Marion Hillmann fegt mit der Hand etwas Sand von ihrem Handtuch. „Ich bin eigentlich eher der Liegen-Typ, das tut meinem Rücken besser, und man bleibt auch sauberer", sagt die 42-jährige Cala-Ratjada-Urlauberin mit einem Augenzwinkern. Doch an den Stränden im Küstenort sucht man beim MZ-Besuch am Donnerstagnachmittag (13.5.) noch vergeblich nach den Sonnenschirmen und -liegen, die den Strandtag bequemer gestalten. Und auch in vielen anderen Gemeinden auf Mallorca läuft der Service - wenn überhaupt - gerade erst langsam an, obwohl die Mallorca-Buchungen in den Hotels zulegen. Die Pandemie hat in der Verleih-Branche so einiges durcheinander gebracht.

Eigentlich ist das Business am Strand ein lohnendes Geschäft. Die Betreiberfirmen vermieten die Schirme und Liegen zu teilweise saftigen Preisen an Strandbesucher, oft können die Münzen direkt am Schirm eingeworfen werden, der Personalaufwand ist gering. In Vor-Corona-Jahren war die Lizenz zum Liegenverleih also ein Garant für große Umsätze - und entsprechend hoch auch die Anzahl an Firmen, die sich um die Lizenzen bewarben. Anders im vergangenen Jahr. Die Urlauber blieben aus und somit auch die Einnahmen. Gleichzeitig mussten die Betreiber aber weiterhin die zahlreichen Pflichten erfüllen, die im Lizenzvertrag abgebildet sind.

Zum Verständnis: Strände in Spanien sind öffentlich. In der Regel die ersten 20 Meter von der Küste landeinwärts unterstehen der Verwaltung der zentralspanischen Küstenbehörde, dahinter ist meist die Gemeinde zuständig. Um die Instandhaltung der Strände möglichst unkompliziert zu gestalten, übergeben die Gemeinden die Aufgaben in einem Komplett-Paket an private Firmen. Strandsäuberung, die Installation barrierefreier Zugänge und in einigen Fällen auch die Strandsicherheit in Form von Rettungsschwimmern gehören ebenso dazu wie der Liegen- und Schirmverleih, der den wirtschaftlichen Reiz ausmacht.

Über eine öffentliche Ausschreibung erlangen die Privatfirmen den Vertrag, der in manchen Gemeinden über mehrere Jahre gilt. Die Einnahmen können die Unternehmer behalten, gleichzeitig müssen sie neben den Personal- und Materialkosten aber auch Gebühren an die Küstenbehörde und das jeweilige Rathaus abdrücken. Unabhängig davon, wie hoch - oder coronabedingt: wie niedrig - der Ansturm auf die Liegen ist. Das vor der Pandemie florierende Geschäftsmodell hat an Attraktivität deutlich eingebüßt.

Eigeninitiative in Manacor

In der Gemeinde Manacor sind die Auswirkungen in diesem Jahr am deutlichsten zu spüren. Für die Saison 2021 stand mal wieder eine neue Vergabe der Lizenzen an - und tatsächlich fand das Rathaus nicht eine Firma, die unter den aktuellen Umständen bereit war, sich um die anfallenden Aufgaben zu kümmern. Letztlich entschied die Gemeinde, sich selbst darum zu kümmern. Erstmals übernimmt in diesem Jahr der vom Rathaus geführte Versorger SAM den Strand-Service, die bisher nur für die Wasserversorgung und die Tiefgaragen zuständig war. Die Konsequenz: Statt bisher 936 können in dieser Sommersaison nur noch 449 Liegen und Schirme an den Stränden von Porto Cristo, s'Illot, Cala Mendia, Cala Anguila, S'Estany den Mas, Cala Domingos Gran, Cala Domingos Petit, Cala Murada und Cala Antena gemietet werden. Anders sei es personell nicht zu stemmen, so die zuständige Politikerin Cristina Capó. Immerhin 19 zusätzliche Mitarbeiter habe man bereits eingestellt. Zudem wolle man die Strandsäuberung ab sofort nachhaltiger gestalten. Statt mit großen Maschinen soll der Müll vor allem per Hand aufgesammelt werden. Ein Vorteil, wenn plötzlich das Rathaus selbst zuständig ist.

Die Entscheidung in Manacor fiel Ende März. Die ersten Liegen und Schirme wurden am vergangenen Montag (17.5.) in Cala Domingos Gran aufgestellt, wo einige Hotels jetzt geöffnet haben. Folgen sollten S'Illot und Porto Cristo. Da allerdings die bestellten Liegen, Schirme, Strandsafes und Dixi-Klos nicht rechtzeitig eingetroffen sind, hat erst mal die Gemeinde Alcúdia das nötige Mobiliar geliehen - dort hat die Gemeinde ebenfalls den

Service selbst in die Hand genommen. Man berate sich gegenseitig, heißt es im Rathaus.

Knapp kalkuliert in Campos und Capdepera

In Campos ist man noch lange nicht so weit. Die Gemeinde, zu der Sa Ràpita, Es Molí de S'Estany und vor allem der Naturstrand Es Trenc gehören, hat noch nicht einmal geklärt, ob überhaupt Angebote interessierter Firmen vorliegen. „Meist kommen sie auf den letzten Drücker", so der zuständige Stranddezernent im Rathaus von Campos, Rafel Adrover. Er gibt sich jedoch zuversichtlich. „Vergangenes Jahr war es tatsächlich schwer, Betreiber zu finden, die den Service übernehmen wollen. Aber für diesen Sommer sind die Prognosen für das Urlauberaufkommen besser." Selbst wenn er damit recht behält: Seine Prognose, dass trotz der noch ungewissen Umstände bereits in der letzten Maiwoche alle 316 Liegen und 158 Schirme aufgebaut sein werden, scheint optimistisch. Erst recht mit Blick auf die Vergangenheit: Auch in den Jahren vor Corona ließen die hamacas und sombrillas am Es Trenc vergleichsweise lange auf sich warten, die Organisation erschien oft chaotisch. Immerhin: Die Strandkioske stehen bereits. „Die Konzession läuft noch aus dem vergangenen Jahr weiter", so Adrover.

Um die pandemiebedingten Umsatzeinbußen für die Betreiberfirmen zu kompensieren, hatte Campos im vergangenen Jahr nur ein Drittel der sonst anfälligen Abgaben von den Unternehmern gefordert und den Anteil der Abgaben für die Küstengemeinde selbst geschultert. In diesem Jahr plane man ein solches Entgegenkommen aber nicht.

Eine ähnliche Situation beschreibt ein Sprecher des Rathauses von Capdepera für die Strände rund um Cala Ratjada, Canyamel und Cala Mesquida. Auch hier stand bis zuletzt noch nicht fest, wann Urlauber wie Marion Hillmann sich wieder auf den Liegen fläzen können. Denn auch hier ist man noch nicht mit den Ausschreibungen durch. Allein der Rettungsschwimmer-Service steht - er wird in Capdepera unabhängig von dem Liegen-Verleih und den Säuberungsaufgaben organisiert. „Wir wissen weder, wer den Verleih übernehmen wird, noch zu welchen Bedingungen", so der Pressesprecher. Aber auch hier Optimismus: „Bald wird aufgebaut."

Im Hintertreffen in Pollença

Optimismus dürfte in Pollença beim besten Willen nicht aufkommen. Wie Vertreter der Oppositionsparteien bemängeln, hat hier noch nicht einmal das Ausschreibungsverfahren begonnen. „Bis Mitte Juli wird es hier keine Liegen und Schirme geben, ganz im Gegensatz zu unserer Nachbargemeinde Alcúdia, wo bereits seit April alles aufgebaut ist", wettern Mitglieder der Lokalpartei Junts.

Alles entspannt in Calvià

Geradezu tiefenentspannt klingt dagegen der Tourismusdezernent im Rathaus von Calvià, Xavier Pascuet - und das obwohl die Großgemeinde im Südwesten 54 Küstenkilometer und ganze 33 Strände aufbietet, deren Instandhaltung sich auf 32 Firmen verteilt. „Seit dem 1. Mai werden bereits nach und nach Liegen und Schirme aufgebaut, je nach Bedarf immer mehr. Die Lizenzen laufen aber schon seit Jahren, entsprechend mussten wir diesmal nicht bei null anfangen", so Pascuet.

Schwierigkeiten sah er vor allem im vergangenen Jahr. „Wir hatten 85 Prozent weniger Touristen als in einem normalen Sommer. Natürlich gab es entsprechende Probleme und Beschwerden mit den Betreiberfirmen." Letztendlich fand man aber eine Einigung: Für Mai und Juni 2020 übernahm das Rathaus die Personalkosten für die Rettungsschwimmer, um die Anbieter auf diese Weise finanziell zu entlasten.

Stunk in Palma

So weit ist man in Palma noch lange nicht. Zwar laufen auch hier die Lizenzen für die Strandbetriebe weiter - sie waren vor 17 Jahren mit einer Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen worden. Aber Stunk gibt es dennoch zwischen dem Rathaus und den vier Firmen, die für die Strände Cala Estància, Cala Major, Ciutat Jardín, Can Pere Antoni und die Playa de Palma zuständig sind. Immer wieder musste die Stadtverwaltung vergangenes Jahr bei den Vertragspartnern Druck machen, damit sie trotz der Pandemie die Reinigung nicht vernachlässigten und im Sommer zumindest ein paar Liegen und Schirme aufstellten. „Es geht dabei eben nicht nur um Angebote für Urlauber, sondern auch um etwas ganz Grundlegendes wie Sauberkeit und Barrierefreiheit, zu denen die Firmen verpflichtet sind", betont der zuständige Stadtrat Alberto Jarabo im Gespräch mit der Mallorca Zeitung.

Und noch haben die Firmen auch die jährlich anfallenden Gebühren von insgesamt knapp einer halben Million Euro für 2020 nicht gezahlt. Im Fall von Palma führt die Kommune die Einnahmen normalerweise an die Küstenbehörde ab, diesmal musste das Rathaus den Betrag erst einmal vorstrecken. „Wir sind noch immer in den Verhandlungen darüber, inwiefern wir den Unternehmen einen Teil des Geldes aus dem vergangenen Jahr tatsächlich erstatten und wie viel sie uns nachzahlen müssen", so Jarabo.

Wenigstens die Strandbesucher kann er aber beruhigen - sie könnten sorglos den Strand genießen. „Die Liegen und Schirme sind bereits im Aufbau, spätestens am 1. Juni werden alle an ihrem Platz stehen."