Die Entscheidung, sich vor 21 Jahren in Llucmajor niederzulassen, war für Kathrin Espen rückblickend genau die richtige Entscheidung. „Als ich damals mit meiner vierjährigen Tocher nach Mallorca kam, wollten wir nicht in eine der Touristenhochburgen ziehen, sondern unter Mallorquinern leben", sagt die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin, die zunächst für einen Makler arbeitete.

Espen konnte sich schnell in die Ortsgemeinschaft integrieren. Fünf Jahre nach ihrer Auswanderung beschloss sie, ihre eigene Chefin zu werden. Als ebenfalls gelernte Friseurmeisterin gründete sie ihren eigenen Friseur- und Kosmetik-Salon in Llucmajor. Von Anfang an zählten vor allem Einheimische und Residenten zu ihren Kunden. Somit war sie nie vom Saisongeschäft abhängig.

16 Jahre später hat die Corona-Krise die Insel fest im Griff - und die Ortswahl Llucmajor im Jahr 1999 zahlt sich erneut für Espen aus. Denn während viele Unternehmer damit zu kämpfen haben, dass kaum noch Urlauber auf die Insel kommen und deshalb massive Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, läuft der Betrieb bei Espen weitgehend normal weiter.

Zugute kommt der 47-Jährigen nun auch ihr zweites Standbein. Gleich neben ihrem Friseursalon am Carrer Ronda Ponent hat die gebürtige Thüringerin von rund zwei Jahren einen Paketshop eröffnet. „Die Idee kam mir, weil viele Kunden sich ihre Pakete zu mir in den Salon schicken ließen, wenn sie mal gerade nicht auf der Insel waren, oder ihre Pakete aus einem anderen Grund nicht annehmen konnten."

Als das Ladenlokal nebenan frei wurde, fackelte Espen nicht lange. Kunden können seither das "Paquetes Llucmajor" als Postadresse angeben und sich gegen eine kleine Gebühr Pakete und Briefe dorthin schicken lassen. Anders als bei der Post ist der Zugang rund um die Uhr möglich. Sobald ein Paket angekommen ist, erhalten die Kunden eine entsprechende Nachricht auf ihr Handy, in welchem der Fächer das Paket eingelagert wurde. Mit einen Chip, den jeder Kunde erhält, lässt sich dann rund um die Uhr die Außentür sowie nur das Fach mit dem eigenen Paket öffnen.

Das ausgeklügelte elektronische System hat Espens Freund selbst programmiert. Und der Service kommt bestens ans: Allein während des Lockdowns seien mehr als 30 Neukunden hinzu gekommen. Unterstützung bekommt Espen auch von ihrer Untermieterin. Die deutsche Schneiderin hat eine Werkstatt gleich hinter dem Paketshop und hilft bei der Annahme von Paketen, wenn Espen gerade einmal Kunden in ihrem Salon hat. „Auch mit ihrer Hilfe läuft der Paketshop fast wie von selbst."

Das erhofft sich die Auswanderin auch von ihrem neuesten Projekt. Denn mitten in der Corona-Krise kam die Idee auf, ein Aktiv-Healthzentrum im frei gewordenen Ladenlokal auf der anderen Seite des Salons aufzubauen. Partnerin ist Alina Marcu, die schon zuvor Kurse und Beratungen in einen kleinen Raum hinter dem Salon von Espen angeboten hatte. Nach Umbauarbeiten ist nun ein 80 Quadratmeter großer Raum entstanden, wo neben Marcu voraussichtlich ab November weitere Fitness- und Ernährungsexperten Kurse anbieten werden. Im „Emotion" können sich auch externe Therapeuten einmieten und Kurse anbieten.

Corona kann Espen und ihre Mitstreiter also nicht bremsen. „Auch jetzt muss man einfach machen und darf nicht aufgeben."