Dave Rope hat einen neuen Traum: „Eine eigene Bar, in der ich jeden Abend mit meiner Gitarre auf der Bühne stehe - das wäre wunderschön." Doch davon kann der Musiker und Mallorca-Auswanderer momentan wirklich nur träumen. Wegen der Corona-Krise hatte er seit Monaten keinen Auftritt mehr, und allmählich werden die finanziellen Rücklagen knapp. Ein eigenes Lokal zu finanzieren, scheint derzeit unmöglich. Dabei war David Seil, wie er mit bürgerlichen Namen heißt, schon mal in den deutschen Schlager-Charts.

Den Traum von einer Musiker-Karriere hatte der heute 41-Jährige bereits als Kind. „Ich wollte schon immer auf der Bühne stehen und vor Menschen performen", sagt der gebürtige Weimarer, der seine ersten musikalischen Schritte in einer Schulband machte. „Doch ich hatte ein echtes Problem: Ich war ein riesiger Angsthase." Also absolvierte er nach der Realschule zunächst eine Ausbildung als Heizungsbauer. „Glücklich war ich damit nicht", sagt Rope.

Mit 20 Jahren beschloss er, nach Mallorca auszuwandern, nachdem er im Fernsehen eine Reportage über Animateure auf der Insel gesehen hatte. Er heuerte schließlich selbst als Animateur in einem Hotel an der Ostküste an. Die Idee dabei: „Ich wollte mich selbst ins kalte Wasser schubsen und meine Angst, vor Menschen aufzutreten, ablegen."

Der Plan ging zunächst nicht auf: Denn statt die Urlauber anzusprechen, blieb der Neu-Insulaner schüchtern im Hintergrund. „Bis mir eines Tages mein Chef die Pistole auf die Brust setzte und sagte: ,Entweder kommst du jetzt aus dir raus oder du kannst deine Koffer packen'", erzählt Rope. Also nahm er all seinen Mut zusammen und tat das, was man von ihm verlangte. Geholfen habe ihm dabei die Gitarre, zu der er in dieser Zeit immer häufiger griff. Am Ende stand er regelmäßig auf den Bühnen der Hotels.

Bis 2006 arbeitete Rope auf Mallorca, Ibiza und Fuerteventura, zuletzt sogar als Chef-Animateur. Nebenbei absolvierte er kleinere Auftritte als Sänger und Gitarrist. 2007 lernte er einen Musiker auf Mallorca kennen, der begeistert von seiner sandig-rauen Stimme war. David Seil nahm den Künstlernamen Dave Rope an und gründete mit dem Kollegen ein Duo. Eine Saison lang traten die beiden auf Mallorca zusammen auf.

Doch dann verliebte sich Rope und verließ für diese Frau die Insel. Zurück in Deutschland blieb er aber der Musik treu. Er lernte den Produzenten Tony Hendrik kennen, der einst unter anderem Wolfgang Petry und Haddaway zum Ruhm führte. „Ihm gefiel meine Stimme, er wollte mich zum Schlagerstar machen", erinnert er sich. David Rope legte den Künstlernamen wieder ab. Als David Seil mit längeren und zurückgegelten Haaren sowie weit aufgeknöpftem Hemd mutierte er zum Frauenschwarm.

Er nahm sein Album "Rock den Schlager" auf und sang auf Deutsch. Die Songs mit ihren eingängigen Refrains leben von Pop- und Dance-Elementen. So entstanden die erste Single „Das letzte Gebet", die Tanznummer „Herzlos - Schmerzlos" oder der Ohrwurm „Ich will mehr". Seil schaffte es damit bis in die Top 20 der Schlager-Charts.

Dass er mit seiner Musik nicht ins Formate-Schema der Radiosender passte, habe ihn damals eher angespornt, erzählt er dem MZ-Reporter. Dennoch zündete die Karriere nicht so richtig. „Die haben mich in keine TV-Show reingebracht, obwohl ich hervorragende Produzenten hatte", sagt er. Es blieb bei dem einen Album.

2017 kehrte David Seil als Dave Rope zurück nach Mallorca und widmete sich wieder dem Rock. Er lernte den deutschen Auswanderer Steff Jerkel kennen, der ihn fortan in einem seiner Lokale in Cala Ratjada auftreten ließ. „Da habe ich jeden Abend den Laden voll gemacht", sagt er. Es folgten weitere Engagements, etwa in der kurzzeitig von Mario Basler betriebenen Bar MB30. Schnell wurde der Sänger zum Lokalmatador in Cala Ratjada.

Doch der Ausbruch des Coronavirus bremste auch Dave Rope jäh aus. "Von einem Tag auf den anderen gab es keine Auftrittsmöglichkeiten mehr", sagt der Musiker, der nun von seinem Ersparten lebt. Staatliche Unterstützung bekomme er keine. „Uns Künstler hat man doch total vergessen - das gilt für den Staat genauso wie für unsere ehemaligen Auftraggeber", sagt Rope. Zum Glück könne er kostenfrei eine Finca bei Canyamel bewohnen. „Und Freunde kochen mir ab und an etwas - das hilft auch."

Die Insel verlassen wolle er nicht, obwohl er in Deutschland als Künstler zumindest ein wenig Geld vom Staat bekommen würde. „Wenn es hier wieder losgeht, stehe ich in den Startlöchern." Und wer weiß: Vielleicht wird der Traum von der eigenen Musikbar ja doch noch irgendwann wahr.