Mallorca ist eine Pferdeinsel. Der Trabsport ist quasi in der DNA der Mallorquiner verwurzelt, auch Dressurreiten und Pferdezucht haben Tradition auf der Insel. Daraus müsste sich doch Kapital schlagen lassen, hat sich jetzt der Inselrat gedacht und eine Strategie vorgestellt, mit der Reiturlaub auf der Insel beworben und gleichzeitig - wieder einmal - die touristische Nebensaison belebt werden soll.

Das Potenzial für diese Art von Urlaub auf Mallorca sei groß, so heißt es. Inselrats­präsidentin Catalina Cladera stellte kürzlich ­passenderweise auf der Trabrennbahn in ­Manacor die Ergebnisse einer Marktstudie vor, die sich hoffnungsvoll liest. Unter anderem fand man heraus, dass 16 Millionen Urlauber weltweit Angebote wie Reiterferien suchten. Hauptsächlich sollen das laut der Studie Frauen zwischen 40 und 60 Jahren sein, die normalerweise zwischen sieben und zehn Tagen am Reiseziel verbringen. Die wichtigsten Quellmärkte in Europa sind demnach Deutschland, Großbritannien und Frankreich - Länder, aus denen ohnehin jetzt schon die meisten Mallorca-Urlauber kommen. Auch in China und den USA gebe es Interesse an Reiturlauben, aber hier sei der Markt noch nicht so gefestigt, so die Studie.

Klingt erst einmal vielversprechend, aber auf der Insel sind viele, die in dem Bereich aktiv sind, zunächst einmal überrascht. „Ich habe das erste Mal von der Initiative in der Zeitung gelesen, niemand hat mich auf das Vorhaben angesprochen. Ich bin schon ein bisschen pikiert", beklagt sich Michael Geiss am Telefon. Der Kölner hat nahe Llucmajor das Horse Ranch Hotel gebaut, ein Fünf-Sterne-Hotel mit angeschlossener Reitanlage.

Zumindest zur Präsentation in Manacor eingeladen war dagegen Miquel Viver, der in der Nähe von Port d'Alcúdia die Pferderanch Rancho Ses Roques betreibt und seit 27 Jahren Reiturlaub auf der Insel anbietet. „Aber auch mich hat man vorher nicht in das Vorhaben eingeweiht", wundert sich Viver im Gespräch mit der MZ.

Und auch Andrea Holze, die gemeinsam mit ihrer Schwester die Pferde-Finca „Caballo Blanco" bei Montuïri leitet, war über die Präsentation des Inselrats etwas erstaunt. „Ich weiß überhaupt nicht, wer das genau organisiert, an wen ich mich wenden muss", erzählt sie der MZ. Vom Inselrat sei vorher niemand auf die Branche zugekommen. „Dabei wäre das doch so einfach gewesen. Ich habe während des Lockdowns über 70 Clubs und An­bieter angeschrieben, um eine gemeinsame Petition für finanzielle Hilfen zu starten. Diese Kontakte hätte der Inselrat doch auch schon vorher herstellen können", sagt Holze.

Am Strand reiten ist nicht

Genau wie Miquel Viver sieht sie sehr wohl Potenzial für einen Ausbau der Reitferien auf der Insel. „Wir haben schon in diesem Jahr, trotz Corona, eine Steigerung der Gästezahlen gesehen", sagt Holze. Miquel Viver hat bereits in den vergangenen Jahren eine erhöhte Nachfrage ausgemacht. Speziell im Sommer kämen viele Urlauber auf seine Ranch, die Interesse an geführten Ausritten am Strand entlang oder durch die Berge hätten. „In der Haupt­saison ist das aber normalerweise aufgrund der Menge an Touristen nicht möglich, schon gar nicht am Strand", sagt Viver.

Michael Geiss ist da skeptischer. Natürlich gebe es den ein oder anderen, der in seinem Mallorca-Urlaub auch mal reiten gehe, gerade Familien suchten derartige Angebote. „Aber das ist nichts, womit man Massen an Urlaubern anziehen kann", glaubt Michael Geiss. Zumal sich noch einiges tun muss, damit ­Mallorca in der Nebensaison als Reitinsel überhaupt funktionieren kann. Zunächst ­einmal müssten zahlreiche Verordnungen ­geändert werden, nach denen Pferde vielerorts auf der Insel gar nicht erlaubt seien, sagt Miquel Viver. So dürfe man in der Neben­saison zwar an den Stränden der Gemeinde ­Alcúdia reiten, aber schon nicht mehr in der Nachbargemeinde Santa Margalida, zu der die ausgedehnte Playa de Muro gehört. (Eine Ausnahme bilden die Reitausflüge auf dem ­öffentliche Landgut Son Real in Can Picafort - bei der dazu notwendigen Querung der viel befahrenen Ma-12 ist es am vergangenen 24. Oktober zu einem tödlichen Unfall gekommen).

Auch bei Lizenzen für den Bau von Infrastruktur müsse sich noch vieles ändern, kri­tisiert Michael Geiss. „Ich habe mehrere Jahre auf eine Baugenehmigung gewartet, auch die geplanten Poloplätze auf der Insel bekommen einfach keine Lizenz." Wenn man Reit­urlaub auf der Insel bieten wolle, müsse man auch die Infrastruktur dafür bereitstellen, ­gerade in Zeiten, in denen der Qualitätstourismus propagiert werde.

Die langsamen Mühlen der Bürokratie auf Mallorca machen auch Miquel Viver Sorgen. Er hat erfahren, dass der Inselrat nun etwa alle eineinhalb Monate ein Treffen mit Branchenvertretern plane, um die Details und die weitere Vorgehensweise zu besprechen. „So wird das in diesem Herbst und Winter schon mal nichts mit Reiturlaub, das dauert alles viel zu lang", befürchtet Viver. Er rechnet damit, dass gut und gern zwei bis drei Jahre ins Land ziehen können, bis das Konzept stehe und konkrete Projekte in die Wege geleitet seien. „Aber dann ist vielleicht die Pandemie vorbei und der Massentourismus auf der Insel zurück. Wer erinnert sich dann noch an diese Initia­tive mit dem Reiturlaub?"