Als Theo Guillaume auf der Suche nach leer stehenden Lokalen im September 2020 im Zentrum von Palma de Mallorca seine Traum-Räumlichkeiten an der Plaça de Quadrado sah, war er sich ­sicher: Die Miete wird sein Budget und das ­seines zukünftigen Geschäftspartners Nilton ­Sotelo deutlich übersteigen. Die Lage, die Größe, die Helligkeit € Die beiden Freunde begannen zu recherchieren, seit wann das Lokal leer steht und die zuvor dort ansässige Außenstelle des Finanzamts in das Gebäude nebenan umgezogen war. Auf den Bildern, die die Jungunternehmer auf Google Maps sahen, fiel ihnen auf, dass das „Zu vermieten" zwar schon am Eingang prangte - die Passanten aber ­keine Maske trugen. „Daraus folgerten wir, dass das Lokal schon 2020 leer stand", so ­Guillaume. Der Franzose und sein kolumbianischer Freund waren sich daher sicher: „Bezüglich der Miethöhe können wir noch mit dem Eigentümer verhandeln."

Die Neulinge

Der Plan ging auf. Für das Lokal, das einst 2.000 Euro Monatsmiete kostete, wollte der Eigentümer bei der Kontaktaufnahme im ­Oktober noch 1.500 Euro. Guillaume und ­Sotelo handelten für die kommenden drei Jahre 1.200 Euro für die knapp 200 Quadratmeter mit ihm aus. „Für andere nicht einmal halb so große Lokale liegen die Mieten in der Gegend bei rund 900 Euro. Zudem konnten wir hier die Cafeteria, die Fahrradwerkstatt und den Laden unterbringen. Eine Makler­gebühr gab es nicht und auch als Kaution mussten wir nur eine statt zwei Monats­mieten zahlen", sagt Sotelo.

Am 26. Februar eröffneten die beiden Freunde darin dann das Plumo. Nach einer ­Renovierung stehen im Untergeschoss Sofas und Tische, an denen die Besucher Qualitätskaffee kosten können, in einer angrenzenden Werkstatt warten Renn- und andere Fahrräder auf ihre Reparatur, im Obergeschoss sind die zu verleihenden bicis und ein paar besondere Fahrradschuhe ausgestellt. „Es sind drei verschiedene Geschäfte. So sind wir nicht nur von einer einzigen Einnahmequelle abhängig", sagt Sotelo. Kennengelernt hatten sich die beiden Fahrrad-Fans bei der Arbeit in dem nahe dem Borne gelegenen Fahrrad-Café Rapha. Auch wie man Qualitätskaffee richtig zubereitet, lernten sie dort. Als dann im März die Pandemie auf Mallorca Einzug hielt, wurde Sotelo in Kurzarbeit ­geschickt. Guillaume arbei­tete damals bereits an den ­Plänen, einen Fahrradverleih zu öffnen. Während die beiden als Pandemie-Beschäftigung ­monatelang Fahrräder in Guillaumes Wohnung flottmachten und die Mieten stetig ­sanken, beschlossen sie, gemeinsam ein Geschäft zu eröffnen.

Mit einer Terrasse, die in Pandemie-Zeiten so manches Geschäft retten konnte, können die beiden zwar nicht punkten. Dennoch sind sie sich sicher, dass ihr Geschäft gerade in ­Pandemie-Zeiten Zukunft hat: „Radsport ist einer der Bereiche, der seither am meisten gewachsen ist. Mittlerweile fahren viel mehr Menschen Rad. Zudem haben wir schon viele Kontakte zu Radfahrern und konzentrieren uns auf das lokale Publikum", so Sotelo. „Und falls die Cafés irgendwann doch wieder schließen müssen, können wir immer noch die Werkstatt, den Verleih und den Verkauf aufrechterhalten", so der 32-Jährige.

Der bereits Etablierte

Auch Gonzalo Regusci hat die Corona-Krise bei der Eröffnung seines neuen Lokals Dulce de ­Leche in unmittelbarer Nähe zur ­Promenade in Cala Ratjada in die Hände gespielt. „Ohne die Pandemie hätten wir die Räumlichkeiten in einer so guten Lage nicht bekommen. Es gab viele Interessenten, doch sie haben weiter abgewartet. Ich habe mich ­getraut, da ich wusste, dass das Geschäft auch mitten in der Pandemie läuft", erzählt der 45-Jährige stolz. Schon seit vier Jahren betreibt ­Regusci neben der am 21. Februar eröffnete Konditorei im Carrer Castellet eine weitere mit demselben Namen in Manacor. Durch die vielen Gäste, die etwa von Cala Ratjada, Cap­depera, Artà oder Cala Millor aus die stets ­wechselnden hausgemachten Kuchen und Croissants ge­nießen, konnte er sich bereits vor der Krise ­einen Namen machen. Ein Pluspunkt. „Wir bieten zudem längst nicht nur ­Kaffee an, den man im Sitzen trinken muss", stellt der Uruguayer klar. 2.000 Euro statt 2.400 Euro zahlt er nun monatlich für die insgesamt 200 Quadratmeter. Das Lokal liegt nur 50 Meter vom Meer entfernt. Nicht selten seien dort Mieten von 4.000 Euro fällig, sagt Regusci. Im Herbst 2020 hätten sich Betreiber und Eigentümer geeinigt. „Bis ihr nicht öffnet, müsst ihr keine Miete ­zahlen", versprach der Eigentümer Regusci schon zu Beginn. „Das hat uns sehr geholfen, ich sehe es aber auch als soziale Verpflichtung nach dem Motto ,Ich helfe dir, du hilfst mir'", sagt Regusci.

Die Branchenwechslerin

„Statt für Kleider geben die Menschen das ­wenige Geld, das sie haben, lieber für einen Kaffee aus", beobachtete indessen Carolina Mas ­immer wieder. Zu Beginn der Krise betrieb die 31-Jährige noch ein Klamotten-Geschäft im Zentrum von Sóller. Während sie dort kaum Kunden hatte, waren die Außenbereiche der Cafés nach dem ersten Lockdown voll. Als in ­ihrem Heimatort Bunyola eine Bankfiliale schloss, wagte sie den Schritt, dort statt Kleidern künftig Biogemüse, Gebäck und Kaffee zu verkaufen. Am 16. Januar, kurz nachdem Bars ihre Außenbereiche schließen mussten, eröffnete sie das S'Economat. „Es war die einzige offene Bar, niemand bot Take-away-Dienste an", erzählt die frischgebackene Wirtin.

Wie viel Miete sie für die rund 180 Quadratmeter zahlt, will sie nicht verraten. Nur so viel: „Für das Jahr 2021 sind es 100 Euro pro Monat weniger als im kommenden." Sie blickt optimistisch in die Zukunft: „Ich habe es geschafft, mein Geschäft zu öffnen, während viele Bars schließen mussten. Es kann künftig also gar nicht schlechter laufen."

Plumo

Plaça de Quadrado, 1B, Palma, IG: plumomallorca, Youtube: Plumo Mallorca, Tel.: 625-19 14 53

Dulce de Leche

Carrer Castellet, 9, Cala Ratjada, Tel.: 971-20 75 30, IG: dulcedelechemanacor

S'Economat

Sa plaça nº 1, Bunyola, Tel.: 871-74 22 37,

IG: seconomat.bunyola