Ab dem 3. Juli 2021 ist die Herstellung von Einwegplastik in der gesamten EU nicht mehr erlaubt. Einwegbesteck aus Kunststoff, Einweg-Plastikteller, Trinkhalme aus Plastik und Wattestäbchen aus Kunststoff sind dann verboten. Auf Mallorca und den Nachbarinseln sollen ähnliche Regelungen auf regionaler Ebene sogar noch strenger ausfallen - und früher in Kraft treten als anderswo in der EU. Bereits ab dem 20. März dürfen die "productos de un solo uso" nicht mehr im Gebrauch sein, Hotels und Restaurants müssen dann auch auf Einweg-Trinkflaschen verzichten, die Supermärkte und Drogerien dürfen keine nicht recycelbaren Kaffeekapseln und Einwegrasierer mehr im Angebot haben.

„Was das angeht, sind wir europaweit Pioniere, ganz klar", sagt Sebastià Sansó stolz. Als Generaldirektor für Abfälle im balearischen Umweltministerium war er federführend an der Ausarbeitung des neuen Abfallgesetzes beteiligt, das Einwegplastikverbot auf den Inseln ist seit Jahren sein Steckenpferd. „Schon als wir Anfang 2018 den Gesetzentwurf verabschiedet haben, waren wir der EU um einige Monate voraus", so Sansó. Eigentlich hätte er es gern gesehen, wenn auch die Umsetzung deutlich früher erfolgt wäre. Geplant war, bereits ab Januar 2020 die nicht wiederverwertbaren Produkte auf den Inseln aus dem Verkehr zu ziehen. Aber bis alle bürokratischen Hürden genommen waren, dauerte es - und durch die Pandemie wurde der Starttermin noch einmal verschoben, von Januar auf März 2021.Was genau wird verboten?

„Die EU-Regelung und die regionale Gesetzgebung ergänzten einander ausgezeichnet", so Sansó weiter. Während Brüssel zum Beispiel die Nutzung bestimmter Kunststoffnetze in der Fischerei und die Plastikhalterung von Luftballons untersagt, verbietet die Gesetzgebung auf den Balearen auch einzeln verpackte kleine Ketchup- oder Mayonnaise-Päckchen und Wegwerf-Feuerzeuge. Auch Plastikfolien, die beispielsweise Getränke-Sixpacks zusammenhalten, sind bald tabu.

„Beide Regelungen zusammen ergeben einen weitreichenden Schutz für die Umwelt und reduzieren das Abfallaufkommen immens", sagt Sansó. Um Unternehmer, aber auch Verbraucher nicht zu verwirren, hat das balearische Umweltministerium mehrsprachige und leicht verständliche Richtlinien-Führer erstellt, die online einsehbar sind (residus.caib.es). „Auf Katalanisch und Spanisch sind sie bereits im Netz, Übersetzungen ins Deutsche und Englische folgen noch", sagt Sebastià Sansó.

Gegner und Befürworter

In den vergangenen Jahren haben Sansó und seine Mitstreiter immer wieder auch Kritik für ihr Vorhaben einstecken müssen. Mehrere multinationale Konzerne - darunter Nestlé, Kellogg's und Pepsico - erwogen, die regionale Gesetzgebung rechtlich anzufechten. Auch Madrid hatte Zweifel, ob die Landesregierung mit diesem Markteingriff ihre Kompetenzen überschritt. Letztlich aber gab das spanische Verfassungsgericht den Balearen recht.

Auch auf Mallorca sind nicht alle Gastronomen und Hoteliers von den neuen Reglungen begeistert, manche fürchten Mehrkosten. „Das muss aber gar nicht so sein", sagt Sansó. Zwar müssten die Unternehmer anfangs investieren, um sich umzustellen. „Aber dafür fallen dann ja die Kosten für Plastikbecher, Einwegflaschen und Ähnliches weg."

Viele andere Unternehmen - darunter Supermärkte, Hotelketten oder Gastronomen - hätten jedoch schon kurz nach der Verabschiedung des Gesetzentwurfes eine Kehrtwende gemacht. Ganz nach dem Motto: Wenn wir schon etwas ändern müssen, wollen wir wenigstens Vorreiter sein. Das käme auch bei den Kunden an, meint Sansó. „Ein Großteil der Bevölkerung heißt unser Vorhaben gut, es geht einher mit einem Mentalitätswandel hin zu mehr Nachhaltigkeit."

Strafen und Corona

Obwohl das Balearen-Gesetz am 20. März in Kraft tritt: Allzu streng wolle man Verstöße in den ersten Monaten nicht ahnden. „Wir sind uns bewusst, dass die Pandemie einiges durcheinandergeworfen hat. Einige Gastronomen haben noch Einwegtrinkhalme auf Lager, weil ihr Betrieb wegen Corona geschlossen ist. Wir sind natürlich die Letzten, die wollen, dass alles ungenutzt weggeworfen wird", so Sansó. Man müsse anfangs eine Balance zwischen dem Nötigen und dem Möglichen finden. Gleiches gelte auch für die Hygienemaßnahmen. „Produkte sind nicht automatisch Corona-sicherer, weil sie nur einmal benutzt werden. Aber natürlich stimmen wir uns da mit dem Gesundheitsministerium ab."

Bald auch das Pfand

Jetzt, wo sein „Baby" in trockenen Tüchern ist, hat Sansó auch schon ein weiteres Vorreiter-Projekt in Planung: Im Sommer soll auf Formentera die zweijährige Testphase eines Flaschen-Pfandsystems starten, ähnlich dem, das in Deutschland seit 2003 etabliert ist. „Damit wären wir die erste Region Spaniens und die erste Mittelmeerinsel mit Flaschenpfand."