Als historischen Durchbruch hat die balearische Ministerpräsidentin die angekündigten Direkthilfen der spanischen Zentralregierung für die Wirtschaft auf den Balearen gefeiert. Und gemessen am Gesamtbetrag von elf Milliarden Euro, die Madrid in die Regionen pumpen will, um die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie wieder anzukurbeln, sind die 900 Millionen Euro Direkthilfen plus 160 Millionen Euro Aufbaukredite für die Inseln tatsächlich beachtlich. Lange genug hatte Armengol, unterstützt von Wirtschafts- und Tourismusminister Iago Negueruela, beim spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez immer wieder auf die Sondersituation auf den Balearen aufgrund der Abhängigkeit vom Tourismus aufmerksam gemacht.

So wird gerechnet

Zunächst die Rahmenbedingungen des Geldregens: Anspruch auf die Finanzhilfen haben nur Unternehmen mit maximal 250 Angestellten. Die Hilfen sollen den gebeutelten Solo-selbstständigen und den kleinen bis mittleren Unternehmen zugutekommen, die im Normalfall weniger Rücklagen als die großen Firmen haben. Die Bedingungen sind für alle Unternehmen gleich: Sie dürfen 2019 netto keine roten Zahlen geschrieben haben und müssen auch während der Pandemie ihren Verpflichtungen der Sozialversicherung sowie dem Finanzamt gegenüber nachgekommen sein. Es dürfen keine Zahlungsrückstände aufgetreten sein.

Sind diese Bedingungen erfüllt und hat der Betrieb im Jahr 2020 mehr als 30 Prozent seines Umsatzes verglichen mit dem Vorjahr eingebüßt, hat er Anspruch auf die Hilfen. Der Mindestzuschuss beträgt 4.000 Euro, maximal gibt es 200.000 Euro für einen einzelnen Betrieb. Soloselbstständige bekommen 3.000 Euro.

Die Finanzspritze kann natürlich nur einen Teil der Verluste abdecken. Kleine Unternehmen bis maximal zehn Angestellte erhalten 40 Prozent der Verluste ersetzt, die über die festgelegte Marke von 30 Prozent hinausgehen. Ein Rechenbeispiel: Hat ein Unternehmen 2019 etwa 200.000 Euro Umsatz gemacht und 2020 nur 100.000 Euro, dann kommt es für die Hilfen infrage, weil 50 Prozent des Umsatzes verloren gingen. Von den 100.000 Euro werden 30 Prozent abgezogen, womit man bei 70.000 Euro wäre. Und von diesem Betrag bekäme das Unternehmen dann 40 Prozent, also 28.000 Euro als Finanzspritze für Ausgaben wie offene Rechnungen für Strom, Wasser, Lieferanten oder Gehälter. Die Hilfen dürfen nicht für andere Posten verwendet werden. Mittelständische Unternehmen mit mindestens 11, aber maximal 250 Angestellten bekommen 20 Prozent der Berechnungsgrundlage des Verlustes erstattet.

Etwa 100 Wirtschaftsbereiche kommen infrage

„Das Geld wird wohl kaum für alle reichen", befürchtet ein Sprecher des Verbandes der kleinen und mittleren Unternehmer (Pimem) im Gespräch mit der MZ. „Es wird nach dem Motto verfahren: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Die Hilfen beantragen können alle Firmen, die etwa im Bereich der Gastronomie, Hotellerie oder in der Tourismusbranche aktiv sind, aber auch andere stark von der Krise betroffene Bereiche, wie etwa der Handel, die Fertigung für die Tourismusbranche oder der Kultur- und Sportsektor. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums kommen rund 100 verschiedene Wirtschaftsbereiche infrage. Bis das Geld aber tatsächlich auf dem Konto der Betroffenen eingeht, dauert es auch noch. Bis Ende April sollen die Balearen das Geld aus Madrid erhalten, dann beginnt die Ausschreibung auf den Inseln.

Dass die Balearen im Landesvergleich immerhin gut 14 Prozent der Direkthilfen bei nur 2,5 Prozent der Einwohner abbekommen, sorgte auch beim Unternehmensverband CAEB für Freude. „Zum ersten Mal erinnert sich die Zentralregierung auch an die Balearen", sagte CAEB-Präsidentin Carmen Planas.

Die Freude darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Spanien im europaweiten Vergleich weiterhin ganz hinten steht, wenn es um Finanzhilfen für Unternehmen geht, die von der Corona-Krise gebeutelt wurden. Laut der Zeitung „El País" sind die jetzt verabschiedeten Hilfen, abgesehen davon, dass sie sehr spät und für so manchen Betrieb wohl zu spät kommen, eher spärlich, verglichen mit den 50 Milliarden Euro, die Deutschland verteilte. Auch Frankreich und sogar Portugal zeigten sich bisher schon spendabler.