Kennengelernt hat die Autorin den Koch Thomas Cammerer vor rund 20 Jahren, als ­dieser noch im Landhotel Reserva Rotana arbeitete: seine erste Stelle auf Mallorca, wo der heute 52-Jährige anspruchsvoll, gehoben und delikat kochte. Nun trifft sie ihn in Porto Cristo in seiner eigenen Bäckerei Típic wieder, wo er gerade noch an einem Turm aus bunyols mit Karamell bastelt, der optisch ein wenig dem Torre dels Falcons (Falkenturm) in Porto Cristo nachempfunden ist.

Wir probieren das Brot Típic, seine erste Kreation von vor drei Jahren. Es besteht aus Buchweizen- und Flohsamenschalenmehl, ist bis heute der Renner und täglich im Angebot, ebenso wie zwei andere Brote und diverse Brötchenvarianten.Alle anderen Brotsorten, darunter Chia-Aprikosen-, Fitness-, Tomaten-, Kürbis- und Kichererbsen-Mandel-Kräuter-Brot, backt ­Cammerer auf Vorbestellung (mindestens 48 Stunden). Dabei arbeitet er mit der Kalt­gärung: Der Brotteig fermentiert etwa zwölf Stunden bei fünf Grad. Die Qualität und die speziellen ­Zutaten der Produkte haben ihren Preis, doch die Kunden akzeptieren ihn (Brote 500 Gramm ab 5 Euro, llonguets 2,50 Euro, ­Burger-Brötchen 2 Euro).

Nur ohne Klebereiweiß

Das Besondere: Sämtliche Backwaren - auch die empanadas, cocarrois, cocas, die zahlreichen Plätzchenvarianten, das Baiser, das Früchtebrot - sind glutenfrei. Das spielt für alle, die kein Problem mit einer Glutenunverträglichkeit haben, keine Rolle, weil Gluten keinen Geschmack beisteuert, sondern nur praktische Vorteile beim Backen hat: Das auch Kleber­eiweiß genannte Gluten verbindet die Bestandteile des Brots. Aber alle, die allergisch auf Gluten reagieren, der im Samen einiger Getreidesorten steckt, freuen sich über diese auf Mallorca seltene Möglichkeit, denn aktuell gibt es nur sehr wenige Bäcker, die derlei anbieten und mit alternativen Zutaten arbeiten.

Der gelernte Koch Cammerer, ein gebürtiger Schwabe aus Adelberg, rund 40 Kilometer östlich von Stuttgart, eröffnete seinen Laden Anfang 2018. Zuvor war der Gastwirtssohn, der sozusagen mit Restaurant-Genen aufgewachsen ist, Koch im Landhotel-Restaurant Reserva Rotana, im Son Floriana und Son Mas und betrieb zwölf Jahre sein eigenes Tapas­-Lokal Ca'n Tomàs, ebenfalls in Porto Cristo. „Doch man wird ja nicht jünger, so ein Lokal erfordert viel Zeit bis tief in die Nacht hinein, daher wollte ich - auch für meine Familie - ­etwas anderes und auch Besonderes machen."

Probieren und Experimentieren

Das Backen hat er sich selbst beigebracht durch viel Probieren und Experimentieren. „Vor allem musste ich die richtigen Zutaten finden", sagt er. Zunächst einmal Flohsamenschalenmehl, das durch seine Quell- und ­Bindefähigkeiten ein geeigneter Gluten­-Ersatz ist. Dann natürlich glutenfreies Mehl, das von zertifizierten glutenfrei arbeitenden Mühlen kommt. Etwa Mehl aus Reis, Vollkornreis, Teff, Mais, Hirse oder sogenanntem Pseudogetreide wie Quinoa, Chia und Buchweizen, zudem Mehl aus Tapioka, Kicher­erbsen oder Kastanien.

„Wenn die gleiche Mühle beispielsweise auch ,normalen' Weizen mahlen würde, wäre das nachfolgende, eigentlich glutenfreie ­Produkt ebenfalls kontaminiert", erklärt ­Cammerer. Als „Experte" bekam Fernando, ein Freund aus Valencia, alle seine Produkte erst einmal zum Testen geschickt, „denn er hat nicht nur eine Glutenunverträglichkeit, sondern auch ein Lactoseproblem und ist ­Diabetiker." Von ihm kamen dann kleine ­Änderungs- und Verbesserungsvorschläge, die Cammerer auch stets beherzigte.

Spezielles im Portfolio

Neben seinen Backwaren hat er auch Spezielles im Portfolio, so wie seine Schokowurst in Fuet-Optik mit karamellisierten Mandeln, Mandelmilch, Margarine und zerbröselten Keksen, eingehüllt in Puderzucker. Die Margarine ist der Butter-Ersatz, da Cammerer nicht nur glutenfrei, sondern das meiste auch vegan herstellt. Außerdem hat er sich auch ­potenzielle Geschenkideen oder Mitbringsel ­ausgedacht wie seine ersten beiden Back­mischungen in einer Geschenkflasche, in der die Zutaten hübsch aufgeschichtet sind, etwas Trockenhefe, ein wenig Maisstärke, Johannisbrotkernmehl, Sesam, Leinsamen und Kürbis­kerne. Gut gemischt mit etwas Wasser ergibt dies einen Teig für zwei 500-Gramm-Brote.

Zudem bietet Cammerer kleine fertige ­Kuchen im Glas, vakuumverpackt und etwa drei Monate haltbar. Ebenfalls ein eigenes ­Produkt ist das Knoblauchsalz in Keramiktöpfchen, eine Mischung aus Salinensalz mit jungem Bio-Knoblauch eines befreundeten ­Bauern, die Cammerer selbst ansetzt. Alle seine Produkte gibt es auch inselweit als Lieferservice.

Nur hier erhältlich

Zusätzlich bei Thomas Cammerer im Angebot: kunsthandwerkliche Erzeugnisse wie Keramik, Taschen, Schmuck, Seife und Parfum sowie kulinarische Produkte der Insel von Honig und Marmelade über Sobrassada und Olivenöl bis hin zu Bieren, Gin und Weinen. „Alles von mir persönlich bekannten kleinen mallor­quinischen Erzeugern", so Cammerer. „Dabei ­finde ich es wichtig, dass man diese Produkte möglichst nicht in Supermärkten oder an­deren Geschäften im Ort findet - sie sind alle etwas Besonderes."

Zu guter Letzt ist da noch ein weiteres Standbein: Thomas Cammerer arbeitet weiterhin als Privatkoch. „Ich koche für - in normalen Zeiten - maximal zehn bis zwölf Personen in deren Zuhause. Gern gebucht werde ich auch als Mr. Tartar, das ist quasi Show-Cooking mit Tatar-Versionen von Gemüse über Fisch und Fleisch bis hin zu süßen Früchte-Tatars."

Information Típic, geöffnet täglich 9-14 Uhr, Di. + Fr. 16-19.30 Uhr. C/. del Port, 18, Porto Cristo. Tel.: 610-28 31 59, ­Facebook: Típic