Abstand zu halten fällt an diesem Montagvormittag (22.6.) an der Playa de Palma auf Höhe des Balneario 6 nicht schwer. Zwischen den vereinsamt aufgestellten Sonnenschirmen und Handtüchern der Strandgäste liegen im Durchschnitt zwischen zehn und 20 Meter Platz. Urlauber sind Mangelware, man hört auf der Straße mehr Spanisch als Deutsch. Keine Spur von Sangría-Eimern oder 1-Liter-Bierflaschen und wummernden Stereoanlagen. Die Playa de Palma liegt beinahe verschlafen da. Ein junges Paar kommt mit Kinderwagen vorbei. Der Mann sagt: „Wir leben hier, finden es aber zu ruhig. So langsam sollte doch mal etwas mehr Leben einkehren." Beide arbeiten im Tourismus. Die Einnahmen sind in den vergangenen Monaten doch deutlich zurückgegangen.

In der Woche nach dem letztlich auf sechs Tage verkürzten Pilotprojekt der Tui, bei dem vor allem bei der Anreise nicht alles pannenfrei abgelaufen ist, ist die Playa de Palma beim MZ-Streifzug noch kaum belebter als mitten im Lockdown. Außer den drei Hotels Riu Concordia, Riu Bravo und Iberostar Cristina hat derzeit nur eine Handvoll weiterer Häuser geöffnet, und auch die meisten Bars, Restaurants und viele Geschäfte sind verrammelt.

Die Urlauber aus Deutschland, die an der Promenade und den angrenzenden Straßen umherlaufen, stört das aber kaum. Der 33-jährige Peter Schmidt aus der Nähe von Paderborn ist mit einem Beachball-Schläger auf dem Weg zum Strand: „So habe ich Mallorca noch nie erlebt, es ist alles so entspannt hier. In der derzeitigen Situation bin ich hier lieber als zu Hause", sagt er und spielt auf die mehr als 1.500 Neuinfektionen in einem Schlachthof des Unternehmens Tönnies an. Schmidt und seine Frau leben ganz in der Nähe des Betriebs. Im Hotel, dem Riu Bravo, sei die Atmosphäre ruhig. Am Buffet dürfe man sich an vorportionierten Tellern selbst bedienen - mit Handschuhen und mit Abstand. Vor dem Betreten des Hotels und des Speisesaals werde die Temperatur gemessen.

Das geschieht mitunter so unauffällig, dass nicht jeder das bemerkt. So berichtet Patrick S. aus der Nähe von Düsseldorf, dass bei ihm im Riu Concordia kein Fieber gemessen wurde. Damit liegt er falsch, wie ein Ortsbesuch im Hotel zeigt. Die nette Dame an der Rezeption, Rocío, nimmt sich die Zeit und zeigt dem Reporter, wie das Prozedere am Eingang abläuft. Das Hotel dürfe man ausschließlich mit Mund- und Nasenschutz betreten, sagt sie. Ein roter Pfeil zeigt die Laufrichtung an, ein Spender mit Desinfektionsgel begrüßt den ankommenden Gast, der den Pfeilen zur Rezeption folgt. Auf dem Weg wird die Temperatur gemessen. Und zwar mithilfe einer Wärmebildkamera, die an der Decke des Foyers angebracht ist und das Bild auf einen Monitor wirft, wo auf dem Bildschirm die Person zu sehen ist. Rund um ihren Kopf schwirrt die Zahl, die das Thermometer misst.

Wer bei der Ankunft mehr als 37,5 Grad Fieber hat, wird in dafür vorgesehene Zimmer erst einmal in Quarantäne geschickt. Die Gesundheitsbehörde der Inseln entscheidet dann nach einem PCR-Test über die weitere Vorgehensweise. Fällt er positiv aus, kann der Patient im Hotel bleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Kontakt mit anderen Urlaubern komplett verhindert werden kann. Oder er wird in eine der eigens von der Landesregierung angemieteten Unterkünfte in der Gemeinde Calvià gebracht.

Wenn mal mehrere Gäste gleichzeitig ankommen und nicht jeder auf dem Bildschirm überwacht werden kann, weist ein Piepton, der bei über 37,5 Grad anschlägt, auf erhöhte Temperaturen hin. „Manchmal schlägt der Alarm an, wenn Leute den ganzen Tag am Strand in der Sonne lagen und dementsprechend aufgeheizt sind", berichtet Rocío. In den Aufzug darf hier im Riu Concordia nur eine Person, außer es handelt sich um eine Familie. Beim Abendessen gibt es zwei Schichten, eine von 18.30 bis 20 Uhr und eine von 20 bis 21.30 Uhr, damit es nicht zu voll wird. Die Gefahr ist derzeit gering, da das Hotel maximal mit 50 Prozent der Kapazität arbeitet.

Am Pool stehen die Liegen weit genug auseinander, ins Wasser dürfen maximal 40 Personen gleichzeitig. Aber an diesem Montag schwimmt gerade mal ein Pärchen im geräumigen Becken. Drei weitere Urlauber liegen am Rand, ansonsten Leere. Angekündigt wird für den Abend eine Tanzshow, am Mittwoch ist Konzert angesagt.

Am Hotel Iberostar Cristina ist gerade richtig was los - Bettenwechsel. Ein Bus kommt an, ein anderer verlässt gerade das Gelände, Dutzende Menschen, die meisten Mitarbeiter von Schauinsland oder Iberostar selbst, checken gleichzeitig aus und ein. Alle tragen Mundschutz. Hier treffen erst am Samstag (27.6.) die ersten Urlauber ein, nachdem die Reiseveranstalter Schauinsland und DER Touristik zunächst mal die eigenen Mitarbeiter testen lassen wollten. Auch hier gibt es noch vor dem Eingang Gel mit Desinfektionsmittel, die Gäste müssen über zwei Teppiche im Eingang laufen, von denen der erste mit Desinfektionsmittel getränkt wurde.

Schauinsland-Hoteltesterin Ilayda Tunc hat zwei Tage in dem Hotel verbracht und sagt: „Wir haben viel ausprobiert in der Zeit - Kleinigkeiten, wie etwa in welcher Form der Salat bei Buffet gereicht wird und wie man allgemein den Hygieneaspekt und die Urlaubsfreude gleichzeitig gewährleistet." Fieber wurde bei Tunc nicht gemessen, zumindest hat sie es nicht bewusst gemerkt. Im Iberostar Cristina gelte keine allgemeine Maskenpflicht, lediglich im Restaurant müsse man sie aufsetzen, wenn man sich am Buffet bediene.

Im Riu Bravo ist die Situation mit dem Ende des Pilotprojekts am Montag womöglich unübersichtlicher geworden. Ein Leser schreibt der MZ, dass viele Urlauber angekommen seien. „Jetzt wird es schwierig mit dem Abstand, viele neue Gäste sieht man im Gebäude ohne Maske." Sie seien der Meinung, die Maskenpflicht sei mit Ende des Pilotprojekts aufgehoben. „Wir haben Angst um Mallorca und denken, es geht zu schnell, oder es müssen mehr Hotels öffnen, damit es sich besser verteilt." Vom Hotel selbst heißt es, man sei weiterhin lediglich bei 50 Prozent der Kapazität.

Dunkler sieht es bei den Gastronomen der Gegend aus. Cristian Laforcade, Miteigentümer des Lokals „Zur Krone" fürchtet vor allem den Moment, in dem viele andere Restaurants an der Playa wieder öffnen. „Zurzeit haben wir vielleicht 30 Prozent des Umsatzes, den wir normalerweise um diese Jahreszeit hätten." Bei mehr Konkurrenz rechnet er mit einem weiteren deutlichen Einbruch des Geschäfts.

Auf der Straße sind die meisten Urlauber ohne Mundschutz unterwegs, so wie Sven und Larissa M. aus Nordhessen mit ihrem knapp zweijährigen Sohn. Sie vermissen ein bisschen den gewohnten Trubel. „Es kommt mehr Urlaubsstimmung auf, wenn man abends auch mal draußen in einer Bar sitzen kann, Musik läuft und ein paar Leute flanieren", sagt Sven M. Und Marianne Nowotnik aus dem Ruhrgebiet beklagt sich, dass es am Strand weder Strandliegen, noch Schirme, noch Duschen oder Toiletten gebe. Sonst sei alles bestens.