Viele Landwirte auf Mallorca, die ihre Produkte an Restaurants und Hotels verkaufen, bleiben wegen der Corona-Krise auf ihrer Ernte sitzen. Andererseits gibt es immer mehr Familien auf der Insel, die auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Das balearische Landwirtschaftsministerium kauft deswegen den Bauern einen Teil ihrer Ernte ab und überlässt ihn Sozialeinrichtungen, damit die Lebensmittel unter den Opfern der Wirtschaftskrise verteilt werden können. Bezahlt wird dies mit Einnahmen aus der Touristensteuer.

Die 2016 eingeführte Urlauber-Abgabe, die eigentlich in erster Linie in Nachhaltigkeitsprojekte fließen soll, ist mit dem Ausbruch der Pandemie zu einem Anti-Corona-Fonds geworden. Viele bereits genehmigte Projekte wurden auf Eis gelegt, um Gelder für die Bekämpfung der Pandemie und deren Folgen freizumachen. Betroffen sind 48 Projekte, die Investitionen in Höhe von 62 Millionen Euro vorsahen. Dabei handle es sich um Vorhaben, bei denen man noch keine finanziellen Verpflichtungen eingegangen sei und die als nicht strategisch eingestuft seien, so ein Sprecher des Finanzministeriums gegenüber der MZ. Zudem könne man eventuell die Mittel aus anderen Quellen wie EU-Fördertöpfen beziehen.

Grundlage ist ein Gesetz, das auch die Oppositionsparteien El Pi und Ciudadanos mitgetragen haben. Betroffen sind Projekte der Jahre 2016 bis 2019 - einige von ihnen waren offensichtlich ohnehin nicht weit gekommen. Unter den geparkten Vorhaben ist etwa die seit Jahren angekündigte neue Beleuchtung für die Playa de Palma, die Renaturierung des Sturzbachs Jueus in Arenal oder die Verschönerung des Parc de la Mar an der Kathedrale. Auch die Verlängerung der Metro-Linie bis zum Parcbit steht auf dieser Streichliste.

Die Prioritäten sind jetzt andere. Neben dem Projekt für die Abnahme landwirtschaftlicher Produkte, in das rund 500.000 Euro fließen, werden etwa zinslose Darlehen für mittlere und kleinere Betriebe finanziert, denen durch Corona das Aus droht. 7,2 Millionen der insgesamt 200 Millionen Euro, die abgerufen werden können, stammen aus der Touristensteuer. „Wir haben bislang die Auszahlung von148 Millionen Euro an mehr als 1.700 Betriebe und Selbstständige genehmigt", so ein Sprecher des Finanzministeriums. Die Antragsfrist wurde bis 15. Dezember verlängert.

15 Millionen Euro aus der Touristensteuer fließen außerdem an die Gemeinden, um mit Investitionen in nachhaltige Projekte für Aufträge zu sorgen. 1,2 Millionen Euro gehen an ein Arbeitsbeschaffungsprogramm: Sozial benachteiligte Personen sollen mit in Umweltschutzgebieten anfallenden Arbeiten beschäftigt werden.

Flossen die Einnahmen aus der Touristensteuer bis vergangenes Jahr reichlich, hat das balearische Tourismusministerium die Erwartungen für dieses Jahr infolge des Einbruchs der Besucherzahlen deutlich zurückgeschraubt. Gerechnet wird mit 37,7 Millionen Euro - rund 70 Prozent weniger als ursprünglich erwartet. Dieser Betrag wird vollständig in einen Fonds fließen, den der Haushalt des kommenden Jahres für pandemiebedingte Zusatzausgaben vorsieht und der dank Touristensteuer einen Betrag von knapp 80 Millionen Euro enthalten wird.

Die Hoteliers, die in ihrer großen Mehrheit nach dem Prinzip der „objektiven Schätzung" auf der Basis von Zahlen des Statistikamts die eingenommene Touristensteuer an die Regierung abführen, hätten eigentlich im September eine erste Zahlung leisten müssen - 50 Prozent der geschätzten Jahreseinnahmen. Nachdem die Einnahmen aber letztlich deutlich geringer ausgefallen sind, wird erst im Januar Zahltag sein. Das auf den Weg gebrachte Haushaltsgesetz sieht zudem vor, dass erst im Mai abgerechnet wird, wenn alle Zahlen auf dem Tisch liegen.