Inwieweit die Bewohner von Artà die Auflagen der Ausgangssperre einhalten, darüber kann nicht nur die Polizei anhand ihrer Kontrollen Auskunft geben. Auch das spanische Statistik-Institut (INE) hat tiefen Einblick in das Mobilitätsverhalten in der Gemeinde im Nordosten Mallorcas. Am 7. April, während der strengsten Phase der Ausgangssperre, als nur in „essenziellen Bereichen" gearbeitet werden durfte, verließen nur 7,86 Prozent der Bewohner ihre Gemeinde - 183 in Richtung Alcúdia, 119 in Richtung Capdepera, 103 in Richtung Santa Margalida.

Die neue Datenbank der Statistiker für ganz Spanien kann online eingesehen werden, Pfeile zeigen an, wie die - sofern überhaupt vorhandenen - Bewegungsverläufe der Bevölkerung aussehen. Grundlage dafür sind Daten über die Funknetz-Einbuchung der Handys von rund 80 Prozent der Bevölkerung, wie das INE erklärt. Diese habe man von den drei großen Mobilfunk­anbietern Movistar, Vodafone und Orange in anonymisierter Form erhalten. Das Ergebnis: 90 Prozent der Bevölkerung ­harrten am 7. April zu Hause aus. Die restlichen zehn Prozent fuhren nur kurze Wege, in der ­Regel nur in die benachbarten Gemeinden.

Das spanische Statistik-Institut mit seinen langen Datenreihen und Monate im Voraus geplanten Veröffentlichungsterminen ist nun nicht dafür bekannt, dass es spontan Projekte aus dem Boden stampft. Die Statistiker hatten sich aber ohnehin gerade mit der täglichen Mobilität der Spanier beschäftigt und dazu eine Methodik entwickelt, die nun zum Einsatz kommt. Dafür wurde Spanien in 3.200 ­Zonen mit jeweils bis zu 50.000 Einwohnern eingeteilt, die nur zum Teil mit den Gemeinden übereinstimmen - Palma wurde in 15 Distrikte geteilt, kleinere Gemeinden dagegen wurden zusammengelegt. Diese Gebiete sind identisch mit den sogenannten Location Areas des Mobilfunknetzes. Abrufbar sind Daten ab dem 16. März. Jeweils im Zwei-Tage-Rhythmus gibt es seitdem statistische Infos über die Bewegungsströme, sofern die Daten von mindestens 100 Handys vorliegen. Ausschlaggebend für die Mobilität der Bewohner ist die Zeit ­zwischen 10 und 16 Uhr, und nur eine Mindestverweildauer von zwei Stunden werde berücksichtigt, heißt es.

Vergleich vorher - nachher

Interessant ist insbesondere der Vergleich der Mobilitätswerte auf Mallorca mit der Zeit vor der Pandemie. Als Referenzdaten dienen deswegen drei Tage im November, wobei sich die Vorher-Nachher-Daten auch gleichzeitig auf einer Karte anzeigen lassen: Ein virtueller Schieber kann nach links und rechts bewegt werden, um die Mobilität vor und während Covid-19 anzuzeigen. Beispiel Artà: Vor der Ausgangssperre verließen täglich immerhin 18,6 Prozent der Bevölkerung ihre Heimatgemeinde - mehr als doppelt so viele wie während der strengsten Phase der Ausgangssperre.

Aber auch im Rest Mallorcas blieb der Großteil der Menschen in den vergangenen Wochen laut Handy-Daten zu Hause. Für den Stichtag 7. April ist die Karte einheitlich lila gefärbt - nirgendwo waren mehr als 16 Prozent der Bevölkerung mobil. Beispiel Marratxí: 90 Prozent entfernten sich nicht aus der Gemeinde, die 3.386 mobilen Bewohner fuhren größtenteils nach Palma. Praktisch genauso wenig tat sich in der Gemeinde Llucmajor, wobei hier immerhin 147 Fahrten bis nach Calvià registriert wurden. Noch stärker zum Erliegen kam die Mobilität am 5. April, einem Sonntag - in fast allen Gemeinden Mallorcas sinkt der Anteil der mobilen Bewohner unter fünf Prozent.

Die Statistiker wollen mit den Daten nicht nur zeigen, wie es um die Bürgerpflicht während des insgesamt mindestens zweimonatigen Alarmzustands der Spanier bestellt ist. Das allgemeine Mobilitätsprofil soll auch dabei helfen, die mögliche Verbreitung des Coronavirus nachzuvollziehen. Wenn die Ausgangssperre erst mal aufgehoben ist, wird das von großer Bedeutung sein, um einem weiteren Shutdown vorzubeugen.

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