Als Dr. Tim Liesenhoff vor sechs Jahren seine Traumyacht per Anzeige in der Zeitschrift „Classic Boats“ fand, ahnte er noch nicht, was da auf ihn zukam. Die vom einstigen America‘s-Cup-Teilnehmer Charles Livingston gezeichnete, gaffel­segelgetakelte Yacht befand sich in einem erbärmlichen Zustand. 1898 war sie in Schottland unter dem Namen „Molita“ zu Wasser gelassen worden. Im Laufe der Jahrzehnte hatten ihre Eigener sie jedoch immer mehr verkommen lassen, zum Schluss wurde „Molita“ gar lieblos als Fischerboot genutzt und lag bis zu ihrer Rettung durch Liesenhoff in einem kleinen Hafen in der Nähe von Glasgow herum.

Der seit 12 Jahren auf Mallorca lebende Mund-, Kiefern -und Gesichtschirurg beschloss gerade wegen des abgetakelten Zustands das Schiff zu erwerben und zu restaurieren. „Seit ich vier Jahre alt bin, faszinieren mich alte Segelschiffe. Ich habe stets davon geträumt, mich eines Tages einer solchen Herausforderung zu stellen“, so Liesenhoff.

Bereits die Suche nach den Bauplänen erforderte Geduld. Am Ende fand der Deutsche sie in einem Schiffahrtsmuseum an der US-amerikanischen Ostküste. Wie sie dorthin gekommen waren, bleibt wohl für immer ein Rätsel. Mit der Zusendung der so genannten Blue Prints konnte die Restaurierung beginnen.

Doch dafür musste das Schiff erst einmal nach Mallorca. Im Frühjahr 2003 ließ Liesenhoff die Yacht auf dem Landweg bis nach Rosas an der Costa Brava transportieren. Dann ging er das erste Mal an Bord. Stürmische Winde und ständiger Wassereinbruch machten die anschließende Überfahrt nach Palma zu einem echten Abenteuer. „Man konnte eine Scheckkarte durch alle Spannten schieben, die Pumpen mussten nonstop laufen, sonst wäre das Schiff wohl gesunken“ erinnert sich Liesenhoff.

Auf der Insel begann der Arzt das Schiff millimetergenau zu untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass die 15,30 Meter lange Segelyacht 1936 in Malta als Bermuda Ketch (zwei Masten insgesamt: ein mittlerer großer Mast und ein kleinerer hinterer) umgeriggt worden war. Drei Jahre lang stellte Liesenhoff in mühsamer, Nerven und Geld aufreibender Arbeit den Originalzustand wieder her. Alle Bronzeteile wie Klüsen, Klampen und Mastbeschläge wurden den Ursprungsplänen von 1898 entsprechend nachgegossen.

Bereits erste Regatta gewonnen

Der heutige Name der Yacht, „Marigan“, setzt sich aus den Vornamen Morgan, Marine, Oceane und Logan der vier Kinder des Eigners zusammen. Die beiden Älteren sind bereits eifrige Segler und nehmen an den regelmäßigen Wochenendtrainings teil.

Der schlanke Bootsriss läßt die Yacht nicht nur elegant erscheinen, er macht sie auch schnell. Seit zwei Jahren ist der dunkelblaurümpfige Gaffelkutter regelmäßiger Teilnehmer von Klassikregatten. Ob „Conde de Barcelona“, „Copa del Rey de Menorca“, Cannes oder St. Tropez: die für ihren neuen Heimathafen, den Real Club Náutico in Palma startende schottische Segeldame bereichert die Regattaszene. Ende April gewann Liesenhoff und seine Crew mit ihr die „Época-Klasse“ bei der diesjährigen Palma Vela.

Klassikyachten werden auf sehr hohem seglerischen Niveau gesegelt. Hier sind im Gegensatz zu modernen Racern neben der doppelten Anzahl an Leinen auch viel Körpereinsatz notwendig. „Aber das macht ja gerade ihren Reiz aus“, sagt Liesenhoff.