Der Weg von Brüssel nach Madrid ist manchmal lang. Spaniens Hypotheken­gesetz hat 19 Jahre gegen eine EU-Richtlinie verstoßen. Beim Fischfang kann sich der Mittelmeerstaat auf großzügig zugestandene Traditionsrechte verlassen statt Quoten zu erfüllen. Und auch bei der 2010 beschlossenen EU-Vorgabe, dass nicht mehr nur für Neu-, sondern auch für Bestandsbauten im Falle einer Vermietung oder eines Verkaufs ein Zertifikat über die Energieeffizienz des Gebäudes vorgelegt werden muss, ließ man sich hierzulande mit der Umsetzung einige Jahre Zeit.

Dass nun wieder einmal im Hauruck-Verfahren das Gesetz geändert wird, ohne dass in der Praxis klar ist, wie genau vorzugehen ist, wer betroffen ist und wie überhaupt mit einem Vorlauf von nicht einmal zwei Monaten Tausende Immobilien kategorisiert werden sollen, ist das eine. Doch Schnellschüsse sind in der Politik - nicht nur in der spanischen - keine Seltenheit. Viel ärgerlicher ist in diesem Fall etwas anderes: Es wird viel Wirbel gemacht um ein Stück Papier, das uns dem eigentlichen Ziel der EU, der Senkung des CO2-Ausstoßes, keinen Schritt näher bringen wird. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, schlecht bewertete Gebäude energetisch zu sanieren. Tut es jemand freiwillig, darf er anders als in Deutschland auch rein punktuell nachbessern, was aus energetischer Sicht sogar eine Verschlimmbesserung sein könnte, wenn etwa wegen zu dichter Fenster auf einmal die Wände schimmeln. Nötig wären deshalb Generalsanierungen - aber kann man die in Zeiten knapper Kassen wirklich jemandem abverlangen?

Europaweite Standards sind verbraucherfreundlich und begrüßenswert. Die Gefahr, dass sie an der Realität eines Landes vorbeigehen, wird oft unterschätzt - nicht nur beim Energieausweis. Jeder umzusetzenden EU-Richtlinie müssen daher nicht nur realistische Vorlaufzeiten und Informations­kampagnen vorausgehen. Mit ihr sollten idealerweise auch Förderprogramme einhergehen, die - im konkreten Fall - Haussanierern finanziell unter die Arme greifen.