Es gibt Begriffe, bei denen gehen bei den Medien alle Alarmglocken los. ýQualle" ist so einer. Schwappen die Glibbertiere über Agentur-Meldungen in die Zeitungen in Deutschland, rufen am nächsten Tag garantiert Radio- und TV-Sender aus Alemania in der MZ-Redak­tion an. ýWie schlimm ist die Quallenplage?", wollen sie dann wissen - dabei war nur davon die Rede, dass in Zukunft auch die Fischer bei der Bekämpfung der Plagegeister helfen sollen.

Während die Tiere seit einer geschätzten halben Milliarde Jahre die Weltmeere durchglibbern, interessiert sich die Öffentlichkeit erst für sie, seit immer mehr von ihnen mit immer mehr Urlaubern zusammentreffen. Wenig ist wissenschaftlich gesichert, viel wird vermutet. Es ist nur verständlich, wenn die Hoteliers einen Image-Schaden fürchten - zu viele Faktoren außerhalb ihrer Kontrolle drohen regelmäßig, ihnen das Geschäft zu vermiesen. Umgekehrt schenken die Quallen den Medien eingängige Schlagzeilen, die auf hohes Interesse stoßen - Medienwissenschaftler würden die Nachrichtenfaktoren Betroffenheit und Negativismus zitieren.

Zur Beruhigung von Touristen und Hoteliers sei gesagt: Die Wabbeltiere meiden derzeit die Strände. Es lässt sich auch nicht absehen, wann sie sie wieder heimsuchen werden. Sicher sagen lässt sich dagegen, dass sie wiederkommen. Und das sollte Anlass sein, nicht nur diskret hinter dem Rücken der Urlauber die unliebsamen Tiere abzufischen, sondern offensiv mit dem Problem umzugehen. Quallen sind eben kein punktuelles Problem - Wissenschaftler sehen in ihnen vielmehr ein Indiz dafür, dass das gesamte Ökosystem ins Wanken geraten ist. Und während sich Quallen vor Ort bekämpfen lassen, sieht es bei Phänomenen wie Klimawandel und höherem Meeresspiegel anders aus.

Die Tourismusbranche sollte sich erst gar nicht dem Vorwurf aussetzen, Fakten unter den Tisch zu kehren. Und Informationspolitik heißt schließlich auch, über quallenfreie Strände berichten zu können.