Bis August 2019 war Joan Carrió Generaldirektor für den Balearen-Haushalt im Finanzministerium. Dann wechselte der auf Gesundheitswesen spezialisierte Wirtschaftswissenschaftler ins Landeskrankenhaus Son Espases, wo er die Finanzen managte. Seit einigen Wochen leitet er - auf Bitte von Ministerpräsidentin Francina Armengol - das Amt für EU-Aufbaugelder im neuen Landesministerium für EU-Fonds. Seine Arbeit könnte die wirtschaftliche Zukunft von Landeskrankenhaus Son EspasesFrancina ArmengolMallorca

Sie hatten in Son Espases

Es stimmt, ich komme aus einem mir sehr vertrauten Umfeld, obwohl die Pandemie auch hier die Arbeit intensiviert hat. Den neuen Job sehe ich als eine Möglichkeit, strategische Herausforderungen anzugehen. Was wir hier auf die Beine stellen werden, wird Folgen haben. Nicht nur für die kommenden Jahre, sondern für Jahrzehnte. Wir reden vom Next Genera­tion Fond, weil er für die kommenden Generationen gedacht ist.

Ihre Abteilung wird ein großes Gewicht im neuen Ministerium für EU-Fonds haben. Wird es ein Konkurrenzkampf zwischen Ihnen und dem Minister Miquel Company?

Nein. Meine Abteilung wird sich um die administrative Seite kümmern, darum, Projekte zu priorisieren und dafür zu sorgen, dass sie nicht ins Stocken geraten. Der Minister übernimmt den politischen Part. Wir arbeiten im Team.

Die Rede ist von bis zu 600 privaten und öffentlichen Projekten mit einem Gesamtwert von fünf Milliarden Euro, deren Initiatoren auf EU-Hilfen hoffen. Wann wird bekannt, welche Projekte das sind?

Die Landesregierung ist derzeit dabei, die Vorschläge der Institutionen zu sammeln, deshalb sind es so viele. Jetzt müssen wir alle analysieren, um zu sehen, welche den Anforderungen entsprechen, und auch, welchen wirtschaftlichen Mehrwert sie bringen. Ministerpräsidentin Armengol hat einige schon hervorgehoben, zum Beispiel das Thema der Elektromobilität. Aber konkretisieren können wir die Projekte erst, wenn die spanische Regierung ihren Strategieplan veröffentlicht hat.

Projekte hervorzuheben, die eigentlich noch evaluiert werden müssen, kann den Anschein erwecken, dass eigentlich schon alles feststeht und kaum Mitbestimmung bei der Auswahl möglich ist.

Nein, es ist nichts festgeschrieben. Es gibt einige Projekte, bei denen schon mit der Arbeit begonnen wurde, aber wir müssen schauen, wie man sie gezielt austarieren kann. Eine Sache ist, dass sie für die Landesregierung Priorität haben, eine andere ist aber die Frage, ob sie Chancen auf Finanzierung haben.

Fürchten Sie, dass Institutionen und Unternehmen die Landesregierung unter Druck setzen werden, damit sie sich für ihre Projekte stark macht?

Die Unternehmen können ihre Projekte eigenständig einreichen, obwohl teilweise die Einbeziehung der öffentlichen Verwaltung notwendig ist. In unserer Abteilung wollen wir dabei helfen, die Vorschläge zu konkretisieren und sie so zu positionieren, dass sie sich einfügen in die Strategie, die Landesregierung und EU-Kommission festlegen.

Die Opposition fordert Transparenz in der Auswahl und der Verwaltung der Projekte, die mit EU-Fonds subventioniert werden.

Es werden die am stärksten kontrollierten Fonds überhaupt sein. Die EU-Kommission wird die Verwendung der Gelder genau verfolgen und strenger kontrollieren als bei anderen Fonds. Wir werden in den kommenden

Wochen eine Website mit Informationen über den Auswahlprozess und die Projekte freischalten. Auch Vorschläge sind möglich.

Was steht kurzfristig an?

Zunächst braucht es einen strategischen Plan, an dem ein Expertenkommitee mitarbeitet. Die spanische Regierung hat bis zum 30. April Zeit, diesen Plan vorzulegen, die EU-Kommission muss ihn dann bis Ende Juni evaluieren.

Wenn die Gelder ankommen, wird die Landesregierung dann genügend Personal haben, um sie zu verwalten?

Es werden die Antragsteller sein - Vereine, Ministerien oder öffentliche Körperschaften -, die die Projekte ausführen. Aber es besteht die Möglichkeit, Ausschüsse zu gründen, um die Projekte adäquat voranzutreiben. Meine Abteilung ist absichtlich mit leichter Besetzung gestartet, um möglichst agil zu sein. Es ist gut möglich, dass wir in Zukunft mehr Personal brauchen. Deshalb arbeiten wir an einem Gesetz, das flexible administrative und personelle Entscheidungen erleichtern soll.

Besteht die Gefahr, dass es ähnlich läuft wie mit anderen Subventionen in der Vergangenheit? Sie kamen zwar auf der Insel an, wurden aber nicht eingesetzt und mussten letztlich zurückgezahlt werden?

Wenn wir es schaffen, den gesamten Umfang an Hilfsgeldern auszuschöpfen, müssen wir die Strukturen so anpassen, dass die Projekte frist- und vorgabengerecht umgesetzt werden können. Die Auflagen sind jedenfalls klar: Die Projekte müssen vor Ende 2023 starten und vor September 2026 umgesetzt sein.

Was ist Ihr Ziel? Wie viele Millionen Euro sollen auf den Balearen ankommen?

Die Erwartungen sind hoch, unsere Ziele auch. Wir versuchen, so viel Geld wie möglich zu bekommen. Die Balearen sind für das Rennen um die Fonds gerüstet.

Was steht bei der Verteilung der EU-Gelder für die Balearen auf dem Spiel?

Uns bietet sich eine historische Chance, das Wirtschafts- und Sozialmodell von Grund auf umzubauen. Wir müssen uns wirtschaftlich breiter aufstellen, das hat uns die Pandemie ganz klar vor Augen geführt. Und unsere Ziele müssen den Prioritäten entsprechen, die die EU uns vorgibt. Es ist nicht nur entscheidend, möglichst viele Gelder bewilligt zu bekommen, sondern auch genau zu prüfen, welche Projekte wirklich taugen, um den nötigen Strukturwandel voranzubringen.