So hat sich keiner von ihnen den Mallorca-Aufenthalt vorgestellt: tagein, tagaus in einem beigen, teils holzgetäfelten und nicht besonders geräumigen Hotelzimmer verbringen. Vor der Tür, draußen auf dem Gang, ein Tisch, auf dem um 8.30 Uhr ein einfaches Frühstück abgestellt wird, um 13 Uhr das Mittagessen, um 16.30 Uhr ein Snack, um 20 Uhr das Abendessen. Alle Einrichtungsgegenstände in Plastik­folie eingewickelt; das ohnehin kleine Fenster allenfalls auf Kipp; montags und donnerstags frische Bettwäsche, immer nur ein Laken und Decken nur auf Anfrage; Kittel und Hand­tücher aus Krankenhausbeständen. Einmal am Tag steht das Reinigungspersonal vor der Tür, im Schutzanzug. Vom Flur dringen hin und wieder gedämpfte Stimmen herein, ansonsten ist man mit sich und seinen Gedanken und den elektronischen Geräten allein.

„Wie im Gefängnis", sagt ein eigentlich positiv gestimmter Kameramann, der positiv auf Covid-19 getestet wurde und dessen negativ getestete Freundin in ein anderes Zimmer eingewiesen wurde. Es ist aber auch wie im Krankenhaus, wo es für Patienten ja auch meist darum geht: zu warten. Auf den nächsten Anruf der Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde, die Englisch, manchmal auch ein wenig Deutsch sprechen, sich ab und an erkundigen, was die zumeist leichten Symptome machen, und ansonsten oft widersprüchliche Informationen darüber geben, wie es denn nun weitergeht, mit den Tests und den Attesten. Warten darauf, dass man endlich wieder nach Hause kann. Und zusehen, dass einem darüber nicht die Decke auf den Kopf fällt.

Wie Telefongespräche mit mehreren der 28 zu Wochenbeginn im Quarantäne-Hotel Palma Bay einquartierten Deutschen ergeben, gelingt das den einen besser als den anderen.

Die Alleinreisende

„Weggesperrt, hilflos, ohnmächtig", fühlt sich etwa eine 39-jährige Psychotherapeutin aus Bremen, „weil man keine Möglichkeit hat, irgendetwas zu tun, um hier rauszukommen." Schon kurz nach ihrer Ankunft in ihrem Hotel in Can Pastilla, wo sie eine Woche Urlaub machte, habe sie leichte Hals- und Brustschmerzen verspürt, sich aber nicht weiter gesorgt. Zwei Tage vor dem Rückflug machte sie dann einen Antigen-Test am Flughafen. Das später auch von einem PCR-Test bestätigte Ergebnis: Covid-19. Vor Abreise in Deutschland hatte sie beim vorgeschriebenen PCR-Test die 72-Stunden-Spanne so weit wie möglich ausgereizt, vor Abflug muss sie sich dann doch noch angesteckt haben.

Die über den Befund informierte balearische Gesundheitsbehörde ordnete die Unterbringung im Quarantäne-Hotel Meliá Palma Bay an. Am Tag des MZ-Telefonats ist die Bremerin schon elf Tage dort und hat gerade einen weiteren PCR-Test absolviert. Sie macht sich Sorgen, ob ein negatives Ergebnis tatsächlich ausreicht, um nach Hause fliegen zu können, schließlich bliebe ja noch ein ungenauerer Antigen-Test am Flughafen.

Die ein wenig verzweifelt wirkende Psychotherapeutin hat auch das Auswärtige Amt in Berlin kontaktiert. Bei dessen Bürgerservice aber sei sie, so erzählt die Frau, von einer Mitarbeiterin regelrecht niedergemacht worden: „Man teilte mir herablassend mit, dass es mein eigenes Verschulden sei und ich möglicherweise bis zu 90 Tage in Quarantäne bleiben müsse." Sie habe auch erwogen, sich in den sozialen Netzwerken über ihre Situation auszutauschen, es dann aber doch verworfen, aus Furcht vor einem Shitstorm.

Der Berufstätige

Seine Krankenversichertenkarte und seinen Pass unten an der Hotelrezeption abgeben mussten auch der 51-jährige Berliner Kameramann und seine Freundin. Er kam gerade von einem Seriendreh in der Türkei, bei dem er drei Wochen lang täglich getestet worden war. Vor der Weiterreise nach Italien wollte er mit der eigens angereisten Freundin vier Tage im luxuriösen Hospes Maricel in Cala Major entspannen. Dann begann er, sich krank zu fühlen. Ein positiver Test und die Nachricht, dass sich bei dem Dreh noch viele andere Mitarbeiter angesteckt hatten, brachten Gewissheit.

Gemeinsam mit der negativ getesteten Freundin wäre er gerne im Maricel geblieben, doch auch ihn drängte die Gesundheitsbehörde ins Corona-Hotel. Zunächst hieß es, die Freundin brauche nicht mitzukommen. Doch schließlich musste auch sie ins Palma Bay ziehen, wie überhaupt einige Informationen und Anweisungen der Gesundheitsbehörde zu variieren scheinen, je nachdem mit welchem Mitarbeiter man gerade spricht.

Im Gespräch wirkt der Kameramann, der seit einer Woche in dem Hotel weilt, entspannter als die Psychotherapeutin, was auch daran liegen mag, dass er nicht allein dort ist. Und dass er auf der Insel vernetzt ist: Freunde versorgen die beiden mit frischem Obst und „außer Zigaretten" allem, was sie brauchen können, und stellen die Mitbringsel vor der Hoteltür ab. Die von den Gesprächspartnern durchweg als freundlich und gut zu erreichen beschriebenen Rezeptionisten kümmern sich darum, dass es zu den Empfängern gelangt.

Die Familie

Doch was, wenn man auf Mallorca niemanden kennt und obendrein mit zwei kleinen Kindern verreist ist? Wenn keine eigene Familie vor Ort ist, die einen - wie es ein Infoblatt auf dem Zimmer ausdrücklich erlaubt - mit dem Notwendigsten versorgen kann? In dieser wesentlich schwierigeren Lage befindet sich ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen, das zusammen mit seiner vierjährigen Tochter und einem sechsmonatigen Baby in einem Hotel in Sa Coma Urlaub machte, als der Vater erkrankte.

Schon „zehn Minuten" nach Erhalt des positiven Test-Ergebnisses habe dort der Krankenwagen vor der Tür gestanden, um auch sie ins Hotel Palma Bay zu bringen, sagt die 37-jährige Mutter. Anfangs bezog die Familie dort zwei getrennte Zimmer, der Vater in einem, die zunächst noch negativ getestete Mutter und die beiden Kleinen in einem anderen. Seit auch die Frau und das Baby positiv getestet wurden, sind sie nun alle in einer etwa 45-Quadratmeter großen Suite untergebracht. Die weiterhin negativ getestete Vierjährige „drehe schon langsam durch", sagt die Mutter.

„Betreut" sei das „falsche Wort", so die Frau, die in Elternzeit ist. „Man wird hier einfach weggesperrt." Ihrem Bericht zufolge sind die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde und des Hotels schlecht darauf vorbereitet, einer Familie mit kleinen Kindern beizustehen. Als die Windeln ausgingen, sei keiner imstande gewesen, neue zu besorgen. Auch ein Wasserkocher, um die Babyflaschen zu erwärmen, sei nicht aufzutreiben gewesen. Immer habe es geheißen, dafür sei man nicht zuständig. Inzwischen bestellt die Familie die Babynahrung über eine App. Auch ein Wasserkocher ist über viele Umwege organisiert.

Die Freundesgruppe

Aus einer anderen Lebenslage heraus berichten ein 20-jähriger Vertriebsmitarbeiter und ein 21-jähriger ausgebildeter Einzelkaufmann aus Hamburg. Gemeinsam mit drei weiteren Freunden hatten sie eine Finca in Mancor de la Vall gemietet. Bei den Tests für die Rückreise, acht Tage nach Ankunft, stellte sich heraus, dass drei von ihnen das Virus in sich tragen. Auch in diesem Fall wurden alle fünf sofort ins Palma Bay beordert.

„Natürlich wären wir jetzt lieber in Hamburg, aber wir kommen schon klar", sagt der Vertriebsmitarbeiter, der sich in dem Hotel gut versorgt fühlt und sich freut, „erfolgreich mitgeteilt zu haben, dass er nicht jeden Tag Fisch mag". Der durch die erzwungene Auszeit bedingte Einnahmeausfall sei zwar ärgerlich, aber letztlich habe einen ja keiner gezwungen, das Risiko einzugehen.

Und auch der Einzelkaufmann relativiert: Mehr sei ohnehin nicht zu erwarten, das Hotel sei ja ein Kompromiss, mit dem Coronavirus frei herumlaufen ginge ja auch nicht. „Ich finde es gut, dass es diese Möglichkeit gibt", sagt er.

Die Abreise

Es hat geklappt. Schon einen Tag nach der Probenentnahme liegt bei der Psychotherapeutin ein negatives PCR-Testergebnis vor. Da auch der Antigen-Test am Flughafen keine erhöhten Ansteckungswerte anzeigte, konnte sie noch am selben Abend nach Deutschland zurückfliegen. „Ich bin einfach nur erleichtert, wieder zu Hause zu sein", schreibt sie der MZ.

Lesen Sie hier weiter den Kommentar Urlauber in Quarantäne

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