Es war irgendwann zwischen sechs und zehn Uhr morgens beim Joggen, als es zwischen Alexandra Kukret und Felix Dreier funkte. Nach der zweimonatigen Ausgangssperre hatte es die zwei Auswanderer wie viele andere Insulaner nach draußen zum Sporttreiben getrieben. An der Strandpromenade von Cala Millor trafen die beiden durch Zufall aufeinander - und erkannten sich sofort wieder. Denn schon vor dem Lockdown hatten sich die 35-Jährige und der 27-Jährige einmal kurz gesehen - in der Mode-Boutique von „Goodbye Deutschland"-Auswanderin Jenny Matthias, wo Kukret als Verkäuferin arbeitete. Danach hatten sich die beiden wieder aus den Augen verloren - bis zu jenem frühen Morgen im Mai. „Wir sind dann ein Stück zusammen gejoggt und haben uns wieder für den nächsten Morgen verabredet", erzählt Kukret. Fortan stand der gemeinsame Frühsport fest im Kalender der beiden. „Na ja, und irgendwann wurde dann eben mehr daraus", sagt Felix Dreier.

Auf die Insel gekommen waren die beiden noch mit anderen Partnern: Kukret mit ihrem Ehemann vor zwei Jahren und Dreier vor drei Jahren mit seiner damaligen Freundin, die ihn auch zur Auswanderung gebracht hatte. „Sie hatte damals ein Jobangebot in einem Hotel, und ich bin eben mitgegangen, da auch ich mal etwas anderes machen wollte", so der gelernte Papier- und Verpackungstechnologe.

Zunächst arbeitete der gebürtiger Nürnberger ebenfalls in dem Hotel, danach in einer Bar in Cala Millor. Dort lernte er auch einen Kollegen kennen, mit dem die Idee entstand, ein Geschäft mit den aus Cannabis gewonnenen CBD-Produkten zu eröffnen. Während sich der Kompagnon um den Laden und die Waren kümmerte, baute Dreier eine Website fürs ­Geschäft und Werbemaßnahmen auf. „Der ­Bereich reizte mich schon immer, ich hatte ­großen Spaß daran, das gesamte Marketing für unser Geschäft zu planen", sagt Dreier. Doch dann kam die Corona-Krise dazwischen und der Traum vom eigenen Laden wurde erst einmal wieder auf Eis gelegt. Auch der Job in einem Diner, mit dem Dreier zu diesem Zeitpunkt noch seine Brötchen verdiente, brach weg, nachdem das Restaurant nach gerade einmal drei Wochen schließen musste. Mallorca war kurz zuvor zum Risikogebiet erklärt worden war, in der Folge blieben die Urlauber aus.

Ähnlich erging es auch Alexandra Kukret. Die gebürtige Bayerin hatte sich bereits auf ihre zweite Saison im Laden von Jenny Matthias, der Ex von Kultauswanderer Jens Büchner, gefreut. „Wir hatten im vergangenen Jahr eine super ­Saison und waren heiß auf die neue", so die Burghausenerin. Doch nach gerade einmal zwei Monaten musste der Laden ebenfalls wieder schließen, und Kukret stand ohne Job da.

Wenn es schon in der Liebe so gut klappt, warum dann nicht auch beruflich, dachten sich Kukret und Dreier schließlich im Juli. Sie zogen in eine gemeinsame Wohnung und machten sich mit einer kleinen Werbeagentur selbstständig. „Wir haben uns etliche Online-Tutorials reingezogen, um uns fit zu machen", sagt Dreier. Zudem habe ein Mentor aus Barcelona sie in der Anfangsphase unterstützt.

Konzentriert haben sich die Quereinsteiger seither auf Online- und Social-Media-Marketing. Ihr erster Kunde war ein Scooter-Verleiher, für den sie für gerade einmal 100 Euro Google-Werbung aufbauen sollten. „Das war zwar nicht viel, aber wir haben den Auftrag trotzdem gefeiert - es war schließlich der Startschuss für unsere Selbstständigkeit", so Dreier.

Seinen Arbeitsplatz hat sich das Paar im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung im fünften Stock eingerichtet, mit direkten Blick aufs Meer. Von dort aus betreuen sie mittlerweile eine Handvoll deutschsprachiger Kunden aus Deutschland und von der Insel. Eigentlich hatte Dreier sich vorgestellt, Aufträge lediglich zu koordinieren und die Kunden zu ­beraten. Die Programmierungs- und Grafik-Arbeiten sollten dann freie Mitarbeiter umsetzen. „Doch momentan fällt noch zu wenig ab, und wir machen alles selbst", erklärt Kukret. Ein bisschen Starthilfe gab es derweil von ihrer alter Arbeitgeberin, mit der das Paar gut befreundet ist: ­Jenny Matthias sorgte dafür, dass die beiden auf der Instagram-Seite von „Goodbye Deutschland" erwähnt wurden. „Darüber haben wir uns natürlich riesig gefreut", sagt Kukret.

Mit viel Zuversicht blicken die beiden nun in die Zukunft. Ihr Traum ist es, auch für ­größere Kunden aus dem Tourismus- und Freizeitbereich zu arbeiten. „Das wird in der derzeitigen Situation sicher nicht einfach, aber wir sind guter Dinge", sagt Kukret. Schließlich habe die Pandemie sie auch privat zusammengeführt: „Corona hat für uns bisher nur Posi­tives gebracht und uns einen Kick gegeben, endlich was Eigenes aufzubauen. Letzteres darf gern so weitergehen."

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