Alles neu macht der Juni: Francisca („Xisca") Cirer (45) hat am Stand s'Hortolà im Mercat de l'Olivar in Palma demonstrativ umgebaut: Das winterliche Grün - Blattsalate, Spinat und eine kümmerliche Restsorte Kohl - hat Cirer auf das eher unauffällige Regalbrett verbannt. „Das alles tritt jetzt in den Hintergrund, weil die Saison vorbei ist", erklärt sie. Stattdessen sind die besten Plätze in der ersten Reihe nun für frisches Sommerobst reserviert.

Nach wie vor gibt es die schmackhaften, säuerlich-süßen japanischen Wollmispeln (nísperos), auch finden sich die ersten saisonalen Pflaumen (ciruelas) und Pfirsiche (melocotones) am Stand ein. Deutsche Erdbeerliebhaber, die es aus der Heimat gewöhnt sind, dass im Juni die beste Zeit für die Früchte ist, müssen sich jedoch auf eine Enttäuschung gefasst machen: Auf der Insel ist ihr großer Auftritt so gut wie vorbei. „Ich glaube, im Verlauf des Monats wird es keine Erdbeeren mehr geben. Sie sind jetzt schon sehr reif", sagt die Marktverkäuferin entschuldigend. Als Trost gibt es im Juni (je nach Wetter) für eine kurze Zeitspanne köstliche lokale Kirschen (cerezas).

Außerdem beginnt nun auf der Finca des Produzenten s'Hortolà die Ernte der im Winter bei vielen Kunden so schmerzlich vermissten Wassermelonen (sandías) und der zuckrig süßen gelben Melonen der Sorte melón marina. Je wärmer es wird, desto besser schmecken sie. „Viele Stände hatten schon im Mai Melonen, aber wir wollten mit der Ernte noch etwas warten, damit sie mehr Sonne abbekommen", erklärt Cirer.

Abgesehen von Melonen ist der lokale Produzent mehr Gemüse- als Obstspezialist und bezieht daher von anderen Erzeugern die unangefochtenen Stars unter den Juni-Früchten: Aprikosen (albaricoques). „Die Aprikosen aus der Gegend von Porreres, Sant Joan und Montuïri sind einfach fantastisch", sagt Cirer. „Aber es gibt so viele Sorten auf der Insel, ich komme da jedes Jahr selbst durcheinander." Ob Primerenc, Palabra, Modesto, Rojo Carlet, Canino, Murtó oder Galta Vermella - jede Variante hat ihre Qualitäten.

„Im Juni fängt der Sommer an, und dann gibt es auch sehr viele neue saisonale Gemüsesorten", sagt Cirer - Aubergine (berenjena), Zucchini (calabacín) und Paprika (pimiento) in allen Variationen. Und die Tomaten (tomates), könnten Ende Juni bereits vom Feld und nicht mehr aus dem Gewächshaus kommen. Zudem gibt es jetzt Avocados (aguacates) von der Insel, wie riesige weiße Perlen glänzende frische Zwiebeln (cebollas nuevas) und Grüne Bohnen (ju­días). Letztere sind für Cirer aber ein Reizthema: „Hör mir auf! Die bauen wir nicht mehr selbst an, weil das wahnsinnig viel Arbeit ist."

Saisonaler Fisch von Mallorca

Der riesige Berg Tintenfisch (sepia), der sich vor Pep Cunill (41) am Stand Peixos Teresa im Mercat de l'Olivar auftürmt, sieht so aus, als reiche er problemlos, um unzählige Kunden glücklich zu machen. Doch der Schein trügt: Eine Käuferin langt richtig zu. Der Fischhändler wiegt für sie in kleinen Portionen nicht weniger als 17 Sepias ab. Wozu nur so viel Tintenfisch? „Ich mache ein großes Familienessen", erklärt die Dame. „Es gibt eine paella de arroz negro con sepia." Laut Cunill eine sehr gute Wahl, denn er schwört darauf, dass die mallorquinische sepia zarter als alle anderen sei. Wer schon einmal das zweifelhafte Vergnügen hatte, eine sepia a la plancha zu verzehren, deren Textur wie Gummi war, der werde diese Erfahrung sicher nicht machen, wenn er lokalen Tintenfisch wählt. Er wird noch etwa bis Juli gefischt.

Die Kundin indes verlangt nach mehr, denn das Festmahl erfordert noch Vorspeisen auf Basis von Fisch und Meeresgetier, das im Juni Fangsaison hat. Cunill packt ihr eine üppige Portion schmackhafte Rote Riesengarnelen (carabineros) ein, die mit verwandten Garnelenarten um die Wette leuchten. „Das Rot ist ihre natürliche Farbe und zeigt, dass sie frisch sind", erklärt der Händler. „Wenn sie dunkler sind, dann liegen sie schon eine Weile. Das ist wie mit Bananen."

Als zweite Vorspeise wählt die Kundin eine unbescheidene Menge eines leckeren Plattfischs, der nicht oft ins Netz geht und den sie frittiert servieren will: dem Weitaugenbutt. Auf Katalanisch heißt er pedaç, auf Spanisch podas, auch wenn Cunill versichert, er heiße trapo - Putzlappen. Er habe zwar viele Gräten, aber die könne man bei kleinen Exemplaren mitessen. Wenn der Fischhändler die „Lappen" küchenfertig macht, indem er mit der Schere in zwei Kniffen den Magen abschneidet, erinnert das ein bisschen an Bastelunterricht.

Weniger Friemelei hat Cunill mit dem zarten Roten Thun (atún rojo), der bloß in dicke Scheiben geschnitten werden muss. „Er sieht aus wie ein iberischer Schinken", urteilt der Fischhändler. Noch etwa zwei, drei Monate wird er verfügbar sein, bis die begrenzte Fangquote ausgereizt ist. Ebenfalls Saison hat weiterhin der Große Rote Drachenkopf (cap roig), der ausgiebig von einem älteren Kunden bewundert wird („Qué guapo es el cap roig!"). Wer die edle Languste (langosta) kosten möchte, sollte dafür am besten samstags auf den Markt schauen, rät Cunill. „Sie ist dieses Jahr sehr teuer. Die Leute leisten sich das höchstens am Wochenende." Ausgesprochen günstig ist dagegen der Oktopus (pulpo): Einige mittelgroße Exemplare gibt es gerade für 9,90 Euro das Kilo („Je größer, desto teurer"). Wer noch mallorquinische pulpos bekommt, sollte jetzt zuschlagen, denn im Sommer werden sie kaum noch gefangen.