Die deutsche Regierung will die weltweite Reisewarnung für Touristen ab dem 15. Juni aufheben und durch spezifische Reisehinweise ersetzen. Im Fall von Spanien allerdings ist dies erst für die Zeit nach dem 21. Juni geplant. Wie die Perspektiven für den Mallorca-Urlaub aus deutscher Sicht sind, erklärt der MZ im Telefon-Interview Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus.

Warum soll die Reisewarnung für Spanien noch nicht zum 15. Juni fallen - liegt das an der fortbestehenden Quarantäne-Pflicht?

Zunächst bin ich froh, dass wir auf die pauschale weltweite Reisewarnung verzichten und wieder etwas Normalität zurückgewinnen können. Wir werden die Pandemie und die Gefahren in den jeweiligen Ländern separat beobachten. Ich gehe davon aus, dass wir in Europa relativ freies Reisen möglich machen. Im konkreten Fall von Spanien zeigt sich, dass die Reisewarnung nicht nur von uns abhängt, sondern auch vom Zielland oder sogar der Region. Die spanische Regierung hat von sich aus gesagt, dass man wegen der Infektionsraten noch zu unsicher sei. Deswegen sollen grundsätzlich bis Ende Juni noch keine Touristen ins Land kommen, wahrscheinlich erst ab 1. Juli. Erste Lockerungen führen nun die Balearen mit ihrem Pilotprojekt ein.

Dann war die Quarantäne gar nicht der ausschlaggebende Punkt?

Sowohl Ziel- als auch Herkunftsland beobachten die Lage. Auch wenn der Tourismus wieder sehr große Bedeutung haben wird, hat Spanien von sich aus gesagt, dass es noch zu unsicher ist. Das zeigt, wie ernst die Lage noch ist.

Wie sieht Ihr Szenario aus, wann steigt der erste Mallorca-Urlauber aus dem Flugzeug?

Vielleicht schon am kommenden Montag, wenn im Rahmen des balearischen Pilotprojekts in begrenztem Umfang wieder Touristen aus Deutschland einreisen dürfen. Aber weiterhin gilt: Wir stimmen uns eng mit der spanischen Regierung ab. Man will, dass die Urlauber zurückkommen, aber die Einwohner müssen geschützt und neue Infektionsketten verhindert werden. Wir beobachten die aktuelle Lage und das Pilotprojekt und warten darauf, was Spanien sagt.

Wie schnell dürfte sich der Spanien-Tourismus wieder erholen?

Abgesehen von den bestehenden Beschränkungen müssen wir davon ausgehen, dass viele Menschen unsicher sind. Gerade Risikogruppen machen dieses Jahr vielleicht keine Reise in Europa. Für uns entscheidend ist

neben der Entwicklung der Infektionsketten, wie die Hygiene-Standards vor Ort umgesetzt und eingehalten werden. Die Kapazitäten von Hotels und Restaurants können ohnehin nicht wie bisher hochgefahren werden.

Würden Sie Senioren abraten, dieses Jahr nach Mallorca zu reisen?

Das muss jeder für sich beurteilen. Ältere Menschen sollten sich Gedanken machen, ob sie wirklich reisen wollen, und wer unsicher ist, sollte seinen Arzt konsultieren.

Als Tourismusbeauftragter ist es auch Ihre Aufgabe, dabei mitzuhelfen, die Attraktivität des Reiselandes Deutschland zu stärken. Inwieweit gilt noch die Empfehlung, Urlaub im eigenen Land zu machen?

Ich freue mich über jeden, der hier Urlaub macht und für sich neue Reiseziele entdeckt. Aber ich weiß natürlich, wie wichtig der Wirtschaftsfaktor Auslandsreisen ist. Auch für unsere Reiseveranstalter und Fluggesellschaften hoffe ich, dass der Reiseverkehr nach Mallorca bald wieder in größerem Umfang möglich ist.

Wie viel Druck üben diese Konzerne derzeit auf Sie aus?

Das ist ganz unterschiedlich. Die Airlines und die Reiseveranstalter wollen einerseits den Betrieb schnell wieder hochfahren, andererseits sind die Menschen sehr zurückhaltend und vorsichtig. Es müssen genügend Reisende da sein, damit sich der Mallorca-Urlaub wirtschaftlich lohnt. Und niemand will, dass Reisen einen neuen Infektionsherd zur Folge haben, niemand will ein neues Ischgl oder Südtirol. Die Unternehmen sind aus eigenem Interesse vorsichtig. Der Druck ist manchmal zu spüren, aber auch viel Abwägung, da nun mal die Gesundheit an oberster Stelle steht.

Wie gut stehen Spanien und die Balearen bei der Bekämpfung der Pandemie da?

Ich denke, die Menschen vor Ort haben gelernt, mit dem Virus verantwortungsvoll umzugehen, das heißt, Abstand zu halten und Mundschutz zu tragen. Ich habe großes Vertrauen in die Freunde und Kollegen in Spanien, dass wir das gemeinsam hinbekommen.

Ist vorstellbar, dass in bestimmten Regionen Reisen untersagt wird, wenn sich die Corona-Zahlen nicht positiv entwickeln?

In Deutschland haben wir da eine klare Regelung: Wenn es 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tag gibt, dann muss die lokale Verwaltung einschreiten und zum Beispiel Restaurants wieder schließen.

...und zum Beispiel auch Reisen nach Mallorca verbieten?

Das hängt auch davon ab, welche Vorschriften gerade in Spanien gelten. Wenn wir entdecken sollten, dass sich in einem Land in Europa starke Infektionsherde entwickeln, werden wir dafür sorgen, dass Menschen aus dieser Region Quarantäne-Vorschriften einhalten müssen. Umgekehrt wird sicherlich auch Spanien Quarantäne-Vorschriften erlassen.

Wie konkret dürften die künftigen Reisehinweise werden? Heißt es dann zum Beispiel: Wandern kein Problem, von Party-Tourismus wird abgeraten?

Die Formulierung unterliegt dem Auswärtigen Amt. Ich traue den Menschen zu, dass sie Gefahren meiden. Der enge Austausch in der Bar oder Disco auf Mallorca wird zumindest dieses Jahr wohl nicht möglich sein.

Es wird keine weitere Rückholaktion für Urlauber geben, hat Außenminister Heiko Maas klargestellt.

Jeder weiß um die besondere Situation. Jeder Urlauber kennt die Bedingungen, zu denen er reisen wird. Aber im Fall von Mallorca dürfte auch für den Fall höherer Infektionsraten gewährleistet sein, wieder zurückzukommen.

Haben Sie schon Ihren Urlaub gebucht?

Wir sind noch zurückhaltend und werden keine große Reise machen. Wir bleiben im Umland, auch um die lokale Wirtschaft in diesem schwierigen Jahr zu unterstützen. Wir freuen uns aber, wieder auf Mallorca vorbeischauen zu können, wenn die Pandemie vorbei ist.

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