Die Art und Weise, wie die Kanaren die für sie so wichtige Wintersaison retten wollen, wird immer deutlicher - und könnte vorwegnehmen, wie solche Urlaubskorridore mittelfristig auch auf Mallorca aussehen könnten. Erster Schritt ist die Wiederaufnahme des Pauschalurlaubs seitens des deutschen Touristikriesen Tui und der mit ihm verbündeten mallorquinischen Hotelgruppe Riu, einer der größten Tui-Aktionäre. Die ersten Urlauber sollen bereits ab diesem Samstag (3.10.) eintreffen, und dies trotz der weiterhin bestehenden Reisewarnung der Bundesregierung.

In einer Testphase, die an das sogenannte Pilotprojekt zur Rückkehr der Urlauber Ende Juni auf Mallorca erinnert, sollen es zunächst bis zu 2.000 Urlauber pro Woche sein, die in sieben bis zehn Flügen anreisen, wie TUI-Sprecher Aage Dünhaupt der MZ bestätigte. Bei anziehender Nachfrage könne dieses Kontingent aber weiter aufgestockt werden. Der Tui-Deutschland-Chef Sebastian Ebel hatte die Details am Mittwoch (30.9.) in einer Videokonferenz mit dem kanarischen Ministerpräsidenten Ángel Víctor Torres und der dortigen Tourismusministerin Yaiza Castilla besprochen.

Wichtiger Punkt: In Abhängigkeit von den Infektionszahlen ihrer Heimatregion und auf freiwilliger Basis sollen den Urlaubern bei ihrer Ankunft auf den Kanaren "selektive" Antigentests angeboten werden, die schon in etwa einer Stunde Aufschluss über eine Corona-Infektion liefern.

Auch vor Abflug

Der auf den Kanaren entwickelte Plan geht darüber aber noch weit hinaus. So wünscht sich die Landesregierung eigentlich PCR-Tests für sämtliche ankommenden Reisenden. An den acht Flughäfen sowie in den Häfen der Inseln sollen dann Teams bereitstehen, die die Urlauber auf das Protokoll hinweisen und die Tests durchführen. Mehr noch: Stunden vor ihrer Abreise soll den Urlaubern, sei es in ihren Unterkünften oder in Privatkliniken, ein weiterer Test ermöglicht werden. Der Einsatz der neuen Schnelltests könnte dieses Prozedere wesentlich erleichtern.

Die Landesregierung hat auch schon ausgerechnet, was das kosten würde: etwa 1 Million Euro im Monat. Damit könne dann aber auch die Sicherheit von 2 Millionen im November und Dezember erwarteten Reisenden gewährleistet werden. Aus welchem Haushaltsposten das Geld für die Tests kommen soll, ist unklar: Die Kanaren-Regierung wünscht sich eine Beteiligung der Privatwirtschaft. Außerdem gibt es noch politische, rechtliche und bürokratische Hürden zu überwinden: Die Kontrolle von Einreisenden aus dem Ausland unterliegt eigentlich den Behörden und Polizeiapparaten der Zentralregierung, die das bisher nicht aus der Hand geben mag.

Neuinfektionen nähern sich dem Schwellenwert

Dass Kanaren-Urlaub wieder möglich wird, hängt dabei stark von der Entwicklung der Infektionszahlen ab. Auf den Kanaren wird darauf verwiesen, dass sich die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern wieder dem von der Bundesregierung gesetzten Schwellenwert von 50 nähern.

Sollte sich dieser Trend bestätigen, könne Berlin die Reisewarnung binnen von zwei Wochen wieder aufheben, hofft Tui-Deutschland-Chef Sebastian Ebel laut der MZ-Schwesterzeitung "La Provincia". Am Donnerstag (1.10.) lag diese sogenannte 7-Tages-Inzidenz für die Kanaren laut Zahlen des spanischen Gesundheitsministeriums bei 53,82.

Alles in allem ein Vorbild also für Mallorca und seine Nachbarinseln, wo die Inzidenz ebenfalls fällt und die Strategie der Kanaren genau verfolgt wird. Auch auf den Balearen richtet sich jetzt die Aufmerksamkeit auf die neuen Schnelltests: Die Landesregierung hat bereits 150.000 davon erworben und plant weitere Zukäufe. Die Antigentests können in vielen Bereichen eingesetzt werden - genannt werden zum Beispiel die Seniorenheime -, aber eben auch am Flughafen zur Kontrolle der Einreisenden.

Das sagt die Balearen-Regierung

"Die PCR-Tests am Flughafen werfen viele Probleme auf", sagte die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol am Donnerstag (1.10.). "Sollte sich herausstellen, dass die Schnelltests funktionieren, würde uns das Kontrollmöglichkeiten eröffnen, obwohl es dafür Vereinbarungen auf höheren Regierungsebenen bedarf." Auch auf Mallorca und den Nachbarinseln wolle man so schnell wie möglich "sichere Korridore" einrichten, sagte die balearische Gesundheitsministerin Patricia Gómez. Man erörtere mögliche Lösungen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe und den beteiligten Ministerien der Zentralregierung in Madrid. Ob die allerdings noch rechtzeitig kommen, bezweifelt zumindest Tui-Sprecher Dünhaupt: "Auf Mallorca ist die Saison im Prinzip für uns gelaufen", sagt er der MZ.