Was muss eigentlich alles passieren, bis ein Politiker auf den Balearen seinen Stuhl räumt? Während woanders Personen ausgetauscht werden, wenn schon die öffentliche Diskussion über mögliche Fehler überhandnimmt, übt sich derzeit eine ganze Reihe von Lokalpolitikern auf der Insel im Aussitzen. Der Umweltminister ist gerichtlich vorgeladen, der Tourismusminister gleich zweimal, ebenso die Parlamentspräsidentin, ganz zu schweigen von einer Reihe Parlamentsabgeordneter.

Das Wort Rücktritt nimmt aber kaum jemand in den Mund – nicht der sozialistische Landespremier Francesc Antich, der Rücksicht auf seinen skandalgebeutelten Koalitionspartner Unió Mallorquina nimmt, und auch die oppositionelle Volkspartei nicht. Nur ein paar junge Wilde des linken Parteispektrums proben den Aufstand.

Dabei gibt es Gründe genug, personelle Konsequenzen zu ziehen. Die Beschuldigten sind nicht wegen Intrigen des politischen Gegners vorgeladen, sondern weil nach monatelangen Ermittlungen ordnerweise Indizien für Vetternwirtschaft, Insider-Deals und Korruption vorliegen. Die Aussitzer schädigen nicht nur das Image der Politiker, sondern auch der gesamten Insel. Nicht nur Karikaturisten assoziieren sie inzwischen mit einem wurmstichigen Apfel. Die Botschaft lautet: Hier kann sowieso jeder machen, was er will.

Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist auch der neue Vorsitzende des PP-Ortsverbands Palma, José María Rodríguez. Er hat zwar keinen Termin bei Gericht, doch müsste der PP-Dinosaurier eigentlich als rechte Hand von Ex-Premier Jaume Matas und nach seiner unrühmlichen Rolle im Andratx-Skandal diskreditiert sein. Doch ausgerechnet ihn wählen die Mitglieder zum neuen Chef der Partei in Palma. Karriere statt Rücktritt – ein Neuanfang sieht anders aus.

Wenn die Politik sich nicht selbst erneuern kann, müssen Wähler und Richter die Konsequenzen ziehen. Die Frage ist, ob sie dazu fähig sind. Zumindest das Vorgehen der Justiz stimmt hoffnungsvoll.