Die „Joven Mimer" schaukelt leicht im Hafenbecken von Cala Ratjada im Nordosten von Mallorca. Es ist Freitagmittag (8.1.) und ein stürmischer Tag. „Heute auszufahren wäre Quatsch", sagt Pep Uceda. Er ist der Bootsführer der „Joven Mimer" und Vor­sitzender der Fischereivereinigung im Ort. Für Laien ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass sein 32 Jahre altes Boot gerade erst mit neuester Technik ausgestattet worden ist. Knapp 60.000 Euro hat der Fischer investiert, um am Heck eine neue Anlage zur Schleppnetzfischerei anzubringen. Umweltfreundlicher und „weniger aggressiv" soll die sogenannte halbpelagische Fangmethode sein. Sie dürfte bald auch an zahlreichen anderen Schleppnetzfischerbooten zum Einsatz kommen, Uceda ist der Erste, der sie nutzt.

„Der grundlegende Unterschied ist, dass die Netze mit der neuen Technik nicht mehr direkt über den Meeresboden gezogen werden, sondern mehrere Meter über dem Grund durchs Wasser schweben", erklärt Uceda. Seit 35 Jahren ist er als Fischer rund um Cala Ratjada unterwegs. „Meine Frau stammt aus einer der alten Fischerfamilien im Dorf. Ich hatte erst als Kellner gearbeitet, heuerte dann aber auf dem Boot meines Schwiegervaters an", sagt der 57-Jährige. Seit Jahren führt er selbst das Boot. Mittlerweile ist auch sein Sohn in der Fischerei tätig. „Man muss modernisieren, auch wenn es finanziell wehtut", findet Uceda.

Alles, was ins Netz kommt

Unter der Woche ist er - wenn es das Wetter zulässt - von 5 Uhr morgens bis 17 Uhr mit der „Joven Mimer" unterwegs. Ab einer Mindestmeerestiefe von 50 Metern darf er die gewal­tigen Schleppnetze ausfahren. „Wir haben ­verschiedene Netztypen, sie sind etwa 70 bis 80 Meter lang und trichterförmig geschnitten", so Uceda. Mit Glück und Können landen darin ganze Fischschwärme. „Von Kalmar über Tintenfisch, Seezunge, Petersfisch und Seehecht bis hin zu Garnelen fischen wir alles." Entscheidender als die Netze selbst sei aber die Maschinerie, an denen sie befestigt sind. „Es ist ein sehr komplexes System, das wir nun komplett ausgetauscht haben", so der Fischer.

An der rot-weißen „Joven Mimer" ist dieses System blau gestrichen. Es besteht aus zwei türenartigen Metallkonstrukten, die mit einer gewaltigen Winde verbunden sind und ins Wasser gelassen werden können. Beim Fang schwimmen diese „Türen" auf der Wasseroberfläche und regulieren - gesteuert von Menschenhand - Höhe und Winkel, auf der die Netze hinter dem Boot hergezogen werden. „Wir haben ein paar Ausfahrten gebraucht, bis wir die richtige Handhabe draufhatten", berichtet Fischer Pep Uceda. Anfangs seien sogar Techniker der ­dänischen Firma Thyboron mitgefahren, die für die Installation der Maschinerie verantwortlich sind. „So konnten sie nachjustieren und alles genau einstellen."

Bisher mag Uceda über die Anschaffung nicht klagen. „Wir haben in den vergangenen Wochen ähnlich viel gefangen, wie mit den alten Grundschleppnetzen, verbrauchen aber wesentlich weniger Kraftstoff." Die neue Technik wiegt etwa 170 Kilo, rund 430 Kilo weniger als das alte System.

Uceda hofft zudem, rund die Hälfte der ­Anschaffungskosten von der balearischen Landesregierung erstattet zu bekommen. Im Rahmen des europäischen Regionalförderfonds FEMP will das balearische Fischereiministe­rium die Umrüstung der Schleppnetzfischerei auf den Inseln fördern, wie eine Ministeriumssprecherin auf MZ-Anfrage bestätigt. Von 32 Schleppnetzfischerbooten auf den Balearen hätten bereits sechs die Subventionen angefordert. In Cala Ratjada sind die Planungen am weitesten fortgeschritten. Neben der „Joven Mimer" sind auch drei weitere Trawler kurz davor, die maßgefertigte Technologie von der dänischen Firma zu erhalten. „Geplant ist, dass hier ab April alle auf die halbpelagische Fangmethode setzen", so Pep Uceda.

Greenpeace bleibt kritisch

Greenpeace

Dass diese tatsächlich so umweltfreundlich ist, wie die Fischer behaupten, sieht Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace in Deutschland nicht. „Es ist mehr greenwashing als eine wirkliche Besserung, das Ökosystem wird weiter in Mitleidenschaft gezogen", so der Experte. Es sei unmöglich, dass das Netz permanent durchs Wasser gleite, ohne den Meeresgrund zu berühren. „Der Meeresboden ist nicht plan, er wird auch bei halbpelagischer Schleppnetzfischerei immer wieder berührt, und dieses erste Aufsetzen schadet Flora und Fauna am meisten", so Maack. Schwämme, ­Korallen und Muschelarten würden durch die schweren Netze zerstört.

Hinzu kämen die großen Mengen an Beifang, der bei Grundschleppnetzfischerei ins Netz ginge. „Es ist unvermeidbar, dass Schildkröten oder Fische gefangen werden, die unter Schutz stehen. Zwar werfen die Fischer sie später wieder ins Meer zurück, aber oft sind sie dann schwer verletzt oder tot." Als Alternative sieht Maack, der selbst mehrmals auf Schleppnetzbooten mitgefahren ist, nur herkömm­liche, passive Fangmethoden wie Stellnetze oder Fischfallen. „Da können Tiere, die nicht gefangen werden sollen, meist unversehrt wieder herausgenommen werden."

Im balearischen Fischereiministerium wiegelt man auf Nachfrage ab. „Wenn wir auf Greenpeace hören würden, könnten wir mit der Fischerei ganz aufhören", so die Sprecherin. Die halbpelagische Fangmethode sei durchaus als nachhaltig zu bezeichnen und in anderen europäischen Regionen erprobt. ­Gegen die Überfischung setze man auf Meeresschutzgebiete.