Die Zwangsräumung ist praktisch der letzte Schritt des sozialen Abstiegs: Zuvor geht in der Regel der Job verloren, mitunter von allen Familienmitgliedern, Hilfen laufen aus, Bekannte müssen angepumpt werden. Vor diesem Hintergrund ist noch gar nicht absehbar, wie viele weitere Hypotheken-Opfer die spanische Krise fordern wird: Rund 500 Zwangsräumungen stehen täglich an. Mit vier Selbstmord-Fällen in Spanien in dieser Woche hat sich die Situation zugespitzt.

Da wirkt es für viele Betroffene zynisch, wenn für notleidende Banken Rettungs­schirme und eine üppig ausgestattete Bad Bank bereitgestellt werden, während es für die Hypotheken-Opfer dagegen kein rettendes soziales Netz gibt. Auf diese Probleme machen Bürgerinitiativen seit Monaten mit einer großen Unterschriften­sammlung aufmerksam. Doch die mit absoluter Mehrheit regierende Volkspartei (PP) ließ eine Debatte über Hilfen für die Hypotheken-Opfer erst in letzter Sekunde zu - unter dem massiven Druck des Protests und menschlicher Tragödien.

Aber so wie der PP das nötige Fingerspitzengefühl für die Not vieler Spanier fehlt, so einseitig betrachten auch viele Demonstranten das Problem: Ohne ein funktionierendes Bankensystem ist die Lösung der Krise erst recht nicht möglich. So ungerecht es erscheint, den Bankern trotz ihrer Fehler zur Seite zu stehen, so unausweichlich ist der Schritt. Die geforderte Regelung, auch rückwirkend die Tilgung der Hypothek durch die Rückgabe der Immobilie an die Bank zu ermöglichen, dürfte etwa mehr Probleme schaffen als lösen.

Umso wichtiger ist es deshalb, ein Minimum an sozialer Gerechtigkeit zu wahren. Ähnlich wie in Irland muss offen über die Umwidmung zu Sozialwohnungen, das Recht auf die Neuverhandlung eines Kredits oder Privatinsolvenzen diskutiert werden. Daran müssten auch die Banken interessiert sein. Denn jede Zwangsräumung verschärft auch ihre Lage: Das Letzte, was die Banken ­gebrauchen können, sind weitere Immobilien, die ihre Bilanzen belasten.