November 2020. Mittlerweile ist ganz Mallorca vom Coronavirus befallen. Ganz Mallorca? Nein - ein kleines Bergdorf namens Fornalutx hat nach wie vor keinen einzigen Fall von Covid-19 zu verzeichnen. Woran liegt das, was machen die ­Bewohner anders als in den an­deren Orten auf der Insel? Wir begeben uns auf Spurensuche ins ­Tramuntana-Gebirge.

Auf der Hauptstraße ist Biel unterwegs, mit einer Einkaufstüte und vorbildlich mit Maske. „Ich verstehe das nicht", sagt er. „Die Leute gehen abends in die Bars, dazu kommen am Wochenende massenhaft Ausflügler und Wanderer von der ganzen Insel." Fornalutx sei ja nicht von der Außenwelt abgeschnitten. Viele Einwohner arbeiten in Sóller und Palma. Ob es an der guten Luft oder der gesunden Ernährung liegt? Biel überlegt kurz und zeigt dann auf die Bergketten der Serra de Tramuntana. „Schau doch, wir leben hier im Paradies. Vielleicht kennt das Virus den Weg ins Paradies nicht."

Kann das die Lösung sein? Im Supermarkt am Hauptplatz, der sinnigerweise Ca'n Corona (Bei Corona) heißt, hat man keine so philosophische Erklärung dafür, dass ­Fornalutx bisher von Infektionen verschont ­geblieben ist. „Es war am Anfang ein ziemlicher Kampf, bis sich die Einwohner mal die Masken aufgesetzt haben. Vor allem die Leute im mittleren Alter haben sich gesträubt", erinnert sich die Angestellte an der Kasse, die aber eigentlich nicht gern mit der Presse redet und auf ihre Kollegin Antònia an der ­Fleischtheke verweist. „Die erzählt gern was." Vielleicht sei der Name ihres Supermarktes ja ein Omen gewesen und habe Unheil von den Bewohnern ferngehalten, meint sie noch.

Antònia hat tatsächlich ein paar Erklärungsansätze für die entspannte Situation in Fornalutx. „Die Menschen bleiben viel mehr zu Hause als früher. Außerdem befolgen die Bars und Restaurants die Hygieneregeln wirklich vorbildlich. Und die meisten Einwohner hier verzichten auf große Familientreffen."

Beim Verlassen des Supermarktes steht ein Mann ohne Maske auf dem Platz. „Es sind immer dieselben, die die Regeln nicht befolgen", ruft Antònia uns nach. „Aber so kommt er bei uns nicht in den Markt, das ist klar."

Eine dreiköpfige tschechische Familie läuft die Treppen zur Hauptstraße hinunter. Dass Fornalutx der einzige Ort auf Mallorca ohne bestätigten Corona-Fall ist, nehmen die Urlauber erfreut zur Kenntnis. Untergebracht sind sie in Santanyí. Sicher fühlen sie sich bisher überall, sagen sie.

Der Apothekerin des Ortes ist das „Wunder von Fornalutx", wie sie es nennt, nicht ganz geheuer. Sie verschanzt sich in ihrem Laden hinter Plexiglasscheiben und zieht ihre Maske nie ab, wie sie sagt. „Wir verhalten uns aber schon sehr vorbildlich im Ort", ist ihre Erklärung. Mehr will sie dazu nicht sagen.

Redseliger ist dafür Maria Rosa Reynés, die gerade den kleinen Garten vor der Pfarrkirche säubert. Sie lebt in der Straße gegenüber und kann sich kaum erklären, wieso Fornalutx coronafrei ist. „Wenn man so manche Dorfbewohner am Abend auf der Plaça sieht, wie sie sich umarmen und tanzen, verstehe ich es nicht." Sie allerdings lege viel Wert auf Vorsichtsmaßnahmen. Nach Palma fahre sie seit Beginn der Pandemie nicht mehr, die Familie sehe sie zwar, aber selten. Dass Gott seine schützende Hand über Fornalutx gelegt hat, glaubt sie indes nicht. „Die ­Menschen hier sind nicht sehr gläubig. In die Kirche kommen nur die Alten, immer die­selben 25 bis 30 Leute", sagt sie, seufzt und schleppt mehrere Blumentöpfe in den Garten.