Viele Mallorquiner haben hier ihr erstes Paar Wanderschuhe, ein Zelt oder Schlafsäcke gekauft: 40 Jahre lang war das Outdoor-Geschäft Es Refugi de Muntanya in Palma de Mallorca, zuletzt im Carrer Sindicat gelegen, hierfür die erste Anlaufstelle, übrigens auch für Urlauber. Seit Mitte März sind die Tore des schönen Vorhofs, der zum Ladeneingang führt, geschlossen. Und zumindest für das Es Refugi de Muntanya werden sie auch nicht mehr öffnen. Martí Dolç, der das Geschäft seit fünf Jahren betreibt, kann sich die hohe Miete in der beliebten Einkaufsstraße nach den einnahmelosen Monaten nicht mehr leisten. Er ist mit dem Laden in seinen Heimatort Bunyola umgezogen. „Zu den 2.000 Euro Miete kommen, weil das Gebäude sehr alt ist, noch hohe Nebenkosten hinzu. Ich habe die Eigentümer gefragt, ob sie mir auch nach der Krise entgegenkommen, doch sie haben abgelehnt", sagt Dolç. In dem neuen Geschäft habe er zwar keine 250 Quadratmeter Fläche mehr, zahle jedoch nur 400 Euro Miete. Seine Kunden aus Palma aber wird er in dem kleinen Ort, wenn überhaupt, wohl nur teilweise halten können.

Die finanziellen Hilfen, die Zentralstaat, Landesregierung, Inselrat und Rathäuser auf den Weg gebracht haben, um den Gewerbetreibenden in der Corona-Krise zu helfen, haben nicht gereicht, um das Geschäft in Palma zu retten. Dolç nennt als Beispiel ein erst kürzlich von der Balearen-Regierung beschlossenes Hilfspaket von insgesamt einer Million Euro. Damit können Kleinunternehmen Zuschüsse von bis zu zehn Prozent der laufenden Kosten, der Miete oder der Schutzausrüstung, bekommen, maximal 600 Euro. „Ich brauche für meinen Laden keine Trennwände. Für Restaurants mag das zumindest eine kleine Unterstützung sein, mir hilft das nicht", sagt Dolç.

Toni Fuster, Vorsitzender der Händlervereinigung Pimeco, begrüßt die finanziellen Hilfen, betont jedoch, dass ein paar Hundert Euro längst nicht ausreichen, um ein Geschäft zu retten. „Es kommt eher auf die finanzielle Situation jedes einzelnen Geschäftstreibenden an", so Fuster. Und auf die Mieten, die sie zahlen müssen. Die hohen Preise seien neben dem Wegbleiben der internationalen Kundschaft eine der Hauptursachen für das sich abzeichnende Ladensterben. „Wir fordern, dass die Vermieter dazu verpflichtet werden, den ­Mietern entgegenzukommen und zu helfen", sagt Toni Fuster.

Trotz der düsteren Aussichten hätten schätzungsweise 90 Prozent der Geschäfte auf der Insel wieder eröffnet oder „zunächst zumindest den Versuch gewagt", sagt Toni Fuster. „Das heißt nicht, dass sie vor einer baldigen Schließung bewahrt sind", so Fuster. Er fordert von der Regierung, dass die Kurzarbeit- und Freistellungsregelungen (ERTE) auch nach dem Alarmzustand flexibel gehandhabt werden können. „Viele kleine Läden in touris­tischen Gebieten sollten nicht gezwungen werden, ihre Mitarbeiter zurückzuholen, wenn noch gar nicht ersichtlich ist, wann sie wieder einen normalen Umsatz machen", so Fuster. Die Residenten würden als Kunden längst nicht ausreichen, um viele der Geschäfte auf der Insel rentabel zu betreiben. Und ­einige, etwa Souvenirshops in Küstennähe, seien sogar gänzlich abhängig von Touristen.

Neben dem Einzelhandel sind auch noch andere Gewerbetreibende schwer von der Corona-Krise betroffen. Fuster verweist etwa auf die Freizeitanlagen für Kinder, die sogenannten chiquiparcs. „Für sie steht noch nicht einmal ein Datum fest, an dem sie wieder eröffnen dürfen. Wie soll man auch 20 drei- bis fünfjährige spielende Kindern dazu bringen, einen Sicherheitsabstand von zwei Metern einzuhalten?". Mercedes Marín, die nahe dem Son-Moix-Stadion seit zehn Jahren die Anlage „Mundo Pirata" betreibt, stimmt ihm zu, betont aber, dass die Hygienevorschriften problemlos eingehalten werden könnten. „Wir hoffen, am Ende der dritten Phase, also spätestens Ende Juni, öffnen zu dürfen. Auch wir ­haben hohe Miet- und Personalkosten", so ­Marín. Im Gegensatz zu einigen Kollegen kann sie sich noch glücklich schätzen: „Im April und Mai musste ich nur die Hälfte der Miete zahlen, für Juni bis August erlassen die Besitzer sie mir ganz", so Marín. Es bestehe ein freundschaftliches Verhältnis. Von zwei An­lagenbetreibern wisse sie jedoch bereits, dass sie schließen müssen.

Jordi Mora, Vorsitzender des Verbands der kleinen und mittleren Unternehmen auf Mallorca, Pimem, und seine Mitarbeiter erhalten aktuell täglich rund 100 Anfragen von ebenfalls wegen der Mieten besorgten Unternehmern. Ihre Erfahrung: In den Dörfern seien Lokalbesitzer eher bereit, sich mit Mietern preislich abzusprechen als etwa in Palma de Mallorca. „Sie wissen, dass sie womöglich Jahre warten müssen, bis sie ­einen neuen Mieter finden", sagt Jordi Mora.

Restaurants hinken hinterher

Auch um die Gastronomiebranche sorgen sich Pimem und der Unternehmerverband Caeb. Zu Beginn der Phase 2 am Montag (25.5.) habe nur ein Viertel der Restaurants auf der Insel geöffnet, so Mora. Bei vielen Wirten herrsche Ungewissheit und Skepsis, zudem gebe es auch hier Liquiditätsengpässe. Auch bei den Restaurants sei die Nachfrage durch einheimische Gäste in vielen Fällen nicht ausreichend, um wirtschaftlich zu arbeiten. Der Sprecher der Gastronomen, ­Alfonso Robledo, fordert daher, dass die Kurzarbeitregelungen für seine Branche wegen höherer Gewalt bis Dezember oder sogar Ostern 2021 flexibel verlängert werden können. „Es ist die einzige Lösung, die ich für die Balearen sehe", sagt ­Jordi Mora.

Mehr Geld für Selbstständige

Die Landesregierung hat am Mittwoch (27.5.) neue Hilfen in Höhe von insgesamt 15 Millionen Euro für Selbstständige angekündigt. Die Zuschüsse zwischen 2.000 und 3.000 Euro müssen nicht zurückgezahlt werden und könnten 8.000 bis 10.000 Unternehmern zugutekommen. Anträge sollen in den kommenden Wochen möglich sein.