Als Paul Mehn seiner Freundin Melina im Jahr 2019 einen Heiratsantrag machte, ahnte noch niemand, dass eine Pandemie bevorstand. Schnell waren sich die Frankfurter einig: Die kirchliche Trauung solle auf Mallorca stattfinden. In wenigen Wochen - am 29. Mai - ist es nun so weit, auf dem Gelände einer weitläufigen Finca im Gemeindegebiet Campos. Zumindest theoretisch. Doch noch immer ist mehr als unklar, ob die Feier überhaupt stattfinden kann. „Man traut sich gar nicht, sich zu freuen, und das ist wirklich schade, denn eigentlich gehört die Vorfreude ja dazu", sagt Braut Melina Mehn. Für das Paar und seine knapp 90 Gäste aus Deutschland wäre es eine große Enttäuschung, wenn die Zeremonie ausfallen müsste. Für die Eventbranche, die von Veranstaltungen wie der Hochzeit der Mehns lebt, ist die coronabedingte Planungsunsicherheit ein wirtschaftliches Desaster.

„Das vergangene Jahr stand im Zeichen von Corona und hat uns besonders stark getroffen. Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht", berichtet Ina Sawallisch. Sie arbeitet seit Jahren in der Hochzeitsagentur Mallorca Hochzeiten. Auch die anstehende Hochzeit von Paul und Melina Mehn hat sie geplant. Normalerweise stemmt die Firma, die auf Kunden aus dem Ausland spezialisiert ist, 50 bis 60 Hochzeiten pro Jahr. 2020 waren es gerade mal fünf. Für die nächsten Monate - die Hochzeitssaison geht etwa von Mai bis Oktober - stehen immerhin 20 bis 25 an, viele davon sind Trauungen, die eigentlich bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollten. Wegen der Pandemie wurden sie verschoben - und drohen nun wieder zu platzen. „Letztes Jahr dachten wir, dass es dieses Jahr bestimmt klappen kann. Man konnte ja nicht ahnen, dass die Pandemie uns noch so lange beschäftigt", so Sawallisch.

Der Hochzeitsplanerin mangelt es nicht an Verständnis für sinnvolle Corona-Auflagen. „Es ist ja auch in unserem Interesse, dass sich niemand auf unseren Feiern ansteckt." Gleichzeitig ist sie davon überzeugt, dass ein gut durchdachtes Hygienekonzept die Ansteckungsgefahr auch auf Events minimieren kann, auf denen eine größere Anzahl von Menschen zusammenkommt, als bisher erlaubt ist. „Anders als die Hoteliers oder Gastronomen wissen wir bisher überhaupt nicht, was wir in den kommenden Monaten machen dürfen und was nicht", so Sawallisch. „Und das ist ein großes Problem."Verbote statt Vorschläge

Sie und ihre Kollegen sind in den vergangenen Monaten immer wieder mit Sorgen konfrontiert worden - sowohl von Brautpaaren, die nicht wissen, ob sie ihren großen Tag (noch einmal) verschieben sollen, als auch von beauftragten Dienstleistern, deren Terminkalender mit Fragezeichen versehen sind. „Wir Planer haben einen Teil der Leistung ja bereits erbracht und können sie entsprechend abrechnen. Aber andere in der Branche, wie Hochzeitsfotografen oder -stylisten, die vor allem am Tag selbst aktiv sind, stehen momentan ganz ohne Einnahmen da." Es seien schwere Zeiten, gerade für ein Business, in dem man normalerweise mit schönen Dingen zu tun hat. „Wir leiden regelrecht mit den Kunden."

Dass vor allem die fehlende Planungssicherheit ein Problem ist, bestätigt auch Pedro Llabrés, der Vorsitzende des Zusammenschlusses von Unternehmern der Hochzeits- und Eventbranche auf den Balearen (APBEB). „Wir warten seit September auf Ansagen, und wenn der Alarmzustand am 9. Mai endet, muss es neue Regelungen geben, aber bisher wurde uns gar nichts mitgeteilt." Llabrés und seine Vereinigung fordern Ausnahmeregelungen für private Events - bisher galten monatelang für die Veranstaltungen fast dieselben strengen Regelungen wie für alle anderen auch. „Zuletzt durften zehn Personen zusammenkommen, vorher waren es seit Dezember nur sechs, und nun sind es 20, und das ausschließlich im Freien." Gerade bei Hochzeiten kämen aber oft gut und gern 120 Personen zusammen. „Das heißt aber nicht, dass alles direkte Kontakte sein müssen." Veranstaltungen nur draußen und nur mit Masken und Abstand durchzuführen, sei durchaus eine Option. „Es kommt sehr auf die Organisation an, und hätten wir da sinnvolle Leitfäden, wäre es machbar. Stattdessen gibt es nur Verbote", so Llabrés weiter.

Vor allem die mangelhafte Kommunikation mit den Verantwortlichen in der Landesregierung stört den Floristen. „Wir haben seit Monaten gefordert, uns mit den Politikern zusammenzusetzen, um zu erklären, wie unsere Branche funktioniert, und um gemeinsam Lösungen zu finden." Immer wieder habe man ihn vertröstet oder auch gar nicht reagiert.

Die Situation sei kritisch. In der Vereinigung sind Selbstständige sämtlicher Metiers vertreten: Floristen, Konditoren, Location-Besitzer, Inhaber von Brautmodengeschäften, Wedding Planer, Friseure, DJs, Fotografen und Techniker. „Einige haben sich als Selbstständige abgemeldet und kleine Hilfen vom Staat bekommen. Andere haben laufende Kosten wie Mieten, die zu hoch sind", berichtet er. Noch hielten sich die meisten mehr schlecht als recht über Wasser, zum Teil mit Krediten und tief in den roten Zahlen. „Aber wenn wir nicht bald anfangen können, wieder zu arbeiten, werden wohl 60 Prozent der Dienstleister der Eventbranche pleitegehen."

Ob es so weit kommt, ist unklar. „In einigen anderen spanischen Regionen wie Murcia sind Hochzeiten mit 100 Gästen bereits wieder erlaubt", so Ina Sawallisch. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass auch auf den Balearen nun Lockerungen bevorstünden. Pedro Llabrés ist skeptischer. Am Montag (3.5.) habe er endlich einen Gesprächstermin mit der Generaldirektorin für Gesundheit, Maria Antònia Font, bewilligt bekommen. „Es kam wieder nichts Konkretes dabei heraus. Man hat aber signalisiert, dass es weiter streng bleibt", so Llabrés. Details, beispielsweise über die zugelassene Gästezahl einer Hochzeit, will die Landesregierung erst am Freitag (7.5.) nennen. „Sollten sie uns tatsächlich immer noch nicht entgegenkommen, werden wir auf die Straße gehen und kämpfen", so Llabrés. Es sei nicht fair, dass in einem Hotelrestaurant im Inneren 200 Personen speisen dürften, auf Hochzeiten im Freien aber viel strengere Personenbeschränkungen gelten. Einige Oppositionsparteien im Balearen-Parlament hätten bereits Unterstützung zugesagt.

Hoffen bis zum letzten Moment

Die Brautleute Melina und Paul Mehn haben die Hoffnung auf ihr großes Fest Ende Mai unterdessen noch nicht aufgegeben. „Die Finca, die wir gemietet haben, hat ein riesiges Außengelände, da könnten wir die Gäste sogar alle 50 Meter auseinander setzen, wenn es nötig ist", sagt Melina Mehn. Die Gäste seien fast alle geimpft und empfänden es als Lichtblick, endlich mal wieder rauszukommen und auf einer Feier zu sein. „Selbst wenn dort Maskenpflicht und Vorsichtsmaßnahmen herrschen."

Sollte die balearische Landesregierung nicht bald einlenken, will das Paar versuchen, eine Sondergenehmigung über die Gemeinde Campos zu bekommen. „Einen Plan B haben wir nicht."