Als Präsident der balearischen Hafenbehörde lebt man nicht ungefährlich: Bei Joan Gual de Torrella klickten im Juli die Handschellen. Er wird beschuldigt, sich bei der Vergabe von Anlegeplätzen persönlich bereichert zu haben. Die Ermittlungen in dem Fall dauern derzeit an. Sein Vorgänger wurde wegen ähnlicher Vorwürfe festgenommen. Seit September bekleidet nun Francesc Antich den Posten. Der Sozialist war von 1999 bis 2003 sowie von 2007 bis 2011 Balearen-Premier.

Die Pandemie hat den Kreuzfahrttourismus komplett gestoppt. Im Jahr 2019 kamen 590 Kreuzfahrtschiffe nach Palma, vergangenes Jahr waren es gerade mal 42. Was bedeutet das in wirtschaftlicher Hinsicht?

Im Jahr 2019 hatte die Hafenbehörde Einnahmen von rund 84 Millionen Euro, 2020 waren es rund 64 Millionen Euro. Dieser Rückgang kommt allerdings vor allem daher, dass rund 24 Prozent weniger Waren ankamen, die Passagierschiffe machen da nicht so viel aus. In Bezug auf Passagiere hatten wir rund 60 Prozent des Vorjahres. Bei den Kreuzfahrtschiffen waren es aber mehr als 90 Prozent weniger.

Wie sieht es bei den Kreuzfahrtschiffen aus? Gibt es Anfragen der Unternehmen, wann es wieder losgehen könnte?

Ja, die Reedereien erkundigen sich laufend nach Slots für die kommenden Monate und Jahre. Aber alles hängt am Verlauf der Pandemie. Wir sind dabei, mit den Reedereien sowie auch anderen Häfen Protokolle zu erarbeiten, die zum Gesundheitsministerium in Madrid geschickt werden. Und dann warten wir ab, was das Gesundheitsministerium sagt.

Auf den Kanaren fahren die großen Pötte schon wieder. Fühlen Sie sich benachteiligt?

Die Kanaren hatten einen anderen Verlauf der Pandemie. Bis vor Kurzem waren sie deutlich weniger stark betroffen als die Balearen.

Was sagen Sie den Reedereien, die sich jetzt um Anlegeslots auf Mallorca bemühen?

Wir müssen immer sagen, dass es vom Gesundheitsministerium abhängt. Die Unternehmen stehen ja selbst mit ihm in Kontakt. Sie wissen genau, wie die Situation hier vor Ort ist. Wir sehen zwar hoffnungsfroh in die Zukunft, weil die Restriktionen Erfolge zeigen, aber einen konkreten Zeitpunkt für einen Start können wir nicht angeben.

Wie sieht die Kreuzfahrt in Zukunft aus?

Die Unternehmen haben längst ihre Sicherheitsprotokolle erstellt. Darin wird unter anderem die Auslastung der Schiffe gesenkt, es sind auch unterschiedliche Corona-Tests und Landgänge in Kleingruppen vorgesehen.

Welche Auswirkungen haben die Einbußen auf das Tagesgeschäft?

Trotz allem verdient die Hafenbehörde weiter Geld, als eine von wenigen der Branche. 2020 waren es etwa vier Millionen Euro. Das hätten natürlich viel mehr sein müssen. Wir hatten zuvor aber sehr gute Jahre, sodass alle Projekte, die derzeit laufen, weitergehen können.

Was sind das für Projekte?

Wir arbeiten derzeit vor allem an mehr Nachhaltigkeit und statten den Hafen etwa mit Fotovoltaikanlagen oder auch Anlagen für Geothermie und Wasserstoff aus.

Wie sieht es mit dem Landstrom für die Kreuzfahrtschiffe aus, die Abgas- und Lärmbelästigung deutlich reduzieren würden?

An der Mole Pelaires gibt es dieses Projekt bereits für Fähren, die sich direkt an Landstrom anschließen können. Für die Kreuzfahrtschiffe müssen wir das noch angehen.

Ist das jetzt der Moment für ein radikales Umdenken beim Kreuzfahrttourismus?

Die Landesregierung hatte bereits vor der Pandemie mit den Reedereien daran gearbeitet, dass nicht zu viele Schiffe auf einmal in Palma anlegen oder dass kleinere, für das Mittelmeer geeignetere Schiffe kommen. Das gehen wir als Behörde zusammen mit anderen Häfen an, beispielsweise mit Málaga und Dubrovnik.

Vieles wird von Madrid aus geregelt. Könnte die Hafenbehörde in Palma die Ankünfte im Hafen zeitlich entzerren?

Solange Anlegemöglichkeiten vorhanden sind, müssen wir diese anbieten. Wir können aber über Rabattmodelle geringere Gebühren in der Nebensaison oder für freie Zeitfenster anbieten und so die Anlaufzeiten entzerren.

In den vergangenen Jahren waren im Schnitt immer größere Schiffe gekommen. In der Pandemie sind nun wieder kleine Schiffe gefragt, weil da die Infektionsgefahr geringer ist.

Das ist etwas, was wir weiterdenken müssen. Ein Kreuzfahrtschiff in der Karibik ist nicht dasselbe wie im Mittelmeer. Die Häfen hier sind ja viel kleiner.

Ihr Vorgänger musste gehen, weil er bei der Vergabe von Konzessionen für Anlegestellen geschmiert worden sein soll. Sie sagten im Oktober, dass Sie nach Möglichkeiten suchen, den Druck auf die begehrten Anlegestellen zu reduzieren. Sind Sie da schon weitergekommen?

Das ist schwierig, denn den Druck setzt ja der Markt. Wir arbeiten daran, Vergabekriterien anzuwenden, die eine große Rechtssicherheit und Neutralität garantieren. Bei künftigen Konzessionen wollen wir darüber hinaus statt rein wirtschaftlichen Faktoren auch soziale Kriterien berücksichtigen.

Die Anlegegebühren machen rund 50 Prozent der Einnahmen aus. Die Wassersportbranche leidet sehr unter der Pandemie. Geben Sie Nachlässe auf die Anlegestellen?

Die Hafenbehörde kann 20 Prozent der Gebühren erlassen, neben anderen Maßnahmen. Und das tun wir jetzt schon.

Haben Sie sich schon eine Meinung über das Schicksal Ihres Vorgängers gebildet?

Ich kommentiere dieses Thema ungern. Es unterliegt noch dem Ermittlungsgeheimnis, und ich bin da sehr vorsichtig.

Haben Sie Bedenken, auf Ihrem Posten mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten?

Ich mache mir schon Sorgen. Aber ich versuche, nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten und die Ziele zu erfüllen, die sich die Hafenbehörde gesetzt hat.

Ministerpräsidentin Francina Armengol holte Sie auf diesen Posten. Überzeugt sie Sie derzeit als Corona-Krisen-Managerin?

Zunächst mal: Wir stehen vor einer absolut außergewöhnlichen Herausforderung. In einer solchen Situation braucht man die Zusammenarbeit aller. Und da glaube ich, dass die Ministerpräsidentin eine großartige Arbeit leistet, mit einer klaren Vorgabe, jeden einzelnen einzubinden. Jetzt hat sie eine Kabinettsumbildung in die Wege geleitet, um die europäischen Fonds in die richtigen Bahnen zu lenken. Der Dialog ist ihr sehr wichtig.

Sie waren selbst schon Ministerpräsident. Sind Sie erleichtert, dass dieses Amt Sie nicht in diesen Tagen erwischt hat?

Nun ja, mich hat zwar die Pandemie nicht erwischt, was natürlich die härteste Erfahrung ist, die es geben kann. Aber ich hatte dafür mit der Finanzkrise 2008 zu tun. Verglichen mit damals haben wir heute den Vorteil, dass Europa verstanden hat, dass man nur mit Einschnitten nicht weiterkommt. Damals wurde viel kaputtgespart. Diese Formel hat nur dazu beigetragen, dass die Krise schlimmer wurde. Inzwischen antwortet Europa auf die Krise mit Investitionen. Ich glaube, wir haben aus den Erfahrungen gelernt.