Nur jede vierte Miet-Finca auf Mallorca ist zur Zeit belegt. Nach den Reisewarnungen durch zunächst Großbritannien und anschließend Deutschland und weiteren Ländern sei die Saison für Ferienvermieter "miserabel", erklärte der Leiter des Verbands der Fincavermieter auf Mallorca, Jordi Cerdó, am Dienstag (25.8.) im Gespräch mit der MZ. Um die Verluste auszugleichen, fordert der Verband von der Balearen-Regierung rechtliche Ausnahmeregelungen für die kommenden zwei Jahre: Reduzierung der Müllgebühren, Aussetzung der Touristensteuer, vorläufiger Stopp der Vergabe weiterer Lizenzen sowie die Option auf Langzeitvermietung.

Eine Bilanz zur aktuellen Situation zog der Verband zusammen mit dem deutschen Unternehmen Fincallorca bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag in Palma de Mallorca. Nach Ende des Alarmzustands im Juni und im Juli habe die Belegung der mietbaren Inselfincas bei rund 65 Prozent gelegen. Als Großbritannien die Pflichtquarantäne für Reiserückkehrer wieder einführte, sank der Wert auf 40 Prozent. Nach der zusätzlichen Reisewarnung aus Berlin fiel die Belegung auf 30 Prozent. "Die Tendenz ist weiter fallend", klagt Cerdó. "Am heutigen Tag, 25. August, sind es 27 Prozent."

Dennoch hoffen die Vermieter, dass sich die Situation im September deutlich verbessern könnte. Denn das Stornieren der bereits gebuchten Finca-Aufenthalte ist im Gegensatz zu vielen Hotelaufenthalten nicht kostenlos für den Kunden, wie Cerdó erklärt. "Während des Ausnahmezustands durfte man nicht reisen und die Kunden haben den vollen Preis erstattet bekommen. Aber jetzt gibt es nur eine Reisewarnung. Wer deswegen nicht kommen will, erhält die Hälfte des Preise rückerstattet", so Cerdó. Wer also seinen Urlaub jetzt absagt, könne sich entweder den halben Preis auszahlen lassen oder einen über diese Summe reduzierten Aufenthalt für das kommende Jahr buchen. Kostenloses Umbuchen, wie es zur Zeit meist bei Flugreisen oder Hotelaufenthalten angeboten wird, gebe es beim Mieten einer Finca nicht.

"In der Branche gilt das Mietrecht und nicht das Recht für Pauschalurlaub", erklärt Ralf zur Linde, der das Unternehmen Fincallorca einst gegründet aber jüngst verkauft hat. Deshalb werden die meisten Mieter ihren Urlaub wahrscheinlich wahrnehmen, schätze er. "Bei meinen beiden Fincas, die ich auf Mallorca vermiete, gab es keine Absagen", bestätigt er der MZ am Telefon. Ob das auch für den Rest der Branche zutreffen wird, sei im Moment "sehr schlecht einzuschätzen", meint hingegen Cerdó. "Viele Kunden rufen an und wollen umbuchen. Wenn sie dann erfahren, dass sie die Hälfte des Preises verlieren, überlegen sie es sich noch einmal und kommen dann trotzdem", so Cerdó.

Da diese Entscheidung aber häufig erst im letzten Moment getroffen werde, ließe sich für den Monat September und den Rest des Jahres nur sehr schwer eine Prognose abgeben. Man erlebe eine Veränderung des Buchungsverhaltens, so der Verbandsvorsitzende. Man sei es gewohnt, Buchungen "ein Jahr im voraus" zu erhalten. Nun habe sich der Markt auf "Last-Minute-Entscheidungen" eingeschossen.

Um die Ausfälle in diesem ungewöhnlich schlechten Jahr wettzumachen, fordert der Verband Zugeständnisse von der Balearen-Regierung. Die Touristensteuer, die Ferienvermieter meist als Pauschalgebühr und unabhängig vom tatsächlichen Besucheraufkommen zahlen, solle zwei Jahre lang aufgehoben werden. "Wir können kein Geld bezahlen, das wir nicht einnehmen", so Cerdó. Außerdem wolle man weniger Müllgebühren zahlen, weil ja auch tatsächlich weniger Abfall angefallen sei.

Besonders wichtig sei dem Verband die Flexibilität in Sachen Langzeitvermietung. Ferienvermieter seien durch ihre Lizenz daran gebunden, keine Urlaubsfinca an denselben Mieter länger als vier Wochen zu vermieten. "Es gibt aber jetzt vermehrt Anfragen, zum Beispiel den Winter auf Mallorca zu verbringen", berichtet Cerdó. Statt eine Gesetzeslücke zu suchen und zum Beispiel vier Wochen in der einen und vier Wochen in einer anderen Finca zu vermieten, wolle man eine flexiblere Lösung für die kommenden zwei Jahre mit der Balearen-Regierung aushandeln. So könne man sich an das Gesetz halten und nicht das gesamte Geschäft verlieren. /tg

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