José María Jiménez leitet bei der Nationalpolizei auf den Balearen die Einheit zur Bekämpfung der irregulären Einwanderung und des Menschenhandels. Im Interview spricht er über den Anstieg der Migranten, die über den Seeweg nach Mallorca kommen.

Noch nie sind so viele Boote mit Migranten auf die Balearen gelangt wie in diesem Jahr. Woher rührt der Anstieg im Jahr der Pandemie?

Die kriminelle Organisationen, die Menschenhandel betreiben, haben es ausgenutzt, dass viele Auffanglager geschlossen sind, um Corona-Ansteckungen zu verhindern. Die Nachricht, dass die Ankömmlinge bei ihrer Ankunft nicht eingesperrt und zurückgeschickt werden, hat sich unter den Banden herumgesprochen. Daher der Anstieg.

Die Mehrheit kommt aus der Stadt Dellys in Nordalgerien. Was geschieht mit den Menschen, die von dort aus auf die Balearen übersetzen?

Wer auf irregulärem Weg auf die Balearen gelangt, bekommt einen Abschiebungsbescheid und darf dann auch in Zukunft nicht in Spanien einreisen. Sobald die Pandemie es erlaubt, werden sie in ihre Heimat zurückgeschickt. Derzeit werden sie nach Barcelona gebracht. Auf den Inseln sind sie nur auf der Durchreise. Viele der Algerier wollen nach Frankreich. Da ihr Hei­mat­land eine ehemalige französische ­Kolonie ist, erwarten sie dort bessere ­Bedingungen. Sie werden in die Sozialversicherung auf­genommen und bekommen staatliche Hilfen.

Ziehen denn alle, die hier ankommen, weiter nach Frankreich, oder bleiben auch ­welche auf den Balearen?

Wir gehen davon aus, dass etwa 80 oder 90 Prozent der Menschen, die aus Algerien mit ­Booten übersetzen, nach Frankreich weiterziehen. Ihr erstes Ziel ist es, den Schengen-Raum zu ­erreichen. Derzeit wissen viele, dass man sie momentan nicht in ihr Land zu­rück­schicken kann, wie es norma­lerweise der Fall ist. Diese ­Menschen sind keine Verbrecher. Sie ­kommen, um zu arbeiten und sich durchzuschlagen, so wie wir ­Spanier es seinerzeit in der Schweiz getan haben.