Juan Manuel Ordinas leitet seit gut einem Jahr die Vereinigung der kleinen Hotels auf Mallorca, die Associació de Petits Hotels. Als solche zählen Häuser mit weniger als 70 Zimmern, meist wenigen Sternen. Häufig sind es Unterkünfte in den klassischen Urlauber-Hochburgen wie etwa der Playa de Palma. Auch Ordinas leitet ein Zwei-Sterne-Haus in Arenal und bekennt offen, dass viele Urlauber in sein Hotel kommen, um ein paar Tage Partyurlaub zu erleben und viel Alkohol zu trinken. Im Interview beklagt er, dass die Politiker nicht den Dialog mit den Beteiligten gesucht haben.

Das Dekret ist bereits in Kraft, die meisten Hoteliers, vor allem die größeren Ketten, haben bereits ihre Zustimmung signalisiert. Was stört Sie an der Verordnung?

Um das ganz klar zu sagen: Wir als Vereinigung der kleinen Hotels sind nicht gegen eine solche Verordnung. Wir unterstützen das Anliegen der Politik, die Qualität zu steigern. Aber das Dekret wurde über unsere Köpfe hinweg verabschiedet. Man hat nicht diejenigen mit einbezogen, die es etwas angeht, so wie etwa viele Hoteliers, die Reiseveranstalter, die Geschäftsleute, die Restaurantbesitzer oder auch die Nachbarschaftsvereinigungen. Bei diesem Thema sind sehr viele Menschen direkt betroffen, und jeder hat ein Recht darauf, seine Meinung dazu zu äußern. Es hätte einen runden Tisch geben müssen. Damit hätte man Fehler vermeiden können.

Welche sind das aus Ihrer Sicht?

Es grenzt schon an Absurdität, dass das Dekret drei eng abgegrenzte Gebiete auf den Balearen beinhaltet, aber beispielsweise nicht in Port d'Alcúdia, Cala Ratjada, Can Pastilla oder Palmanova gilt. Dann ziehen die Urlauber halt ein paar Meter weiter und kaufen sich dort den Alkohol. Das ist eine klare Wettbewerbsverzerrung. Außerdem stört es uns, dass die Politiker einfach die Verantwortung abschieben und den Hoteliers aufbürden. Ich bin doch nicht derjenige, der den Leuten zu sagen hat, dass sie sich in meinem Hotel nicht betrinken dürfen. Warum soll ein Urlauber, der gern zehn Bier zum Abendessen trinkt, das nicht tun? Es bräuchte Gesetze, die verbieten, dass man betrunken auf der Straße herumläuft und sich dort danebenbenimmt. Aber einem 30-jährigen Mann im Hotel zu sagen, was er zu machen oder zu lassen hat? Die Verordnung ist eine ­populistische Maßnahme.

Die Hoteliers sind also Ihrer Meinung nach nicht verantwortlich für das, was die Gäste tun. Aber ist es nicht das falsche Tourismusmodell, auf das Sie da setzen?

Es kann schon sein, dass das falsche Modell ist. Aber bisher war es das Modell, das wir alle ­wollten. Und da schließe ich die gesamte Gesellschaft auf der Insel ein. Und jetzt wollen wir es auf einmal auf den Kopf stellen? Natürlich ist es fragwürdig, wenn die Leute kommen, um sich zu besaufen. Ich selbst bin im September wirklich erschöpft davon, über Monate hinweg diese Exzesse zu erleben. Aber es sind Leute, die drei, vier Tage zu uns kommen, um Spaß zu haben. Und außerdem wissen 80, 90 Prozent der Leute sich sehr wohl zu benehmen. Gerade die Deutschen sind sehr einsichtig. Selbst wenn sie einmal über die Stränge schlagen und man mit ihnen redet, entschuldigen sie sich und verhalten sich im Anschluss vorbildlich.

In Sachen „balconing", dem Herumturnen auf Balkonen, begrüßen Sie das Dekret.

Ja, ich begrüße das sehr, hier strengere Regeln anzulegen. Wir haben auch bisher schon Gäste des Hotels verwiesen, die vom Balkon etwa in den Pool gesprungen sind. Jetzt haben wir eine rechtliche Handhabe, das ist gut. Schwieriger wird es, wenn sich der Gast weigert, das Hotel zu verlassen. Dann können wir die Polizei rufen. Aber wird sie kommen? Vergangenes Jahr hatten wir in der Hauptsaison hier eine einzige Streife, die auf und ab gefahren ist.

Sehen Sie als Defizite in der Umsetzung des Regelwerks?

In den vergangenen Wochen ist bei uns ein regelrechter Stapel an Strafzetteln unserer Kunden vom vergangenen Sommer eingetroffen. Was soll das? Die kann ich in den Papierkorb schmeißen. Die schicke ich doch nicht nach Deutschland zu den Gästen. Die Strafen müssen sofort kassiert werden, oder es muss ein System am Flughafen geben, das überprüft, wer eine Strafe nicht bezahlt hat. Dann muss er eben dort zahlen. Tut er das nicht, darf er nicht auf die Insel. Das wäre die deutlich effektivere Methode, die sehr schnell Erfolge brächte. Ich bin wirklich mal gespannt, wie die Inhalte des Dekrets kontrolliert werden sollen, ob also genügend Polizisten eingesetzt werden.

Lernen die Urlauber nur, wenn sie zahlen müssen?

Wir müssen die Urlauber erziehen wie ein Kind. Das haben wir bis jetzt nicht gemacht. Was an Exzessen passiert ist, ist passiert, weil wir es zugelassen haben.

Wie viele kleinere Hotels betrifft denn die Einschränkung des All-inclusive?

Das ist nur eine kleine Minderheit. 90 Prozent unserer Häuser bieten das gar nicht an.

Wie sieht es mit den Buchungen für 2020 aus? Merken Sie bereits Auswirkungen der Berichterstattung über das neue Dekret?

Ich bin ganz froh, dass die Verordnung jetzt schon gekommen ist und nicht im Mai, wenn die meisten Gäste ihren Sommerurlaub buchen. Vielleicht haben sie es bis dahin ja schon wieder vergessen. Aber im Ernst: Die Buchungen kommen bisher etwas langsamer als gewohnt, aber einen Effekt spüren wir nicht. Außerdem stehen 80 Prozent unserer Gäste hinter dem Dekret, weil sie selbst im Urlaub nicht behelligt werden und friedlich feiern wollen.

Wie läuft es ansonsten für Ihre Vereinigung? Werden die kleineren Hotels inzwischen wahrgenommen?

Ja, es hat sich schon etwas geändert. Minister Negueruela hat uns kurz nach der Wahl empfangen. Und kurz darauf hatten wir noch ein zweites Treffen. Es ist zwar mühsam, aber nach und nach verschaffen wir uns Gehör.