Eigentlich ist es nur eine Anekdote am Rande, aber sie zeigt, wie sehr auf Mallorca fast sämtliche Wirtschaftsektoren vom Tourismus abhängig sind - auch indirekt: „Die Landwirte, deren Felder im Pla de Sant Jordi liegen, können ihre Felder derzeit nicht bewässern, weil sie dazu normalerweise geklärte Abwässer der Hotels nutzen - und da von denen viele geschlossen sind oder nur wenige Gäste haben, steht jetzt in einigen Fällen die Ernte auf dem Spiel", berichtet Joan Mayol, Vorsitzender des Regulierungsrates „Oli de Mallorca".

Doch nicht nur die Bauern im Hinterland der Playa de Palma leiden nach wie vor unter den Folgen der Corona-Krise. Auch bei den Olivenölproduzenten läuft es alles andere als geschmiert. Mayol spricht von „katastrophalen" Verkaufszahlen im Mai, es sind die aktuellsten, die ihm vorliegen. Ob sich die Lage im Juni mit der Ankunft der ersten Urlauber gebessert haben könnte, kann er nicht vor Anfang August beurteilen. Derzeit betrage der Einbruch wohl mindestens 40 Prozent, so Mayol.

Das mallorquinische Olivenöl mit Qualitätssiegel habe vier Absatzmärkte, erklärt er, ­einer der wichtigsten sei das heimische Gastgewerbe, also Restaurants, Hotels und Bars - und da lagen die Verkäufe wegen coronabedingter Schließungen und dem erst langsam wieder anlaufenden Tourismus praktisch bei null. Auch der Direktverkauf an Urlauber, die das Olivenöl gern in Spezialitätengeschäften als Mitbringsel erwerben, ist im ersten halben Jahr nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Der Konsum auf dem heimischen Markt, der ohnehin den geringsten Anteil ausmacht, sei ebenfalls ins Stocken geraten, da viele Familien angesichts der wirtschaftlich unsicheren Zeiten weniger hochwertiges Olivenöl kaufen. Einzig der Export sei mehr oder weniger stabil geblieben, vor allem die Kunden in Deutschland hätten dem mallorquinischen Öl auch in der Corona-Zeit die Treue gehalten.

Doch der Export allein kann die schlechten Verkaufszahlen nicht kompensieren. Derzeit suche man gemeinsam mit dem balearischen Landwirtschaftsministerium nach möglichen Absatzförderungen. Direkte Hilfen aus Madrid gibt es für Olivenölproduzenten nicht. „Das ist schon verständlich, schließlich ist unser Produkt nicht so schnell verderblich wie beispielsweise Wassermelonen oder Lammfleisch. Aber es ist jetzt auch nicht wie beim Rotwein, der durch Lagerung sogar besser wird", meint Mayol - je nach Olivensorte lässt sich das Qualitätsöl ein, höchstens aber zwei Jahre lang aufbewahren.Winzer und Weinkeller

Doch auch wenn Rotweine lagerfähig sind: Winzer und Weinkeller leiden ebenfalls unter den Folgen von Corona. Denn auch die auf Mallorca produzierten Weine werden zum Großteil in den Restaurants und Hotels der ­Insel konsumiert. José L. Roses, Präsident der unter dem Gütesiegel DO Binissalem versammelten Winzer, schätzt denn auch den Nachfrageeinbruch auf rund 60 Prozent.

Anders als beim Olivenöl konnten die ­Produzenten von Wein Hilfen aus Madrid beantragen. Das spanische Landwirtschafts­ministerium hatte Anfang Juni drei Optionen für den im ganzen Land kriselnden Sektor ­ausgeschrieben: Für Weinbauern gibt es die Möglichkeit der sogenannten „grünen Ernte", also des Rebschnitts, noch bevor die Trauben reif sind. Als Ausgleich erhalten die Bauern 60 Prozent des Marktpreises für die Traube sowie eine Entschädigungszahlung für das Vernichten der Ernte.

Auch für bereits gekelterten Wein gibt es Notfalllösungen: Zum einen besteht die Möglichkeit der Destillation zu Alkohol, die für ­Inselwinzer allerdings unrentabel ist - auf Mallorca gibt es keine Destillen, und der Transport aufs Festland wäre zu teuer. Zum anderen können Subventionen für eine längere Lagerung der Weine beantragt werden, um so eine Schwemme auf dem Markt und den damit einhergehenden Preisverfall zu verhindern. „Die staatlichen Hilfen haben hier aber nur sehr wenige Produzenten erreicht", so Roses. Das sei nicht weiter verwunderlich, schließlich mache die Weinherstellung auf den Balearen in gesamtspanischen Vergleich lediglich einen Bruchteil aus.

Ursprünglich rechnete das Landesministerium mit fast einer halben Million Euro für die Antragssteller auf den Inseln. Doch am Ende werden von den über 91 Millionen Euro aus Madrid für ganz Spanien wohl gerade einmal knapp 215.000 Euro auf die Balearen überwiesen, wie eine Sprecherin des Ministeriums erklärt: 176.774 Euro für die wenigen Winzer, die ihre Ernte freiwillig vernichten, und knapp 38.000 Euro für die verlängerte Lagerung der Weine mit dem Gütesiegel DO und IGP.

Dass auf Mallorca am Ende nur so wenig der Gelder ankam, liegt für Mireia Oliver von der Bodega Can Majoral in Algaida auch an den Voraussetzungen der Ausschreibungen, die sich an den Kriterien der großen Weinanbaugebiete auf dem Festland orientierten und nicht für die deutlich kleineren, häufig über verschiedene kleinere Parzellen verstreuten Rebflächen der Inselwinzer konzipiert sind. Auch die Option der längeren Lagerung sei vor allem für größere Bodegas attraktiv, die dafür auch die Möglichkeit haben.

Die Situation sei schwierig, die Ungewissheit groß, so Oliver. Normalerweise verkaufe sie ihre Weine in der Zeit zwischen März und Juli - der Lockdown kam also in der ungünstigsten Zeit. Zwar hatte sie mit ihrer Winzerkollegin Barbara Mora versucht, über die ­sozialen Netzwerke mit viel Humor den ­Direktverkauf anzukurbeln. Doch wirklich rentabel sei das nicht gewesen.

Nun sitzt die Winzerin auf bereits abgefülltem Rotwein - „der hält noch eine Weile" - und den noch in Edelstahltanks befindlichen Weiß- und Roséweinen. Spätestens im Herbst braucht sie den Platz für die neue Ernte. Da ist es ironischerweise fast schon Glück im Unglück, dass 2020 kein gutes Weinjahr wird. Die Reben sind von Mehltau und anderen Krankheiten befallen, weil der Winter zu warm und das Frühjahr zu feucht war.

„Wir haben schon ganz andere Krisen überlebt", so Binissalem-Präsident Roses - und vielleicht sei diese nun ja auch eine Gelegenheit, um die „absurde" Zunahme der Zahl von Weingütern in den vergangenen Jahre wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Und in einem Punkt stimmen Mayol, Roses und Oliver überein: Man müsse vor allem den einheimischen Konsum auf der Insel deutlich ausbauen. „Die Mallorquiner selbst müssen wieder verstehen, wie wichtig es ist, einheimische Erzeugnisse zu konsumieren", argumentiert Oliver. Und Mayol ergänzt: „Der Kauf von mallorquinischen Produkten kommt in ­diesem Jahr einer Solidaritätserklärung gleich - wir brauchen die Unterstützung der Residenten mehr denn je."