Es war ein Mord, der im Herbst 2018 viele Menschen auf Mallorca erschüttert hat: Am 16. November stürmte Rafael P. in das Einkaufszentrum „Conforama" auf Palmas Ausfallstraße Calle Aragón und stach vor den Augen zahlreicher Kunden und Angestellter mit einem großen Messer auf seine Ex-Freundin Sacramento Roca ein. Die Frau starb noch am Tatort. Ein Geschworenengericht in Palma hatte den Angeklagten für schuldig befunden, am Donnerstag (11.6.) legte ein Richter das Strafmaß fest. Rafael P. muss für 24,5 Jahre ins Gefängnis. Zudem soll er die beiden Töchter der Toten mit je 125.000 Euro entschädigen. Die Verteidigung akzeptierte das Urteil.

Zuvor hatte der Angeklagte in der Verhandlung am Montag (8.6.) ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Ich bin zu dem Möbelhaus gegangen, um ihr Leben zu beenden", so der 45-Jährige. „Ich bitte die Familie und alle, denen ich damit Leid angetan habe, um Verzeihung für diese brutale Tat, ich werde sie ein Leben lang bereuen." Er könne sich noch immer nicht genau an den Tathergang erinnern. Wohl aber daran, dass er den blutigen Anschlag zuvor geplant hatte. Er habe nicht akzeptieren wollen, dass seine ExFreundin ihn verlassen habe. In seiner Wut habe er sich ein 30 Zentimeter langes Messer geschnappt und sei in das Einkaufszentrum gegangen, in dem die 36-jährige Roca als Kassiererin arbeitete.

Nach dem Mord war Rafael P. geflüchtet, konnte aber wenige Straßen entfernt von Augenzeugen, darunter einem Polizisten außer Dienst, aufgehalten werden. Diese hielten ihn fest, bis die kurz darauf eintreffenden Polizeibeamten den Mann festnehmen und abführen konnten. Rettungssanitäter versorgten unterdessen das Opfer, doch jede Hilfe kam für die zweifache Mutter zu spät. Rafael P. erlitt kurz darauf einen Nervenzusammenbruch und schlug seinen Kopf mehrmals so heftig gegen die Gefängniszelle, dass er mehrere Tage ins Krankenhaus musste.

Warnsignale missachtet

Bereits bei ersten Ermittlungen zu dem Fall hatte sich herausgestellt, dass der Mann zu unverhältnismäßigen Wutausbrüchen imstande war. Die 36-Jährige hatte sich nach Angaben von Angehörigen Mitte Oktober von dem Mann getrennt, mit dem sie seit rund einem Jahr zusammenlebte. Rafael P., der als Sicherheitsmann arbeitete, soll wenige Tage vor dem Mord die Reifen ihres Autos zerstochen haben. Zudem soll ein Unbekannter Zettel ausgehängt haben, auf denen mit Angabe der Telefonnummer des Opfers Sex angeboten wurde.

All dies hatte die Frau auch in einer Anzeige bei der Nationalpolizei zu Papier gebracht. Dennoch stuften die Polizeibeamten die Anzeige nicht als Vorgang von Gewalt gegen Frauen ein, sondern - wohl wegen der zerstochenen Autoreifen - als gewöhnliche Sachbeschädigung. Eine übergeordnete Dienststelle erkannte den Fehler und leitete den Vorfall an eine Diensteinheit weiter, die auf Gewalt gegen Frauen spezialisiert ist. Das spanische Recht sieht in solchen Fällen viele Sofortmaßnahmen vor, um Frauen vor Drohungen und Gewalt durch ihre Partner oder Ex-Partner zu schützen.

Doch der Schutz kam zu spät. Das mehrfache Weiterleiten des Falls dauerte eine Woche. Roca wurde jedoch fünf Tage nach der Anzeige ermordet. Gegen die an der Aufnahme der Anzeige beteiligten Polizeibeamten wurde später ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das zu dem Schluss kam, dass die Polizisten schwerwiegend gegen Vorschriften verstoßen haben.

Auch unter Frauenrechtsorganisationen hatte die Tat und das Fehlverhalten der Polizei im Vorfeld für einen Aufschrei gesorgt. Mehrmals riefen sie in Palma zu Demonstrationen im Andenken an Sacramento Roca auf.