Pendler können die Sprüche der vielen Werbetafeln an den Autobahnen wohl bereits auswendig, und vielen Anwohnern sind sie schon längst ein Dorn im Auge. Palmas Nachbarschaftsverband schätzt die Zahl der Werbetafeln im Stadtgebiet auf etwa 2.000. Gegen 65 davon habe man bereits Anzeige wegen ­fehlender Genehmigung erstattet. Bei der Werbung herrsche „Anarchie", so die Formulierung in einer Pressemitteilung.

So schwer zu übersehen die Schilder sind, so beharrlich haben Mallorcas Politiker jahrelang weggeschaut. „An die 80 Prozent der Werbetafeln sind vermutlich illegal", bestätigt Iván Sevillano, Verkehrsdezernent bei Mallorcas Inselrat. Eine den Unternehmen eingeräumte Frist, um die Werbetafeln genehmigen zu lassen oder abzubauen, ist am Mittwoch (20.1.) verstrichen. Nun sollen andere Saiten aufgezogen werden.

Sevillano meint, es sei ein verzwicktes ­Thema, und er führt aus: „Die Werbetafeln sind eigentlich schon immer verboten. Das Problem ist, dass der Gesetzestext etwas unglücklich ausgedrückt ist und dadurch Grauzonen entstanden." Für die Autorisierung der vallas ­publicitarias an Straßen innerhalb der Ortschaft sind die jeweiligen Rathäuser zuständig, für alle anderen der Inselrat. Zudem hieß es im Gesetzestext, dass die Reklame an Landstraßen verboten ist. „Das Problem ist, dass nicht klar definiert war, wann es sich um Landstraßen handelt", sagt Ivan Sevillano.

Die Firma Malla, mit weitem Abstand Branchenführer, hat das ausgenutzt. Der ­Eigentümer des Grundstücks, auf dem die ­Reklametafel steht, bekommt eine Miete, die öffentliche Hand geht leer aus. Hunderte ­Reklametafeln verschandelten so die Insel und stehen teilweise sogar in Naturschutz­gebieten. Wenn Anzeige erstattet wurde, ­bewerteten die Richter die Streitfälle unterschiedlich. Manchmal bekamen die Kläger recht, manchmal das Unternehmen. Je öfter Letzteres eintraf, umso mehr Präzedenzfälle gab es dadurch. Es war nicht das einzige Problem. „Wir durften pro illegaler Werbetafel nur ein Bußgeld verteilen. Die Strafe, in der Regel zwischen 6.000 und 10.000 Euro, war meist zu verkraften", so Iván Sevillano.

Seit der vergangenen Legislaturperiode sind die Politiker darum bemüht, die Grau­zonen zu beseitigen. Der Gesetzestext wurde mittlerweile geändert, und es heißt klipp und klar, dass ohne Genehmigung an Straßen außerhalb des Stadtgebiets nicht geworben werden darf. Eine Ausnahme gilt für Eigenwerbung an Unternehmenssitzen und ­Geschäften. Ein Baumarkt kann beispielsweise an seiner Fassade für sich selbst werben. Ausnahmen gibt es auch für Wegweiser sowie Tafeln, die Plätze von öffentlichem Interesse bewerben. Wichtig ist, dass keine Firmennamen darauf genannt werden.

„Das Verbot der Schilder an den Straßenrändern hat zwei Gründe: Einerseits geht es um die Sicherheit, da die Verkehrsteilnehmer von den Schildern abgelenkt werden", sagt Iván Sevillano. „Andererseits haben sie einen großen Einfluss auf das Landschaftsbild. Die Tafeln schießen wie Champignons aus dem Boden. Wir können nicht die ganze Insel vollstellen - wie das auf Ibiza teilweise schon geschehen ist."

Die Mitarbeiter der Behörde sind derzeit damit beschäftigt, eine Karte mit den Werbetafeln auf der Insel zu erstellen. Nach dem Ablauf der Frist an die Unternehmen, eine Genehmigung für die Tafeln einzuholen oder sie abzubauen, hat der Inselrat nun andere Möglichkeiten: „Nun können wir Schritt für Schritt dagegen vorgehen. Das Bußgeldverfahren hat sich geändert, sodass wir monatlich eine Strafe eintreiben können. Zudem haben wir nun auch die Befugnisse dafür, Werbetafeln eigenmächtig abzubauen und die Arbeiten dafür den Eigentümern in Rechnung zu stellen", sagt Sevillano.

Das Unternehmen Malla wollte sich auf MZ-Anfrage nicht äußern. „Wir haben im Insel­rat die Änderungen einstimmig beschlossen", sagt Sevillano. Der Dezernent sieht auch einen positiven Nebeneffekt. „Die Werbetafeln ­wurden in der Regel von großen Ketten betrieben. Diese haben sich dadurch einen Wett­bewerbsvorteil gegenüber den kleinen und mittelständischen Unternehmen verschafft." Auch der Verband der kleinen und mittel­ständischen Unternehmen, Pimem, begrüßt die neue Gangart. Man verspreche sich davon mehr Kunden, die ihren Weg bis ins Stadt­zentrum finden und dort in kleineren Läden einkaufen, sagt ein Sprecher.