Der Mai ist in der Regel ein kritischer Monat für den Verkehr auf Mallorca. Die Anzahl an Autos auf den Straßen steigt durch die Mietwagen der Touristen. Die Sommerhitze ist noch nicht da, weshalb noch zahlreiche Gruppen an Radfahrern auf der Insel trainieren. Unfälle sind ob der Menge der Verkehrsteilnehmer quasi vorprogrammiert. Anders im Corona-Jahr 2020. Der Mai war der einzige Monat, in dem es keinen tödlichen Verkehrsunfall auf den Balearen gab. Nicht nur das. Auch im Jahresvergleich war die Anzahl an Verkehrstoten auf dem niedrigsten Punkt seit 1960. 35 Menschen sind im vergangenen Jahr bei einem Verkehrsunfall oder an den Folgen gestorben.

Todeszeitpunkt entscheidend

Die spanische Verkehrsbehörde hatte 1960 mit der Erfassung dieser Daten begonnen. Sie zählt nur jene Unfallopfer, die beim Unfall oder in den 24 Stunden danach verstarben. Das war 2020 auf den Balearen 33 Mal der Fall. Für die obige Kurve hat die MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca" jedoch auch jene Personen gezählt, die erst später an den Folgen des Unfalls verstarben. Dazu gehört etwa die Reiterin, die im Oktober in Can Picafort mit einem Kleinwagen kollidierte und eine Woche später im Krankenhaus verstarb.

Der Vergleich mit den 60er-Jahren ist auch deswegen beeindruckend, wenn man bedenkt, dass etwa 1961 gerade einmal 4.000 Autos auf den Balearen gemeldet waren. In der heutigen Zeit ist es rund eine Million Fahrzeuge.

Geringe Strafen

Von einem wohl auf die Ölkrise zurückzuführenden Einbruch Anfang der 70er-Jahre abgesehen hatte die Anzahl der Opfer bis 1989 stetig zugenommen. Bessere Sicherheitsvorkehrungen und strengere Verkehrsregeln trugen von da an zu einem Rückgang bei. Einen großen Einschnitt gab es noch einmal 2008. Zwei Jahre zuvor wurde das Punktesystem beim Führerschein eingeführt, und im Dezember 2007 war noch eine deutliche Erhöhung der Strafen für Verkehrsdelikte hinzugekommen.

Ob die Sanktionen hoch genug sind, steht auf einem anderen Blatt. Für die Angehörigen der Opfer sind sie es nicht. Unfallfahrer, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss standen, droht bis zu vier Jahren Haft. Doch oftmals sind es kurze Haftstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Erst vor zwei Wochen entschied ein Richter auf eine vierjährige Bewährungsstrafe und einen dreijährigen Führerscheinentzug für einen Spanier, der 2019 nach einer Partynacht auf einer Straße nahe Muro für einen tödlichen Unfall verantwortlich war.

Der Lockdown hat geholfen

Schon vor der Pandemie war die Anzahl der Verkehrstoten auf Mallorca 2020 gering. Im Januar starb ein Lieferwagenfahrer, dessen Fahrzeug sich auf der Inca-Autobahn überschlug. Im Februar waren es zwei Tote. Im März starb ein Fahrer noch am Vortag des Lockdowns, der den Verkehr auf der Insel drastisch einschränkte. Während der knapp zweimonatigen Ausgangssperre starb nur eine Person auf den Straßen.

Mit der Lockerung der Corona-Maßnahmen im Sommer stieg die Anzahl an Unfällen wieder. Im Juni waren es fünf Verkehrstote, weitere vier im Juli. August war mit sieben Opfern der schlimmste Monat des Jahres. Im Herbst und Winter gab es nur wenig Besserung. Im September starben drei Personen, sechs im Oktober, zwei im November und drei im Dezember. Von den 35 Verkehrstoten vergangenes Jahr waren 16 mit dem Auto unterwegs, elf saßen auf Motorrädern. Fünf Fußgänger, zwei Radfahrer und eine Reiterin starben.

Neue Regeln 2021

Um die Straßen noch sicherer zu machen, gelten 2021 neue Regeln. Ziel ist es, die Anzahl an schweren Unfällen in den kommenden zehn Jahren zu halbieren. Innerorts darf in Spanien auf einspurigen Straßen nur noch mit 30 km/h gefahren werden. Beim Überholen darf die Höchstgeschwindigkeit nur noch um 20 km/h überschritten werden. E-Roller dürfen nicht schneller als 25 km/h fahren. Für Handy am Steuer muss man künftig sechs statt drei der insgesamt 15 Punkte abgeben. Wer sich nicht anschnallt, gibt vier statt drei Punkte ab.