese Wellenhöhen? Alejandro Orfila von Imedea erklärt, dass die an der Oberfläche schwimmenden Bojen an einer elastischen Schnur am Meeresboden befestigt sind und sich mit den Wellen bewegen. „In den Bojen sind Beschleunigungssensoren, die messen, wie weit sich die Bojen im Seegang nach oben und nach unten bewegen", sagt ­Orfila. Gemessen wird einmal pro Sekunde. Anhand der Geschwindigkeit kann die zurückgelegte Strecke der Boje pro Sekunde gemessen werden. Sobald die Beschleunigung vorbei ist, liegt die Gesamtstrecke aus der mehrere Sekunden andauernden Abwärtsbewegung der Boje auf der Welle vor. Die Wellenhöhe ist dann die maximale Strecke zwischen Wellenberg und Wellental. „Bei bewegtem Meer dauert es ungefähr acht Sekunden, bis die Boje die Strecke zurückgelegt hat. Während eines Sturms wie etwa bei ,Gloria' können es schon mal zwölf bis 14 Sekunden sein", sagt Orfila.

Um die durchschnittliche Welle, die sogenannte signifikante Wellenhöhe zu ermitteln, nehmen die Wissenschaftler über einen Zeitraum von 20 bis 30 Minuten hinweg die 33 Prozent höchsten Wellen, die an einer Boje festgestellt wurden, und bilden daraus den Mittelwert. Dieser Wert ist die Wellenhöhe, die auch in den Wettervorhersagen von Aemet angegeben wird.

Bei „Gloria" lag die signifikante Wellen­höhe bei acht bis neun Metern. Auch das ist laut Bernat Amengual sehr außergewöhnlich. Auffällig war in diesem Fall der große Unterschied zwischen der höchsten registrierten Welle und der durchschnittlichen Wellen­höhe - über sechs Meter. „Normalerweise ­liegen diese beiden Werte nicht annähernd so weit auseinander", so der Wetterexperte.